Wie ich Brad Pitt entführte
etwas in den Hausmüll zu werfen, als dabei ertappt zu werden, wie man gerade Beweismittel im Rhein versenkt. Im Innenhof stehen die riesigen Müllcontainer für den gesamten Appartementkomplex. Normalerweise entsorgt Frau Seibl meinen Abfall, aber immer, wenn sie im Urlaub ist, bin ich auch schon mal eingesprungen. Auf die verräterischen Elemente in meinem Müllbeutel hatte ich listigerweise noch jede Menge Küchenabfälle und andere ekelige Sachen gekippt, damit niemand etwa auf die Idee kommt, ihn aufzumachen und darin rumzuwühlen. Ich stemme die schwere Tür zum Innenhof auf und ziehe den Beutel hinter mir über den Asphalt. Mist, hoffentlich reißt er jetzt nicht. Aber er ist einfach zu schwer, um ihn den ganzen Weg zu tragen.
Endlich stehe ich vor dem Container. Man muss zunächst den Deckel zurückschnappen lassen und dann den Sack oben reinschmeißen. Leichter gesagt, als getan, denn die Öffnung ist ziemlich hoch. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen. Wenn ich jetzt den Beutel mit beiden Händen nehme und dann mit voller Wucht über meinen Kopf schleudere, müsste er nach Adam Riese eigentlich im Container landen. Also los. Ich greife den Beutel und lasse ihn probeweise ein paar Mal nach hinten schwingen. Doch, so müsste es gehen. Ich hole stärker aus und schwinge ihn nach oben. Autsch! Der Sack war gegen meinen Kopf geknallt, aber dann nicht etwa in die Mülltonne, sondern zurück auf die Erde geplumpst.
»Scheißteil«, murmele ich und reibe mir den Kopf. Auf ein Neues. Hau ruck und … Nein!!! Ich hatte zu spät losgelassen! Okay, der Sack war zwar jetzt sicher verstaut im Container, aber das Gegengewicht hatte mich ruckartig nach oben katapultiert: Ich liege kopfüber im Müllcontainer, mein Gesicht gegen meinen eigenen Müllbeutel gepresst. Es riecht schwach nach Chloroform. Verdammt!
Vorsichtig versuche ich, meine Beine zu bewegen, die noch halb draußen hängen. Jetzt bloß nicht noch tiefer rutschen … Mist! Ich stütze mich langsam auf meine Hände und drücke die Arme durch, um mich nach oben zu stemmen, aber der Müllberg unter mir gibt nach. Gleich bin ich vollständig vom Müll verschluckt. Einzig und allein meine Füße schauen noch oben raus. Was mach ich bloß jetzt?
»Hilfe?!«, sage ich zaghaft. Keine Reaktion. Klar, die Apartments sind so gebaut, dass keiner der Anwohner auf den Innenhof und die Mülltonnen schauen muss. Nur die Besucherparkplätze waren hier untergebracht. Offenbar kann man den Besuchern den Anblick zumuten. Aber der Parkplatz war leer gewesen, als ich den Innenhof betrat. Natürlich hatte ich mich vorher vergewissert, dass mir niemand zusieht, wie ich Beweismittel vernichtete.
»Hiiilfee!!!«
Völlige Stille. Wo ist nur der dumme Kapuzenmann, wenn man ihn braucht? Als ich vorhin von meinem Fluchtversuch zurückkam, saß er im Auto und telefonierte. Aber warum kann er seinen Überwachungsjob nicht etwas ernster nehmen? Oben in meiner Wohnung zofft sich Linda wahrscheinlich immer noch mit Tom. Vielleicht kocht sie ihm auch gerade etwas. Sie ist eine gute Köchin. Bestimmt haben sie eine Flasche Wein aufgemacht und sitzen jetzt warm und gemütlich in meiner Küche. Und ich? Mal abgesehen von dem Gestank um mich herum, gibt es in Müllcontainern nicht auch immer Ratten? Ich lausche in die Stille. Da! Hat es da hinten in der Ecke nicht gerade geraschelt? Igitt! Langsam versinke ich nicht nur im Müll, sondern auch in endlosem Selbstmitleid. Womit habe ich das alles hier nur verdient? Ich tue doch keiner Menschenseele was zuleide. Doch keiner kümmert sich um mich!
Es ist jetzt Stunden her, dass ich den Abschiedsbrief bei meinem Vater in den Briefkasten geworfen habe … doch er ist noch immer nicht hier aufgekreuzt, um nach mir oder wenigstens nach meiner Wohnung zu sehen. Was für ein Rabenvater! Er hätte doch wenigstens seinen Chauffeur vorbeischicken können, wenn er schon persönlich keine Zeit hat! Oder was ist mit dem guten altmodischen Telefon? Okay, ich bin erwachsen! Aber wenn die einzige Tochter ankündigt, dass man sich ab heute bis auf Weiteres nicht mehr sehen wird, da sollte man sich doch mal erkundigen, was los ist. Allein schon, um auszuloten, ob man die monatlichen Überweisungen einstellen kann. Dabei bin ich doch eigentlich – trotz vielleicht schwieriger charakterlicher Grunddisposition – eine Herzensgute. Selbst Tom wollte ich nur … und jetzt sitze ich im wahrsten Sinne des Wortes »im Dreck«.
Ich weiß nicht, wie lange ich so mit
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