Wie immer Chefsache
fühle ich, dass dies für uns beide nicht richtig sein kann. Besonders, nachdem ich ein so abwechslungsreiches Berufsleben mit vielen Reisen geführt habe.«
Nebenan hörten sie Mucki kläffen und beide lauschten, ohne ein Wort zu sagen. Frau Althoff stand auf und verließ leise Mattes Büro. Beide wussten in diesem Moment, dass Mucki bleiben durfte, auch wenn es keiner ausgesprochen hatte.
Als sie das Zimmer verlassen hatte, überlegte Mattes, ob sich ihre vielen Fähigkeiten nicht besser einsetzen lassen könnten. Aber was sollte sie simultan übersetzen? Und wollte er sie wirklich auf Reisen dabeihaben? Ganz klar nein. Seufzend lehnte er sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen. Das nächste Problem stand vor ihm. In einer Stunde hatten sie Redaktionskonferenz, in der der neue Name des Magazins festgelegt werden sollte. Bisher war ihm keine Idee vor die Füße gefallen, dabei hatte er doch wirklich ausgiebig gewartet. Er musste jetzt tatsächlich selber auf die Suche gehen und einen Namen finden. Das hieß aber auf keinen Fall, dass er spießig und unflexibel wurde. Es war nur, weil die Zeit drängte und seine Chance, die ihm die Ideen vor die Füße warf, sich vertrödelt hatte.
Eine knappe Stunde später sprang er vom Sessel hoch, ballte triumphierend die Faust und murmelte: »Wer sagt’s denn!« Er, Mattes Reuter, der geniale Finder, konnte auch zum Sucher werden, wenn die Zeit drängte. Dann suchte er die Umgebung eben mal etwas aktiver ab und fand trotzdem die Ideen, an denen andere einfach vorbeigelaufen wären.
Kaum saßen die wenigen Redaktionsmitarbeiter um den Tisch herum, platzte Mattes mit der neuen Meldung heraus. »›Hassos Herrchen – Finas Frauchen‹ ist tot. Endgültig. Neu entstanden und in spätestens drei Wochen in der Top Ten der Magazine, ist …«, er machte eine bedeutungsvolle Pause und blickte in angespannte Gesichter. Langsam formte er die Lippen und sagte betont lässig: »… ›Doggy-Style‹!«
Peter Plattler prustete los, bekam einen Hustenanfall, der hörbar die Schlacken aus der Lunge löste, rollte sich seitlich vom Stuhl und verließ röchelnd und laut lachend das Zimmer. Tina starrte ihm verwundert hinterher und sah danach ihren Chefredakteur mit kullerrunden Augen an.
»Cooool«, flüsterte sie. »Doggy hört sich voll süß an, und Style ist total stylisch.«
Nadine guckte erstaunt, notierte sich den Namen säuberlich auf ihrem Notizblock und schien zu überlegen, ob sie sich verhört hatte und alles vielleicht ganz anders war. Außerdem war sie nicht der Typ für schnelle Reaktionen.
Frau Althoff war bewegungslos sitzen geblieben. Mattes versuchte ihrem stahlharten, auf ihn gerichteten Blick auszuweichen. Er tat so, als müsse er dringend seine Papiere ordnen, gab dann aber auf und sah sie an. Der Strahl, der aus ihren Augen in seine traf, war vernichtend. Er versuchte emotionslos zurückzugucken, wusste aber, dass er keine Chance hatte. Niemand konnte so vernichtend blicken wie Frau Althoff
Leise sagte sie, während sie ihn weiterhin unverwandt anstarrte: »Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Doch.«
Seine Stimme klang kläglicher, als er es vorhatte. Er räusperte sich. »Der Name hat mit Hunden zu tun und mit …«
Kleine Schweißperlen suchten Ausgänge in der Haut und erschienen auf seiner Stirn. Mist. Er war doch der Chef.
»Mit Hunden und mit stylisch, äh, mit Stil«, versuchte er es erneut. Was war nur los? Ihr Blick zwang ihn in die Knie.
Tina beobachtete interessiert, wie er unsicher wurde.
»Sehen Sie mal«, versuchte er es mit einer Erklärung. »Wir wollen ja nicht mehr ein Provinz-Blatt für den Hundeverein machen, sondern ein modernes, stylisches Produkt. Es muss cool sein und es muss … es wird …«
Er brach ab, denn Frau Althoff stand auf und ging zur Tür. Sie drehte sich noch einmal um, warf ihm einen langen Blick zu und sagte: »Vergessen Sie’s!«
Hinter ihr schlug die Tür zu.
Er guckte Tina an, die ihn anlächelte und piepste: »Also, ich find’s cool.« Dann trat Stille ein. Mit knappen Worten erklärte Mattes die Konferenz für beendet und sah zu, wie Nadine und Tina das Büro verließen. Er blieb alleine zurück. Nebenan hörte er Schubladen auf- und zugehen. Es waren Geräusche, als ob Frau Althoff die Schränke leer räumte. Siedendheiß überkam ihn die Erkenntnis, dass sie ging. Sie packte ihre Sachen. Trotz seiner stummen Zusicherung, dass Mucki bleiben konnte, verließ sie das sinkende Schiff. Mit anderen
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