... Wie Gespenster in der Nacht
„Duncan?“
Sie wollte die Decke fortstrampeln, ihre Arme ruderten wilder und wilder. Sie strengte sich an, um sich aufzusetzen. Im Zimmer war es nicht dunkel. Da war ein unheimlicher roter Schein, und auf dem Boden neben ihrem Bett brannte ein Lagerfeuer. Voller Furcht sah sie auf die Flammen. Sie wurden immer höher, und der Rauch wurde immer beißender.
Und dann stieg auch Rauch von ihrer Bettdecke auf.
Mit einem Ruck setzte Fiona sich im Bett auf, die karierte Decke an den Oberkörper gepresst. Ein Schrei wollte aus ihrer Kehle steigen, sie hielt ihn hinter fest zusammengepressten Lippen zurück. Doch das Stöhnen ließ sich nicht unterdrücken, ein entsetztes, gequältes Stöhnen, das irgendwo tief in ihrem Innern begann und nicht aufhören wollte.
Seit Jahren hatte sie diesen Albtraum nicht mehr gehabt. Sie hatte wirklich geglaubt, dem entwachsen zu sein. War überzeugt gewesen, dass die Ärzte, die ihr geraten hatten, darüber zu reden, diesen Albtraum damit auch endlich vertrieben hätten.
Schwaches Laternenlicht fiel durch die Vorhänge. Sie konnte also sehen, und sie zwang sich, sich im Zimmer umzusehen. Hier war alles in Ordnung. Sie schnupperte, doch nur der Geruch von alten Teppichen und abgestandene Luft stieg ihr in die Nase. Da war kein Rauch.
Kein Rauch.
Fiona bebte am ganzen Körper. An Schlaf war nicht mehr zu denken, sie wusste, heute Nacht würde er nicht mehr zurückkommen. Sie stand auf, ihre Beine so schwach, dass sie sie kaum tragen wollten. Sie schaltete die Nachttischlampe ein und ging zum Fenster.
Diese alten welligen Glasscheiben waren ihr so vertraut, wie ihr auch die Einrichtung des Zimmers vertraut war. Selbst der leichte Modergeruch hatte eine frühe Erinnerung in ihr angerührt. Jetzt war ihr auch klar, warum sie sich von Anfang an hier unwohl gefühlt hatte und warum der Albtraum zurückgekehrt war: Sie war allein in einem Raum, der sie an jenen erinnerte, den sie in ihrer Kindheit mit Duncan geteilt hatte. Sicher, da war noch ein zweites Bett gewesen, seines, das in der anderen Zimmerecke gestanden hatte, und eine Verbindungstür, die ins Schlafzimmer der Eltern geführt hatte. Doch der Geruch war der gleiche gewesen. Ihre Mutter hatte das Heizgerät angestellt, um die Kälte und den Geruch nach Feuchtigkeit zu vertreiben.
Sie lehnte die Wange an die kalte Scheibe. Die Straße da unten war nicht die Straße in Druidheachd. Sie war hier in Glasgow, und sie war sicher. Andrew schlief gleich am Ende des Ganges.
Andrew. In diesem Moment sehnte sie sich nach ihm, wie sie sich noch nie nach jemandem gesehnt hatte. Sie war kein Kind mehr, sie war eine Frau, und sie sehnte sich danach, seine Arme um sich zu spüren. Nur so lange, bis das innere Beben verging. Nur so lange, bis sie sich wieder daran erinnern konnte, wer und was sie war.
Sie kannte seine Zimmernummer nicht. Sie konnte unmöglich an alle Türen klopfen, bis sie ihn gefunden hatte. Man würde sie beide hinauswerfen, und das mit Recht. Sie konnte ihn nicht bitten, sie zu halten oder sie nach Druidheachd zurückzubringen. Sie würde bis morgen früh warten müssen, bis er kam, um sie abzuholen.
Sie würde warten müssen. Und sie durfte nicht mehr einschlafen.
Sie blickte hinunter auf die nasse Straße. Tränen verwischten ihr die Sicht, rollten ihr über die Wangen. Sie weinte selten. Weil sie schon früh gelernt hatte, dass Tränen nichts änderten. Tränen hatten nicht gegen die Schmerzen geholfen, die sie monatelang in den unzähligen Tagen und Nächten nach dem Brand folterten. Sie hatten die pflichtbewussten Ärzte und Krankenschwestern nicht aufhalten können, die ihr jedes Mal so unendlich wehtaten, wenn sie sich um sie kümmerten. Tränen hatten das Entsetzen nicht von den Gesichtern der anderen Kinder wegwischen können, sobald die ihre Narben sahen. Doch heute Abend hatte sie um die kleine Sara geweint, und jetzt weinte sie um sich selbst.
In diesem Raum war nie ein Feuer ausgebrochen. Sie war nicht hinter einer Feuerwand eingeschlossen. Sie war die Gefangene ihrer eigenen Erinnerungen und eines Albtraums, der entgegen aller Hoffnung nicht verschwunden war. Und von irgendwoher drang über diese Gefängnismauern der Ruf eines Mannes zu ihr, der behauptete, dass er sie begehrte, während er im gleichen Atemzug sagte, dass er sie nicht verletzen wollte.
Unten auf der Straße rührte sich etwas. Fiona wischte die Tränen fort und schaute genauer hin. Die Tür von Andrews Auto ging auf, Andrew stieg aus. Er
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