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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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Selbstgerechtigkeit alle anderen verdächtigten, mit der SED gemeinsame Sache gemacht zu haben. Wir sollten, meinte Lehmann-Brauns, unsere Kritik vielmehr gegen Krenz und die anderen alten Bonzen richten. Ich antwortete, dass die Genannten längst am Boden lägen und dass ich nicht auf Leute trete, die schon unten liegen.
    H ILDEBRANDT: Das war ja eigentlich nicht zu erwarten, dass diese hohen Funktionäre so sang- und klanglosabtraten. Es war geradezu kläglich. Bei uns bekamen solche gescheiterten Politiker oder Militärs doch ihre hohen Pensionen und zogen in ihre Villen am Stadtrand.
    E NSIKAT: Das trifft nur auf westliche Versager zu.
    H ILDEBRANDT: Ich hab mal so eine Nummer geschrieben über den Feldmarschall Schörner, der ein echter Bluthund war und zigtausend Soldatenleben auf dem Gewissen hatte. Eigentlich hätte er in Nürnberg vor Gericht sitzen müssen. Saß er aber nicht, sondern erhielt stattdessen eine Pension von dreitausend Mark. Seine Witwe hat bis zu ihrem Lebensende von dieser Pension gelebt. Das war damals in Ordnung. Und nun geht’s plötzlich ganz anders zu. Wie der Krenz, der erst mal ein paar Jahre gesessen hat, oder wie sie alle heißen, die ihr Leben sehr kläglich zu Ende bringen.
    E NSIKAT: Für viele von uns drängte sich einfach der Eindruck auf, dass die Bundesrepublik etwas nachholt, was sie 1945 versäumt hatte. Und damals hatte es sich um Massenmörder gehandelt. Das DDR-System hatte ja für euch den Vorteil, dass ihr damit nichts zu tun hattet. Da fiel es nicht allzu schwer, endlich mal ganz konsequent abzurechnen mit einer Diktatur. Man hatte lange Zeit den Eindruck, dass Vergangenheit nach ’45 überhaupt nur im Osten stattgefunden hatte.
    H ILDEBRANDT: Das hab ich bisher nicht so gesehen, aber da ist was dran. Ich fand an dieser DDR vieles nur komisch. Wenn ich an dieses Wandlitz denke, dieseArt von lächerlichem Luxus, der darin bestand, dass es dort zum Beispiel ein kleines Schwimmbad gab, wie es das bei uns in jedem Stadtbezirk gibt, oder eine Badewanne mit Mischbatterie, wie ich sie zu Hause habe. Ich glaube, die ganze Luxusausstattung von Wandlitz war eine Erfindung von Springer.
    E NSIKAT: Da haben die Ossis aber ganz schön miterfunden. Zu DDR-Zeiten gab es die irrsinnigsten Gerüchte über den Luxus, in dem die Parteiführung sich da eingerichtet hätte, über das, was es in dem kleinen Laden da angeblich zu kaufen gab – lauter westlichen Luxus für Ostgeld. Das war in Wirklichkeit nur ein ziemlich popeliger Tante-Emma-Laden mit erweitertem Textilangebot und Farbfernsehgeräten aus dem Westen. Das Einzige, was es im Rest der Republik wirklich nicht gab, war übrigens Büchsenbier. Ein Mangel, unter dem die ostdeutschen Biertrinker sehr gelitten haben. Was es in Wandlitz allerdings im Überangebot gab, das war der schlechte Geschmack einer absolut kleinbürgerlichen Partei- und Staatsführung, die sich selbst eingesperrt hatte aus Angst, das Volk könnte auch Büchsenbier wollen.
    H ILDEBRANDT: Auf die Gerüchte über Wandlitz sind übrigens auch manche Kabarettisten reingefallen und äußerten sich empört über das, was sie dort nur vermutet hatten. Aber das galt ja allgemein. Von dem, was da hinter der Mauer geschah, wusste man in München zum Beispiel wenig. Es interessierte auch kaum einen.
    E NSIKAT: Bis dann die Mauer gefallen war, da wussten die Münchner viel genauer als wir, wie es im Osten zugegangen war.
    H ILDEBRANDT: Das kam später. Ich würde sagen, die Münchner allgemein haben die Wende zunächst einfach zur Kenntnis genommen. Da war was, und das ist jetzt zu Ende, sagten sie sich. Und dann hat man weitergelebt wie bisher.
    E NSIKAT: Bis der Soli-Zuschlag kam.
    H ILDEBRANDT: Ja. Dass ihr den auch zahlen müsst, konnte sich bei uns kaum einer vorstellen. Wir haben übrigens unser Publikum damals geärgert, indem wir ihm mitgeteilt haben, wie viel Widerstand gegen die Wiedervereinigung von der CSU unter Führung von Franz Josef Strauß geleistet wurde. Und warum das so war. Die Münchner haben das hingenommen, haben genickt und gesagt: So ist das eben. Sie haben weder dem Strauß noch uns irgendwas übelgenommen. Von uns wussten sie sowieso, welche Position wir beziehen würden. Und gerade diese unveränderte Grundhaltung hat uns das Feuilleton immer übelgenommen. Aber nicht nur das Feuilleton. Zu »Scheibenwischer«-Zeiten hatte der SFB mal einen Intendanten, der hieß Loewe, Dr. Lothar Loewe. Der hatte sich ja auch als Korrespondent in der DDR

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