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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kordić
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Frauen von den Höfen drumrum. Am Fenster lehnt ein großes Brett. Im Ofen brennt Holz. Hier ist es viel wärmer als bei den Männern. Die Mutter macht mir die Hosenträger auf und zieht mir das Hemd aus. Die Frauen gucken sich die Rückenspinne an. Sie sprechen über meine Geburt. Sie sprechen über Hochzeitskleider. Alle planen jetzt eine Hochzeit. Die Cousinen schminken sich und gucken in die Silberplatten, auf denen die Oma das Essen bringt. Sie haben Nagellack auf den Fingernägeln. Ich frage nach Fanta. Die Cousine malt mir was mit dem Lippenstift auf die Wange. Die Frauen schicken mich zu den Männern.
    Die Männer stellen den Ton vom Fernseher ab. Ich frage nach Fanta. Die Männer sind zu laut. Die Oma kommt ins Zimmer. Sie hat einen Krug mit Bier in der Hand. Sie trinkt das Bier aus und gießt mir Fanta in den Krug. Ich trinke die Fanta. Der Onkel gibt dem Cousin eine Ohrfeige. Alle Jungs müssen aus dem Zimmer raus.
    Die Oma sagt: Geh du auch mit den anderen mit.
    Es ist dunkel. Ich finde die anderen Kinder nicht. Nur der Bruder steht noch auf dem Hof.
    Der Bruder sagt: Ist alles in Ordnung?
    Ich sage: Gibt es Probleme? Wo sind die anderen Jungs hin?
    Der Cousin kommt aus der Scheune und hat ein Gewehr dabei. Er gibt meinem Bruder eine Büchse und da drin klappert es.
    Der Bruder sagt: Wir gehen Ratten schießen, du kannst nicht mitkommen.
    Ich gehe zu den Frauen in die Küche. Die Mädchen sehen jetzt wirklich aus wie die Frauen. Sie sind schön. Sie malen sich ein Muttermal auf die Wange. Sie schalten das Radio ein und da kommt so ein Lied, das alle Mädchen immer singen. Da geht es um eine völlig verrückte Nacht. Die Cousinen wollen die Sängerin sein und ich soll auch mitmachen. Ich muss der Schlagzeuger sein.
    Ich gehe raus und gehe schnell die Treppen hoch zum Schlafzimmer. Ich hole das große Kissen, das unter dem Bett von der Cousine und mir liegt. Es ist rund und sieht aus wie ein Schlagzeug. Ich darf kein Licht anmachen. Ich lege mich auf den Boden und versuche das Kissen vorzuziehen.
    Der Junge zieht ein Maschinengewehr unter dem Bett vor. Es ist ein Gewehr, mit dem einer Menschen erschießt. Der Junge kann es nicht hochheben. Er drückt es wieder unter das Bett.
    Ich gehe zurück in die Küche. Die Tante gibt mir einen Topf zum Trommeln. Ich stelle den Topf auf den Boden und bekomme zwei Kochlöffel. Ich spiele Schlagzeug. Die Cousinen singen.
    In den gleichen Ferien passiert dann aber das hier. Es zwickt in meinen Knien und ich wache früh auf, weil die Oma ein paar Mal in die Küche reinkommt und wieder rausgeht. Ich schlafe jetzt in der Küche. Ich liege auf der ausgebauten Rückbank von dem Bus. Ein paar Tage vorher falle ich nämlich hin und reiße mir die Knie auf. In den Wunden sammelt sich Dreck. Aus meinen Knien eitert es. Ich kann nicht richtig gehen und komme die Treppe nicht mehr rauf. Der Opa schüttet mir Schnaps in die Wunden.
    Der Onkel gibt mir ein Fernglas und sagt: Du passt auf den Hof auf.
    Ich humple vor das Haus und setze mich auf die Stufen, die hoch zu den neuen Zimmern gehen. Die Oma ist auf dem Hof. Ich kann sehen, dass die im Stall bei der Kuh ist. Die anderen sind alle auf dem Feld und arbeiten und die kann ich von hier aus nicht sehen. Ich gucke durch das Fernglas. Die Oma winkt mir zu. Ich winke zurück.
    Da ist ein Panzerwagen. Der sieht so aus, wie ich mir immer das Raumschiff aus dem einen Buch vorstelle. Nur kleiner. In dem Buch leben sehr viele Kinder in dem Raumschiff und das hat viele Zimmer. Das hier hat nur ein Zimmer. Oder höchstens zwei. Der Wagen fährt ganz langsam den Weg zu unserem Hof hoch. Das quietscht und rummst ganz schön laut auf den Steinen und Felsen. Die Oma kommt zu mir. Vor dem Gittertor bleibt der Wagen stehen. Einer guckt oben aus der Luke raus. Der trägt einen Helm und eine Sonnenbrille.
    Die Oma sagt: Bleib da sitzen.
    Die Oma geht auf den Wagen zu und macht das Gittertor auf. Der Mann klettert aus der Luke raus und springt runter. Ich schleiche hinter der Oma her. Der Mann sagt was, aber ich bin zu weit weg und kann das nicht hören.
    Ich höre nur, wie die Oma sagt: Wir haben nichts, wir sind arm, mein Jüngster ist tot, wer noch da ist, arbeitet auf dem Feld, wir haben nichts, wir haben gar nichts, der Junge ist krank, lassen Sie uns in Ruhe.
    Die Oma drückt mich hinter ihren Rock. Der Mann packt die Oma und zieht sie weg. Der Mann steht vor mir. Der Mann hat noch immer die Sonnenbrille auf und ich kann nicht sehen, wo der

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