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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Ruetter
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aktiven Hund haben«, erklärte Lucy’s Herrchen mit müder Stimme, während Lucy aufgeregt fiepend vor ihm auf und ab sprang, bis er den Ball weit wegschleuderte und sie wie ein Blitz hinterherrannte, »aber die ist ja nicht totzukriegen.«
    Und schon war Lucy wieder da, legte den Ball ab und sprang nervig fiepend vor ihm hoch, in freudiger Erwartung, dass er ihn erneut wegwarf. Mina, die merkte, dass Lucy sich weder für sie noch für einen anderen Hund interessierte und nur für das Wiederholen weggeschleuderter Bälle lebte, ignorierte den kleinen Hund völlig.
    Der Mann sah Mattes erschöpft an: »Mein nächster Hund wird so was wie Ihrer. Was Gemütliches, das einfach in der Ecke liegen will und ein bisschen blöd ist.«
    Mattes dachte, nicht richtig zu hören. Was war das denn für ein Idiot? Mina ein bisschen blöd? Der hyperaktive Hund war blöd, aber doch nicht seine Mina! Er wollte gerade etwas erwidern, da fiel ihm Tante Thea ein. Die hatte genauso reagiert, wenn jemand Arco als gefährlich bezeichnet hatte.
    »Arco gefährlich?«, stieß sie dann beleidigt aus. »Du hast sie ja wohl nicht alle!«, und es bestand höchste Gefahr, sofort ein lebenslanges Hausverbot ausgesprochen zu bekommen. Und wer Tante Gerlindes unerzogenen Hund als unerzogen bezeichnete, bekam von ihr fast eine gepfeffert, so empört war sie darüber.
    Mattes sah Lucy hinterher, die gerade wieder hinter dem Ball herjagte, als müsse sie einen Preis dafür gewinnen, und verkniff sich einen Kommentar. Er dachte: Mami Althoff mit ihrem Prinzchen. Und ich reagiere gerade wie Papi Reuter. Wir alle stellen uns schützend vor unsere Hunde, wenn andere sie kritisieren. Warum ist Mina nicht nur ein Hund, sondern gehört für mich zur Familie? Das ist für Außenstehende, die keinen Hund besitzen, nicht nachvollziehbar. Wäre ein interessantes Thema für das Magazin.
    Ihm fiel Tante Gerlinde ein. Für einen guten Witz gab sie alles. Lieber einen Freund verlieren als eine Pointe. Sogar Mattes war einmal Opfer ihrer überschäumenden Fröhlichkeit und ihres krassen Humorverständnisses geworden. Er hatte im Französischunterricht gestört und von Lehrer Döll als Strafarbeit die Aufgabe bekommen, bis zum nächsten Tag 250 Mal die ausgeschriebene Zahl 97 in sein Heft zu schreiben. Dieter Döll war ein wahrer Psychoterrorist. Als Dreizehnjähriger war sich Mattes sicher, dass dieser Döll ausschließlich Lehrer geworden war, um hilflose Untergebene tyrannisieren zu können. Einmal musste Mattes sich vor der ganzen Klasse auf den Tisch stellen und lauthals »Sur le pont d’Avignon« singen. Was gibt es Erniedrigenderes für einen Pubertierenden, als sich vor der gesamten Klasse, inklusive der angebeteten französischen Austauschschülerin Stephanie Guillebault, derart vorführen zu lassen? Mattes hasste den Französischsadisten in diesem Moment mehr als alles, was er jemals hätte hassen können. Allerdings milderte sich der Hass, als ihn nach der Stunde die französische, unerreichbare Schönheit auf dem Schulhof mit den Worten »Isch mag deine Schtimme und isch mag deine süße Accent« in Empfang nahm. Immerhin der einzige Moment, in dem sie Mattes beachtete.
    Im Gegensatz zur süßen Stephanie waren französische Zahlen der Horror. Mattes Theorie war, dass Dieter Döll höchstpersönlich dieses perfide Zahlensystem entwickelt haben musste. Blöd genug, dass sich die Franzosen auf die Döll’sche Zahlenlehre einließen, aber noch blöder, wenn man sie schreiben musste. 250 Mal »quatre-vingt-dix-sept« bedeutete, dass er zu spät zum Fußballtraining kommen würde. Als er das jam mernd Tante Gerlinde erzählte, bei der er auf dem Heimweg vorbeikam, war sie gleich Feuer und Flamme. »Das mache ich für dich, und du gehst zum Training«, ordnete sie an und ließ sich sein Französischheft geben. Seinen Einwand, dass der Lehrer seine Schrift kennen würde, wischte sie weg: »Ach was. Ich mach das täuschend echt. Kannst dein Heft nach dem Training abholen!«
    Glücklich war Mattes davongeeilt, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an französische Zahlen zu verschwenden. Auf dem Rückweg hatte er Tante Gerlinde überschwänglich gedankt, das Heft in seinen Ranzen gestopft, eine Limo bekommen und war abgezischt.
    Erst am nächsten Tag holte ihn die Realität im Französischunterricht ein. Dieter Döll fragte zu Beginn der Stunde nach der angeordneten Strafarbeit. Zielstrebig griff Mattes nach dem Heft und brachte es zum Lehrerpult. Der Lehrer

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