Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam
zusammen. „Where did you see her? We avoid to meet another.“ Interessant! „Keine Angst Brad, wenn sie jetzt noch nicht hier ist, wird sie heut Abend nicht mehr kommen, du hast noch ein paar freie Tage.“ „Ein paar Tage? Am Sonntag möchte ich zur Messe in Santiago sein.“
„Heut ist Donnerstag. Wie, bitte, willst du in zweieinhalb Tagen über 70 Kilometer gehen?“
Er gibt mir keine Antwort. Aber mich fröstelt es plötzlich. Nur noch 70 Kilometer.
Rückzug
Airexe — Ribadiso > 35 km
Wie selbstverständlich mein Morgenritual in der Fremde schon geworden war...
Zwischen fremden Menschen erwachen, schweigend packen, trockenes Brot mit Tee frühstücken, beim Hellwerden hinaus auf die Straße. Dort fühlen, ist es nass oder kalt? Mich orientieren, wo setzt sich der Weg fort? Und dann gehen, gehen; der Umgebung gewahr werden, langsam den Tag willkommen heißen, tief atmen, mein Befinden und meine Stimmung spüren, mich begrüßen.
Ich habe das spanische Festland fast durchquert — wie viel hundert Städte und Dörfer waren es? Wie viele Schritte bin ich gegangen? Mir ist, als hätte ich nie anders gelebt. Die Landschaft ist auch heute so lieblich wie gestern. Werde ich diese Schönheit, den Lebensrhythmus und die frische Luft vermissen? Wehmütig wandere ich nach Palas de Rei hinein, froh mich abzulenken, doch nehme kaum noch Architektur und Kunst wahr, sehe nur ein kleines Städtchen mit allerlei Läden und geschäftigen Menschen in den Straßen. Was ist mir überhaupt noch wichtig außer Essen für die nächsten Stunden? Zum Trost dürfen es heute ein paar Leckereien sein, Joghurt, Obst und nach kurzem Zögern eine große Tafel Nussschokolade. Ja, ich darf mir die Kalorien erlauben, meine Hose schlottert und ich kann meine Rippen zählen, doch als mir Eliza auf dem Kirchplatz über den Weg läuft, schenke ich ihr die Hälfte, um es mir nicht zu gut gehen zu lassen. Sie ist unbeschwert wie gestern, futtert mir die Süßigkeit gleich aus der Hand, lacht mit mir und zieht dann weiter. Ich fülle noch einmal meine Wasserflasche und folge.
Über große und kleine Straßen, durch Pinienwälder und hohe Eukalyptushaine, in denen ich Schutz vor der stechenden Sonne finde und duftendes Eukalyptusholz aufhebe, um die nächsten Stunden daran zu schnuppern. Durch vertraut romantische Dörfer und immer öfter durch moderne, vorbei an neuen Herbergen, die hier in Galicien wie Pilze aus dem Boden schießen, aber noch in keinem Reiseführer stehen. Auch in einem klitzekleinen Dorf gibt es so eine Baustelle, aus der Musikfetzen dringen, und was ich höre, weckt Erinnerungen, lässt mich innehalten und lächeln.
Tatsächlich, es ist „Tell Laura I love her“! Wie lange hab ich das nicht gehört? Wer war ich, als ich dieses Lied geliebt habe, damals vor vierzig Jahren? Hier kann ich nicht einfach vorübergellen, öffne wehmütig berührt die Tür, hinter der ein Mann vom Fußbodenfliesen aufschaut. „Nein, mein Haus ist noch nicht eröffnet, aber einen Café kannst du haben und die Musik gern noch mal hören. Und danach spiel ich dir meine Lieblingsmusik vor. Kennst Du Farinelli?“ Die Pause wird lang, wir sprechen über Musik, die Pilgerei, über Spanien, die Rinder vor der Tür und die Fliegen im Raum. Dabei fällt eine von ihnen in meinen Café und stirbt, und ich fische sie raus und trinke weiter, aber der Wirt ist ganz verzweifelt über dieses Ärgernis und schenkt mir zur Wiedergutmachung einen Apfel aus seinem Garten, den er liebevoll poliert. „Komm wieder, wenn meine Herberge fertig ist. Im nächsten Jahr. Adiós.“
Draußen ist es noch heißer geworden und mein Kopf beginnt zu schmerzen, als wäre es nicht genug, dass ich heute ganz wirr bin. Ob Monas Übung ,Atme Geist ein und Gedanken aus‘ hilft? Langsam wird mein Hirn leerer, doch es kostet schrecklich viel Konzentration, bewusst zu atmen, alles in mir ist zäh und schwer und ich bewege mich wie ein Automat. Auch nach einer erneuten langen Rast im Schatten hoher Bäume geht es sich nicht besser, und dann kläffen mich zwei schreckliche Hunde an und die grölende Schulklasse sitzt am Weg, und ich merke, dass ich heute weder Hunde noch Kinder mag.
Und dann Melide. Nach vierundzwanzig Kilometern. Hohe, hässliche Häuser und eine schmutzige, laute Durchgangsstraße. Und die Hitze. Fix und fertig lege ich mich auf die nächste Bank im Schatten auf einer Verkehrsinsel, neben rumpelnde Trucks, in den Gestank der Auspuffgase. Egal, ich kann nicht
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