Wie immer Chefsache
Hundehüttenbauer begrüßte Mattes mit frischem Kaffee und zeigte ihm seine kleinen Modell-Hundehütten, die er alle schon in realer Größe, individuell und auf den Platzbedarf des jeweiligen Hundes zugeschnitten, gebaut hatte. Von »Sven«, dem roten schwedischen Blockhaus, über »Hilton«, einem kleinen Prachtbau mit Dachterrasse, bis hin zu »Dogsch Mahal«, einer Anlage mit indischen Elementen, gab es alles, was das Hundehalterherz begehrte.
»Den Hunden ist es völlig egal, wie es von außen aussieht«, grinste er, »Hauptsache, der Boden ist warm, es regnet nicht rein und sie können rausgucken. Aber besonders die Frauen stehen total auf gestylte Hundehütten. Spätestens, wenn die Männer mit einem neuen Auto ankommen, geben die Frauen bei mir eine Hütte für den Hund in Auftrag. Und je dicker der Wagen ist, desto größer wird das Hundehaus.«
Er zeigte auf eine fast fertige Hütte, die blau-weiß gestreift gestrichen war und eine holzgeschnitzte Möwe auf dem blauen Pultdach hatte.
»Modell Sylt«, sagte er stolz. »Die letzten Käufer haben im Garten ein Zehnquadratmeterstück Rasen abtragen lassen und durch Sand ersetzt. So richtig mit Dekomuscheln und Seesternen. In der Mitte steht jetzt die Hundehütte, und wenn der Hund will, kann er sich vorstellen, an der Nordsee zu liegen.« Er lachte: »Ich glaube, der Hund will sich das nicht vorstellen, und wie ich gehört habe, muss der Ehemann täglich die gebuddelten Löcher im Sand glatt harken, aber Hauptsache, alle sind glücklich.«
»Was manche Leute für ihren Hund machen«, lachte Mattes und schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, dass die Kinder der Hundebesitzer, falls sie welche haben, auch einen zehn Quadratmeter großen Sandkasten bekommen haben.«
»Vermutlich nicht«, grinste der Hundehüttenbauer.
Zurück in der Redaktion schrieb Mattes eine Notiz an Peter, dass er Fotos von den Hundehütten brauchte. Hatte Nadine eigentlich schon ihren Reisebericht fertig? Manchmal kam es selbst Mattes so vor, als wäre es nicht weiterhin möglich, ein dermaßen großes Magazin auf die Beine zu stellen, aber der Ehrgeiz hatte ihn gepackt. Er machte nicht nur ein unglaublich erfolgreiches Magazin, er machte das auch mit einer sensationell kleinen Truppe. Mit vielen Redakteuren und noch mehr freien Mitarbeitern wie bei der ZEIT konnte jeder ein Magazin erstellen, aber zu viert, das war unschlagbar. Es kam nur auf die richtige Führung der Mitarbeiter an und dass die wichtigen Dinge ›wie immer Chefsache‹ waren. Einer musste die Entscheidungen treffen und den Weg bestimmen. Dieser Einer war er. Ein Finder. Das Magazin hatte vor ihm auf der Straße gelegen, und er hatte es aufgehoben und zu dem gemacht, was es jetzt war. Und alles nur, weil er jahrelang Geduld gezeigt hatte und nicht mit verbissenem Ehrgeiz hinter dem Job bei der ZEIT hergewesen war. Da planten und bemühten sich die Sucher ihr Leben lang, rannten allen Chancen hinterher und kamen trotzdem nicht an sie heran.
Anstrengend war nur, dass er unablässig darauf achten musste, das Niveau zu halten. Ein wenig Planung war unumgänglich, aber das hatte alles nichts mit der Verbissenheit der Sucher zu tun. Dass gerade jetzt am Anfang wenig freie Zeit blieb, war ganz klar, aber umso mehr Ruhephasen würde es später geben, wenn das Magazin dann wirklich fast von alleine lief. Dann hätte er auch wieder mehr Zeit, um mit Alex einfach mal um den See zu laufen oder auf dem Tennisplatz ein paar Bälle zu schlagen. Was hatte er vor der Zeit bei ›doggies live‹ eigentlich den ganzen Tag gemacht? Er war viel länger mit Mina draußen unterwegs gewesen, die musste momentan etwas zurückstecken, aber sonst? Hin und wieder war er zu Terminen gefahren, hatte einen kleinen Artikel geschrieben und abgeliefert. Er musste unglaublich viele Stunden einfach vertrödelt haben. Er lachte los. Wenn das Astrid hören würde!
Es war erstaunlich, wie schnell sich Astrid mit dem Hundemagazin und der Erkenntnis, dass ihr Bruder der Chefredakteur war, nicht nur abgefunden, sondern sie zu ihrer eigenen gemacht hatte.
»Das ist der Hund von meinem Bruder, Mattes Reuter, der vom Hundemagazin«, stellte sie die wie früher über die Wiese tobende Mina allen Hundehaltern vor, die zufällig ihren Weg kreuzten. Sie fand Hundehalter immer noch nicht sympathischer, aber wenn sie schon Mina betreuen musste, weil Mattes immer öfter auf kurzen Reisen war, wollte sie wenigstens etwas vom Ruhm abbekommen. Gleichzeitig war sie aber
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