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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kordić
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runter. Unter meinem rechten Fuß löst sich ein Stein. Der Stein rollt runter in den Nebel. Ich schaue ihm hinterher, aber da ist der schon weg und es ist wieder ganz still. Als mit einem Mal eine Mine explodiert. Ich halte mir das Paket vor das Gesicht. Zum Glück kommt aber nichts bis hier hoch.
    Der Junge rennt den Berg runter. Der Junge wird immer schneller, er verliert das Gefühl für die Beine, er stürzt, er überschlägt sich ein paar Mal. Der Junge liegt auf der Straße. Bis ein Auto wenige Meter vor dem Jungen anhält und hupt.
    Ich höre ein Hupen, wie wenn das ganz weit weg ist. Ich mache die Augen auf und sehe, dass das Auto direkt vor mir steht. Das Paket habe ich fest im Arm. Vom Hund noch immer keine Spur. Ich stehe auf und gehe an den Rand von der Straße. Ich gehe da jetzt weiter runter ins Tal. Auf einem Schild ist ein Totenkopf. Auf dem Schild steht: Minen. Der Nebel ist jetzt schon fast weg aus dem Tal.
    Links von mir zieht sich ein Friedhof den Berg rauf. Die Menschen, die da liegen, sterben alle in den gleichen Jahren. Die meisten sterben in dem Jahr, in dem ich die Stadt verlasse und in die Gemeinschaft von den Söhnen Marias komme. Die Gräber gehen den Berg rauf bis in den Himmel. So hoch kannst du von hier gar nicht gucken. Auf den Holzkreuzen und Marmorplatten steht geschrieben: Unser Held.
    Im Schatten von dem Eingang zum Friedhof steht ein Junge. Und vor ihm steht ein Tisch. Der Junge hat schwarze Haut und graue Haare. Die Haare wachsen auch auf der Stirn, sie ist breit und niedrig. Seine Augen gucken nirgendwo richtig hin. Im Gesicht sind ganz viele Falten. Der Junge hat die Haare und das Gesicht von einem Opa und die Haut von einem Wüstenmenschen. Er trägt eine kurze Sporthose und eine Trainingsjacke. Er stützt sich auf eine Holzkrücke. Das ist der einbeinige Dschib.
    Er sagt: Willst du spielen?
    Ich sage: Ich?
    Der einbeinige Dschib sagt: Es ist ganz einfach.
    Drei Becher stehen auf dem Tisch. Er hebt einen Becher an. Drunter liegt eine Kugel.
    Er sagt: Merk dir, wo die Kugel ist.
    Er verschiebt die Becher. Ich kann seine Hände nicht mehr sehen. Ein Becher fliegt nach links, einer nach rechts, dann in die Mitte, wieder links, wieder rechts, dann verschiebt er einen Becher an den anderen beiden vorbei nach links.
    Der einbeinige Dschib sagt: Wo liegt die Kugel?
    Ich tippe auf den Becher in der Mitte. Der einbeinige Dschib hebt den Becher an. Drunter liegt die Kugel.
    Der einbeinige Dschib sagt: Jetzt musst du was setzen. Was hast du in der Kiste?
    Ich mache das Paket auf und lege eine Plastiktüte voller Geldscheine auf den Tisch.
    Der einbeinige Dschib sagt: Das alles?
    Ich sage: Die Hälfte.
    Wieder fliegt ein Becher nach links, einer nach rechts, dann in die Mitte, wieder links, wieder rechts. Ich tippe auf den Becher ganz links. Der einbeinige Dschib hebt ihn an. Drunter liegt die Kugel. Mit einer Schnur bindet der einbeinige Dschib an seinen Stumpf ein paar Goldketten, Uhren und eine Schachtel Zigaretten. Er zieht eine Goldkette ab und legt sie auf den Tisch.
    Er sagt: Was hast du noch in deinem Paket?
    Ich sage: Ich setze alles. Gegen das, was an deinem Stumpf hängt. Die Uhren, die Ketten, die Zigaretten. Deine Trainingsjacke.
    Der einbeinige Dschib sagt: Deine Kiste und dein linker Schuh.
    Er streckt mir die Hand hin. Ich schlage ein und zeige auf meine nackten Füße. Der einbeinige Dschib hebt noch einmal den Becher hoch, unter dem die Kugel liegt. Dann fliegt ein Becher nach links, einer nach rechts, dann in die Mitte, wieder links, wieder rechts, dann verschiebt er einen Becher an den anderen beiden vorbei nach links, wieder in die Mitte, wieder rechts, von links nach rechts an den Rand, von der Mitte nach links, von rechts in die Mitte, nach links, nach rechts, in die Mitte, wieder links, wieder nach rechts, wieder eine Verschiebung an zwei Bechern vorbei an den linken Rand, von der Mitte nach links, wieder nach rechts, nach links, rechts, Mitte, rechts, Mitte, rechts, Mitte, links. Ich tippe mit meinem Finger auf den linken Becher. Und als ich wieder hochgucke, sehe ich direkt in einen Revolver. Das Gesicht vom einbeinigen Dschib ist hinter dem Lauf von einem Revolver versteckt.
    Der einbeinige Dschib sagt: Glaubst du, ich kann dich hiermit totschießen?
    Ich sage: Ja.
    Er sagt: Lass dein Paket hier stehen, Krüppel! Verschwinde!
    Ich haue schnell ab. Ich lasse das Paket stehen und gehe weg. Aber ich gehe nicht weit. Ich verstecke mich in ein paar Sträuchern. Von

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