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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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zu der Zeit wahrscheinlich auch Kommunist geworden. In der DDR, die vorgab, ein sozialistisches Land zu sein, wurde einem das unmöglich gemacht.Die kommunistische Praxis hatte nichts mit der schönen Theorie zu tun. Mir war immer schleierhaft, wie viele intelligente Leute in die SED eintraten, die das nicht aus Karrieregründen taten, sondern aus Überzeugung. Aber ich kannte auch viele Leute, die als junge Menschen begeistert eingetreten waren und später nicht wussten, wie sie da wieder rauskamen.
    H ILDEBRANDT: Die haben nicht so eine kluge Lehrerin gehabt wie du, die sie davor gewarnt hätte.
    E NSIKAT: Bei meinem ersten Belgienaufenthalt nahm mich der Theaterleiter mit in das Haus der Belgischen KP, wo mich mehrere dicke Frauen als deutschen Genossen zur Begrüßung herzlich umarmten und küssten. Widerspruch von meiner Seite überhörten sie einfach. Als ich ein paar Jahre später wieder dorthin kam, wollte keiner mehr was mit mir zu tun haben. Denn die Belgier hatten gerade den Eurokommunismus entdeckt. Da passten die DDR und einer, der von da kam, nicht mehr rein. Überhaupt hatte man es als DDR-Bürger nicht ganz leicht, sich im westlichen Ausland oder in der Bundesrepublik verständlich zu machen. Für Kommunisten war ich als Nichtkommunist eine Enttäuschung. Andere begegneten mir mit Misstrauen. Sie hielten mich für einen verkappten Bolschewisten. Das größte Problem für mich aber war, dass die Familie zu Hause bleiben musste. Auf Dauer ist das meiner Ehe nicht gut bekommen und hat letztendlich wohl mit zu ihrem Scheitern beigetragen.Nun kann ich natürlich nicht sagen, die DDR habe meine Ehe kaputtgemacht.
    H ILDEBRANDT: Das hätte ich jetzt aber fast vermutet.
    E NSIKAT: Nein. Dazu musste ich selbst einiges beitragen. Die DDR allein hätte es nicht geschafft.
    H ILDEBRANDT: Weißt du, wie es bei mir geht mit der Reiserei? Meine Frau macht gewöhnlich die Termine für meine Gastspiele, und zwar so, dass ich kaum noch zu Hause bin. Und dann klagt sie immer wieder, dass ich kaum noch zu Hause bin. Wenn ich dann sage, dass sie selber schuld sei, weil sie die Termine für mich vereinbart hat, sagt sie: »Ach so.« Und macht neue Termine. So läuft das, und so funktioniert das auch ganz gut. Bei euch war das natürlich anders. War deine Frau nicht doch im Grunde dagegen, dass du rausdurftest?
    E NSIKAT: Nein, sie war nur dagegen, dass sie nicht rausdurfte. Da half auch keine offizielle Einladung durch den Bürgermeister von Brüssel. Ich wohnte nämlich bei einer Schauspielerin und Theaterleiterin, die zufällig auch die Geliebte des Bürgermeisters war. Der ließ mir dann eine offizielle Einladung für meine Frau ausstellen mit sehr vielen Stempeln. Mit der lief sie dann in Berlin von Pontius zu Pilatus und landete schließlich im Vorzimmer des DDR-Innenministers. Dort riet ihr ein diensttuender Major: »Vergessen Sie doch mal Ihren Mann da im Westen. Genießen Sie lieber seine Abwesenheit, und leben Sie sich hier malso richtig aus.« Und dann fügte er hinzu: »Ich wäre Ihnen dabei gern behilflich.«
    H ILDEBRANDT: Eine amtliche Frechheit.
    E NSIKAT: Meine Frau ist heulend rausgerannt. Aber wie gesagt, unsere Ehe haben wir gemeinsam auseinandergebracht. Dazu brauchten wir den Major gar nicht. Das ist jetzt mehr als fünfundzwanzig Jahre her.
    H ILDEBRANDT: Damals, als du eigentlich noch hättest eingesperrt sein sollen, gehörtest du schon zum fahrenden Volk. Ich bin immer noch unterwegs, bin so was wie ein Handelsvertreter mit eigener Handlung. Ich vertrete mich selbst und verhandle jeden Abend mit dem Publikum über das, was ich vertrete.
    E NSIKAT: Du bist ein ewiger Reisekader.
    H ILDEBRANDT: Ja, aber im eigenen Auftrag. Davon komme ich auch nicht mehr los. Das habe ich mir nun mal ausgesucht. Zuerst weil ich meine Kinder versorgen musste. Inzwischen weiß ich auch, dass mein Alter, das ich inzwischen erreicht habe, nicht abgesichert ist. Ich hatte zwar eine Lebensversicherung, aber die habe ich längst … Ich weiß auch nicht, wo die geblieben ist. So lebe ich manchmal in Saus und manchmal in Braus, also heute hier, morgen da. Da bleibt nicht viel übrig. Meine Kinder sind inzwischen groß, aber mein Gefühl, für sie mitsorgen zu müssen, lässt nicht nach. Deshalb komme ich aus der Klammer einfach nicht raus. Aber das bedaure ich nicht so sehr. Meine Kinder haben, glaube ich, unter meiner Reiserei nicht allzu viel gelitten. Sie wussten immer, dass ich sie sehr gern habe, aber nicht immer da

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