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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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einen großen Namen gemacht.
    E NSIKAT: Den haben sie ausgewiesen wegen eines Kommentars über den Schießbefehl an der Grenze.
    H ILDEBRANDT: Besagter Lothar Loewe hat uns während einer Kur nach einem Herzinfarkt zu sich in die Klinik bestellt. Erst einmal teilte er uns mit, dass er jetzt der neue Intendant des SFB sei. Als solcher habe er durchaus nichts gegen den »Scheibenwischer«. Aber es müsse sich etwas ändern. Sammy sah mich an, ich sah den Sammy an. »Was soll sich denn da ändern?«, fragten wir ein bisschen ratlos. »Die Hauptkampfrichtung. Nehmt euch doch mal die Gewerkschaften zur Brust.« – »Warum die Gewerkschaften?« – »Ihr seid doch immer der Meinung, dass man gegen die Mächtigen kämpfen muss. Die Gewerkschaften sind die größte Macht im Lande. Die haben das meiste Geld.« – »Herr Loewe«, sagte ich, »das ist eine Logik, der ich mich nicht verschließen kann. Gibt es sonst noch Wünsche?« – »Ja, ihr müsst eine Einschaltquote von vierzig Prozent bringen. Das ist meine Bedingung.«
    E NSIKAT: Wie hoch war denn eure Quote damals?
    H ILDEBRANDT: Uns haben dreieinhalb Millionen geguckt. Das heißt fünfzehn bis sechzehn Prozent Marktanteil.
    E NSIKAT: Verglichen mit heutigen Quoten ist das viel. Verglichen mit Loewes Vorstellungen aber nicht.
    H ILDEBRANDT: Auch deshalb haben wir beschlossen, seine Bedingungen nicht zur Kenntnis zu nehmen, und haben gewartet, was passiert. Raus kam, dass er nicht zur Kenntnis genommen hat, dass wir seine Hinweise nicht zur Kenntnis genommen haben. Und solief die Sendung weiter, einfach so. Aber den Vorwurf, dass wir unsere Haltung nicht ändern, haben wir noch oft zu hören bekommen.
    E NSIKAT: Lasst doch mal die Reichen in Ruhe. Die tun euch doch nichts.
    H ILDEBRANDT: Hört doch mal auf das, was der Henkel sagt, der Hans-Olaf. Der sagt nämlich, dass die Mehrheit der Steuergelder von den wenigen Reichen gezahlt wird.
    E NSIKAT: Der hat ja bei seinem täglichen Gang durch Berlin auch nie einen Armen gesehen. Das hat er, ohne rot zu werden, in einer Talkshow behauptet.
    H ILDEBRANDT: Ganz ähnlich erging es unserm Fußballtrainer Helmut Schön. Der wurde mal vor einem Länderspiel nach Argentinien geschickt, um nachzusehen, ob da wirklich eine Militärjunta herrschte, die wahllos Menschen einsperrte. Er kam zurück und sagte: »Ich bin dort durch die Straßen gegangen und habe keinen getroffen, der im Gefängnis sitzt.«

SCHÖNE EINHEIT

    H ILDEBRANDT: Warum der Katholik Adenauer die Einheit so gefürchtet hat, war ganz einfach: Er hatte Angst, dass dann die Mehrheit für seine christdemokratischen Parteien zu Ende wäre und die Sozialdemokraten in ganz Deutschland eine Riesenmehrheit hätten. Schon wegen der vielen Protestanten im Osten. Und so haben wir uns das nach dem Mauerfall bis zum 18. März 1990 auch vorgestellt. Genau das Gegenteil ist dann eingetreten.
    E NSIKAT: Da zeigte sich, der Osten liegt eben nicht nur geographisch rechts der Elbe.
    H ILDEBRANDT: Uns blieb der Mund offen stehen, und wir fragten uns, was da passiert ist.
    E NSIKAT: Ich stand am Wahlabend mit Wolfgang Gruner von den West-Berliner »Stachelschweinen« in einem Fernsehstudio im »Palast der Republik«. Wir sollten gemeinsam – Ost- und Westkabarettist – den Wahlausgang satirisch kommentieren. Zu dem Ergebnis fiel uns aber einfach nichts mehr ein. Wir weigerten uns beide, irgendwas dazu zu sagen. Wolfgang lief fluchend aus dem Studio und beschimpfte draußenjeden, den er für einen Ossi hielt. Er war furchtbar wütend, ich war nur noch geknickt, ging nach Hause und hab mich ins Bett gelegt. Am nächsten Tag sollte ich mit den Leuten von der »Roten Grütze«, dem West-Berliner Kindertheater, eigentlich nach Südfrankreich fahren, um da zusammen ein Kinderstück zu entwickeln. Konnte ich nicht. Mehr als eine Woche lag ich krank und verzweifelt im Bett. Das hatte ich meinen Ossis einfach nicht zugetraut, nachdem sie Monate vorher immerhin so was wie eine Revolution veranstaltet hatten.
    H ILDEBRANDT: Ich saß an dem Abend mit meiner Frau Renate fassungslos vorm Fernsehgerät. Uns kamen fast die Tränen. Wo waren denn plötzlich unsere Freunde, unsere armen Brüder und Schwestern? Hatten die ihr Hirn verloren?
    E NSIKAT: Da hielt doch dann der Schily die Banane in die Kamera.
    H ILDEBRANDT: Recht hatte er!
    E NSIKAT: Na klar, der Osten hatte die Banane gewählt.
    H ILDEBRANDT: Und den Gebrauchtwagen, den Videorekorder, alles, was es für die D-Mark gab. Und daran hat

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