... Wie Gespenster in der Nacht
einfach vorsichtig, Fiona, ja? Ich weiß ja, es ist höchste Zeit, dass du deine eigenen Fehler machst …“ Er hob abwehrend die Hand, bevor sie ihn unterbrechen konnte. „… und deine eigenen Triumphe. Aber pass auf dich auf! Ich glaube, ich würde es nicht aushalten, dich wieder leiden sehen zu müssen.“
„Darum geht es hier im Grunde, nicht wahr?“
„Ich hoffe, das kann man mir nachsehen, oder?“
Sie fasste seine Hand. „Nun, ich glaube schon.“
Dass Duncan sie nicht leiden sehen wollte, konnte ihm sicherlich vergeben werden. Doch obwohl er es abgestritten hatte, fragte Fiona sich, ob er sich Sorgen um sie machte, weil er glaubte, sie könne das Interesse eines Mannes nicht lange genug fesseln. Das Repertoire weiblicher Tricks und Kniffe fehlte ihr komplett, ihr Vorrat an Small Talk war schnell zu erschöpfen, und um ihre Lebenserfahrung zusammenzufassen, reichten wenige Sätze. Und all diese Makel konnte sie auch nicht mit einem perfekten Körper ausgleichen.
Lange nach dem Gespräch mit Duncan stand Fiona am Fenster ihrer Suite und sah zu, wie die Regentropfen auf die High Street fielen. Wie für die Highlands typisch, stieg leichter Nebel aus dem feuchten Boden, dem Regen entgegen. Fiona war erschöpft, aber zu bedrückt, um irgendetwas dagegen zu unternehmen. Sie stellte sich das Gespräch zwischen ihrem Bruder und Andrew vor und malte sich Andrews Reaktion aus. Wie sollte sie ihm nur je wieder unter die Augen treten?
Ein leises Klopfen ertönte an ihrer Tür. „Fiona, bist du noch wach?“
Sie erkannte Andrews Stimme sofort, auch wenn er nur flüsterte. Sah aus, als würde sie ihm jetzt sofort unter die Augen treten. Sie zog die Tür einen Spaltbreit auf. „Ich dachte, du wolltest nach Hause fahren und schlafen gehen?“
„Ich war auch zu Hause. Darf ich hereinkommen, oder ist es zu spät?“
„Ich bin noch nicht im Nachthemd.“ Sie zog die Tür weiter auf, um ihn einzulassen. Das Haar klebte nass um seinen Kopf, aus seinen Kleidern tropfte das Wasser. „Hast du etwa die ganze Zeit im Regen gestanden, seit du mich hier abgeliefert hast?“
„Aye, das habe ich. Deshalb bin ich ja auch hier.“
„Weil du keine Handtücher besitzt?“
Er lachte. „Handtücher habe ich genug, nur hatte ich keine Zeit, sie zu benutzen.“
„Was hast du dann gemacht?“
Seine grünbraunen Augen funkelten. „Ein paar Früchtchen aus dem See gezogen.“
„Früchtchen?“
„Zwei Taugenichtse. Brüder. Peter und Jamie Gordon. Hast du die beiden noch nicht kennengelernt?“
„Nein, glaube ich nicht.“
„Da hast du nichts verpasst. Die beiden machen mehr Probleme im Dorf als alle anderen Jungs zusammengenommen.“
„Vielleicht hättest du dir überlegen sollen, ob du sie rettest.“ Fiona ging ins Bad und kehrte mit einem flauschigen großen Badelaken zurück, das sie Andrew reichte. „Ich mache dir einen Tee. Ich würde dir ja einen Whisky anbieten, aber ich fürchte, hier oben habe ich so etwas nicht. Tee wird reichen müssen. Setz dich doch.“
„Ich bin zu nass.“
„Dann setz dich auf das Handtuch. Ich hole dir noch eines, sobald ich das Wasser aufgesetzt habe.“ Sie tat genau das. Als sie mit dem zweiten Handtuch zu ihm kam, trocknete er sich bereits ab. Sie sah ihm zu, wie er sich das Haar frottierte und den Nacken trockenrieb. Eine einfache Geste, und doch so intim. Er rubbelte seine Haut mit offensichtlichem Vergnügen ab. Fiona erahnte in ihm einen Mann, der Sinneseindrücke jeglicher Art genoss – ob Wind und Wasser auf seiner Haut, ob die müden Muskeln nach einem langen harten Tag oder das Herzklopfen und Prickeln seines Körpers, wenn er den Gipfel eines Berges erklommen hatte.
Ihr Körper prickelte allein davon, dass sie ihm zusah.
Er rieb das Handtuch über seine Schultern, und der nasse Stoff klebte eng an seiner Haut. „Ich kann nur das Gröbste beseitigen. Ich sollte nach Hause und mich umziehen, aber ich muss dir unbedingt erst etwas erzählen.“
Fiona setzte sich in einen Sessel. Andrew stand im Zimmer und tupfte mit dem Handtuch seine Brust ab. Die Konturen der Muskeln ließen sich deutlich unter dem Hemd erkennen. Gebannt verfolgte Fiona seine Bewegungen. Sein Hemd klebte förmlich an seiner Haut. Und während sie ihn weiter anstarrte, öffnete er die oberen drei Knöpfe, um sich weiter abzutrocknen. Auf seiner Haut glitzerten Wassertropfen. Weder konnte Fiona den Blick losreißen, noch brachte sie einen Ton hervor.
Er verharrte plötzlich reglos und
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