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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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ist ja nicht nur einfach typisch deutsch, es ist überall so, wo Hierarchien entstehen.
    H ILDEBRANDT: Genau so ist das.
    E NSIKAT: Die Herrschaft des Mittelmaßes haben wir in der DDR immer beklagt. Die Spitze bei uns war rund. Das Mittelmaß regierte. Kaum treten wir der Bundesrepublik bei, was schickt ihr uns zuerst? Euer geballtes Mittelmaß. Und das hat bei uns dann die Führung übernommen. Die westlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten haben sich ihrer Altlasten entledigt. Die kamen dann zum Beispiel beim MDR unter.
    H ILDEBRANDT: Solche Aufnahmelager muss es immer geben. Jetzt schicken wir diese Leute nach Brüssel.
    E NSIKAT: Aber diese Nullen-Verschickung nach Brüssel machen wir jetzt gemeinsam.
    H ILDEBRANDT: Genau. Alles, was wir nicht brauchen, kommt dahin. Das fing mit Verheugen an. Jetzt stellte sich übrigens auch heraus, warum er so dafür war, dass die Türkei in die EU darf. Er hatte da wirtschaftliche Interessen, hat in einem Konzern im Aufsichtsrat gesessen und hat den Türken versprochen, dass sie reinkommen. Dann war er aber auch schon wieder draußen.
    E NSIKAT: Dieses herrschende Mittelmaß war es, wasmich am meisten enttäuscht hat. Ich meinte ja, die Bundesrepublik zu kennen, hatte da auch gearbeitet. Aber ich war halt immer nur Gast.
    H ILDEBRANDT: Wenn du sagtest, dass du die Bundesrepublik kennst, habe ich dann dieses Lächeln aufgesetzt?
    E NSIKAT: Doch, ich kann mich erinnern.
    H ILDEBRANDT: NEIN !
    E NSIKAT: Du hast vielleicht nicht so geradeheraus gelächelt.
    H ILDEBRANDT: Nein, mir war nicht danach. Wenn du was über die Bundesrepublik gesagt hast, habe ich immer angenommen, du sprichst über das, was du weißt.
    E NSIKAT: Das tut ihr Westler ja auch, wenn ihr über die DDR redet. Aber was wisst ihr? Ich finde, solange wir übereinander noch lächeln können …
    H ILDEBRANDT: Stimmt, es gibt Schlimmeres.

WO WIR HERKAMEN, WAR IMMER VORN

    E NSIKAT: Ich habe mir meine Herkunft – wie du ja auch – nicht ausgesucht. Ich wurde als Einziger in der ganzen Familie in Finsterwalde geboren. Mein Großvater hat es meiner Mutter übelgenommen, dass sie nicht nach Berlin kam, um mich dort zur Welt zu bringen. Zu mir sagte er damals voller Mitleid: »Finsterwalde, das steht dein Leben lang im Personalausweis.«
    H ILDEBRANDT: Kannste nix machen.
    E NSIKAT: Kannste nix machen. Ich hab damals wirklich geglaubt, dass das ein Makel sei. Weißt du, was Kleinstadt ist?
    H ILDEBRANDT: Also entschuldige mal, ich bin in Bunzlau geboren, nicht in einer Klinik, ich wurde zu Hause von Hand geboren von einer Hebamme in einem Zimmer, das ich neulich wieder besichtigt habe. In Bunzlau bin ich aufgewachsen, bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr. Du weißt ja auch, in den ersten fünfzehn Jahren erlebt man das meiste. Was nachher kommt, wiegt weniger …
    E NSIKAT: Ich hab sogar achtzehn Jahre in Finsterwalde gelebt. Ich erinnere mich, wie sehnsüchtig ich immeran der Eisenbahnunterführung stand. Das war die Strecke Cottbus – Leipzig. Da träumte ich, aus Finsterwalde wegzukommen.
    H ILDEBRANDT: Wir wohnten unter so einer riesigen Eisenbahnbrücke. Aber wir waren gebildeter, wir nannten das Viadukt. Klingt auch besser.
    E NSIKAT: So, wie du gern mal nach Bunzlau zurückfährst, fahre ich inzwischen auch gern nach Finsterwalde zurück, gehe die alten Wege wieder ab. Die sind natürlich alle viel kürzer, als ich sie in Erinnerung habe.
    H ILDEBRANDT: Jetzt wohnst du in Berlin. Und du wusstest als Zehnjähriger in Finsterwalde, dass du diesen Ort mal verlassen würdest.
    E NSIKAT: Das habe ich immer gehofft.
    H ILDEBRANDT: Du wusstest, dass du es tun würdest. Ich wusste von mir auch immer, dass ich Bunzlau mal verlassen würde. Das habe ich dann später auch dem Vertriebenenverband mitgeteilt, nämlich dass ich nie die Absicht gehabt hätte, in Bunzlau zu bleiben. Der Bund der Vertriebenen war ja politisch sehr stark, und diese Leute da wollten Schlesien wiedererobern. Sie hatten nur noch keine Armee dafür. Dem Chef von ihnen, dem Hupka, habe ich mal gesagt: »Sie wollen, dass ich mich zu meiner Heimat bekenne? Das tue ich. Ich bin da geboren. Aber was meinen Sie, was ich mit achtzehn, nach dem Abitur, gemacht hätte, wenn ich es in Bunzlau noch hätte machen können? Sofort wäre ich raus aus diesem kleinen Städtchen. Aber mit Sicherheit! Und was meinen Sie, wo ich hingegangen wäre? Erst mal zu einem kleinen Theater in der Nähe von Dresden und von da aus vielleicht nach Berlin. Wenn das nicht

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