... Wie Gespenster in der Nacht
mit seinen dicken grauen Steinen und den Schieferböden ein wenig an ein Mausoleum erinnerte. Doch Fiona fand den Raum einfach nur faszinierend alt. Wie auch Mara liebte Fiona alles Historische.
„Weißt du, eigentlich habe ich nie genauer darüber nachgedacht, aber ich glaube, ich mag alte Dinge, weil sie der Zeit trotzen und so lange überlebt haben.“ Fiona setzte sich und lächelte zu Duncan auf. „Diese Mauern werden noch stehen, wenn du und ich längst zu Staub zerfallen sind. Und dann wird hier immer noch Bier und Whisky ausgeschenkt, bis in alle Ewigkeit.“
Er schaute sie an, ohne zu lächeln, und sie wusste genau, was er dachte. Das Konzept der Langlebigkeit faszinierte sie. Weil sie fast nicht überlebt hätte. Sie zuckte mit den Schultern. „Es ist ein positiver Gedanke, Duncan, kein negativer. Es gibt Dinge, die überdauern. Die Vorstellung gefällt mir.“
„Bist du hungrig?“
Im Pub standen immer ein paar Gerichte bereit, einfache Kost für die Stammkundschaft. Großen Hunger hatte sie nicht, aber wenn sie jetzt etwas aß, wäre das schon eine Sache weniger, die sie später erledigen musste. „Rieche ich da etwa Steak und Kidney Pie?“
„Gut möglich.“
Fiona schmunzelte. Sie liebte dieses typisch britische Arme-Leute-Essen, aus dem in der Nachkriegszeit plötzlich ein Feinschmeckergericht geworden war. „Dann nehme ich eine kleine Portion.“
Duncan ging hinter die Bar und zapfte zwei Gläser Bier. Fiona hatte sich inzwischen daran gewöhnt, es wie die Einheimischen zu trinken, ungekühlt, und heute Abend war sie froh darum, dass es nicht eiskalt war. Im Pub war es schon kühl genug. Sie rieb sich die Oberarme. Durchblutungsstörungen waren auch etwas, mit dem sie für den Rest ihrer Tage leben musste. Wie dieser Pub hier waren manche Dinge eben von Dauer.
Duncan kam mit dem Bier zurück. „Wieso lächelst du?“
„Ich lerne langsam, über mich selbst zu lachen.“
„So?“ Er stellte die Gläser ab und setzte sich ihr gegenüber. „Dein Essen kommt gleich.“
„Hast du schon gegessen?“
„Ja.“
Sie nippte an dem Bier, setzte dann das Glas ab. „Also, schieß los, Duncan.“
„Nun … ich habe mich nur gefragt, wie es dir so geht.“
Sie überlegte kurz. „Mir geht es gut. Sind wir dann fertig?“
Fast unwillig lächelte er. „Ich bin wohl zu direkt, was?“
„Ich denke, ich wäre lieber deine Freundin als dein himmlischer Auftrag.“
„Himmlischer Auftrag?“
„Du hast immer das Gefühl gehabt, auf mich aufpassen zu müssen, Duncan. Aber weißt du, du trägst keine Verantwortung für den Brand. Und selbst wenn du in jener Nacht zu Hause geschlafen hättest, heißt das nicht, dass du mir hättest helfen können. Wahrscheinlich wärst du selbst Opfer des Feuers geworden, vielleicht sogar darin umgekommen.“
Seine Augen weiteten sich. Wäre er nicht ein so kontrollierter Mann, hätte ihm vielleicht sogar der Mund offen gestanden. „Wovon redest du da überhaupt?“
„Das weißt du ganz genau.“ Sie prostete ihm zu.
„Also haben wir all meine Gefühle für dich jetzt auf Schuld reduziert?“
„Ich weiß, dass du mich liebst.“
„Freut mich, dass du das wenigstens nicht aus den Augen verloren hast.“
„Aber du kannst mich lieben und mich trotzdem nicht als deine Verantwortung ansehen. Ich muss lernen, selbst für mich die Verantwortung zu tragen. Damit hätte ich schon vor Jahren anfangen sollen.“
Er lehnte sich anscheinend entspannt zurück, trommelte aber mit den Fingerspitzen einen nervösen Rhythmus auf die Tischplatte. „Es gab viele Dinge, mit denen du fertig werden musstest.“
„Und kaum die Möglichkeit, allein damit fertig zu werden. Mum hat sich um alles gekümmert, das weißt du selbst. Auch wenn ich mich unbedingt selbst kümmern wollte. Irgendwann habe ich schließlich aufgegeben und ihr ihren Kopf gelassen. Sie war eine Hürde, die zu überwinden ich nie genügend Kraft hatte.“
„Woher hast du dann die Energie genommen, um von ihr wegzukommen und herzufliegen?“
„Ich weiß es nicht genau, aber ein großer Teil davon war reine Feigheit.“
Er runzelte die Stirn. „Das verstehe ich nicht.“
Brian, der Barmann, kam an den Tisch und stellte eine irdene Schüssel vor Fiona hin und die obligatorischen Pommes frites daneben. Sie bedankte sich bei ihm und erhielt ein herzliches Lächeln inklusive Zahnlücke als Antwort.
„Wie meinst du das mit der Feigheit?“, fragte Duncan.
Sie schnitt den Blätterteig auf, und
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