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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Ruetter
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zu, als in diesem Moment der Wellengang eines vorüberfahrenden Schiffes ihr eigenes Schiff ein kleines Stück abtrieb. Es hielt mit fest gestrafften Tauen, aber Tante Gerlinde blieb nun, mit einem Fuß auf dem Schiff, mit dem anderen schon an Land, schwankend und instabil in der Mitte stehen. Unter ihr eine große Lücke, in der die Rheinwellen bedrohlich platschten. Plötzlich löste sich ihre Tasche und fiel ins Wasser. 500 Mark. Das war enorm viel Geld! Mattes sah, wie die dicke Tante Gerlinde sich sofort bückte, um die Tasche aus dem Wasser zu fischen, da fiel ihr aus dem anderen Arm Snoopy heraus. Blitzschnell beugte sie sich noch weiter herunter, um anstatt nach der Tasche nach dem Hund zu greifen, verlor dabei das Gleichgewicht und hing mit dem Kopf nach unten im Spalt zwischen Boot und Hafenmauer fest. Es sah lustig aus, war aber hochgefährlich. Mattes stockte der Atem. Er wusste, wenn das Schiff jetzt durch weitere Wellen zurück an die Hafenmauer gedrängt wurde, würde Tante Gerlinde, die fest in der Lücke steckte und weder vor noch zurück kam, unwiderruflich zerquetscht werden. Er rannte zu den hochgestreckten Beinen, umklammerte sie fest und brüllte nach seinem Onkel Herbert. Nach gefühlten Stunden, die vermutlich nur Sekunden waren, kam Herbert angerannt und zog seine Frau mitsamt dem Hund, den sie fest am Halsband gegriffen hatte, aus der Gefahrenzone. Noch während sie schwer atmend auf dem Schiffsdeck lag, wurde Mattes bewusst, dass sie ihren Hund sehr lieben musste, denn sie hatte für den kleinen, ungezogenen Straßenmix ihr Leben riskiert. Nicht einmal die Tatsache, dass sie selbst in Lebensgefahr schwebte, hatte sie auch nur eine Sekunde ernsthaft darüber nachdenken lassen, den Hund seinem Schicksal zu überlassen. Er war ihr sogar wichtiger gewesen als die Handtasche mit den 500 Mark. Die schwamm jetzt irgendwo den Rhein entlang und blieb verschwunden. Tante Gerlinde war glücklich, dass sie Snoopy gerettet hatte, und Mattes hörte sie auch später niemals sagen, dass sie lieber nach der Tasche hätte greifen sollen.
    Wie wichtig Hunde für jemanden sein können, hatte er damals gelernt, und es musste sich ja nicht jeder gleich kopfüber zwischen Schiffswand und Hafenmauer hängen, um das zu zeigen. Für Nicht-Hundebesitzer war das oft nicht zu verstehen. Seine Mutter hatte den Vorfall damals entsetzt mit »Was? 500 Mark sind weg?« kommentiert und konnte nicht fassen, dass Gerlinde sich wegen des Hundes überhaupt in so eine Gefahr gebracht hatte.
    Mattes sah weit hinten auf der Wiese immer noch die kleine Lucy hinter dem Ball herrennen und grinste. Was die Halter nicht alles für ihre Hunde taten. Aber er wusste, dass auch er stundenlang Bälle werfen würde, wenn seine Mina das für das schönste Spiel auf der Welt halten würde. Zum Glück tat sie das nicht. Obwohl er eigentlich wegen Beatrice in den Park gegangen war und jetzt von ihr nicht die geringste Spur zu sehen war, fühlte er sich wohl und glücklich bei dem Gedanken an Mina und die innige Beziehung, die sie verband. Als er nach der Parkrunde zuhause ankam, standen Robin und Meike vor dem Haus und sahen zu, wie Astrid das Auto aus der Garage fuhr. Anscheinend wollte sie die beiden Kinder zur Schule bringen. Robin schaute ihn freudig an: »Hey, Mattes, gehen wir mal wieder zusammen ins Kino?«
    »Ja, klar«, sagte Mattes, aber Astrid, die gerade ausstieg und den Kofferraum öffnete, erklärte ihrem Sohn spitz: »Mattes ist momentan mit anderen Sachen beschäftigt. Der kommt erst nachts nach Hause.«
    Ach, sie hatte mitbekommen, dass er gestern so spät aus der Redaktion gekommen war.
    Tadelnd blickte sie Mattes an: »Es wird immer später bei dir. Du kannst mir nicht erzählen, dass du so lange arbeitest.«
    »Das geht dich überhaupt nichts an«, grinste Mattes. Bestimmt vermutete sie immer noch eine Freundin, nachdem er unvorsichtigerweise vom Schreibtisch der Althoff aus angerufen hatte. Aber sollte sie doch denken, was sie wollte.
    »Demnächst übernachtest du noch bei ihr«, prophezeite Astrid, die sich auf der richtigen Fährte fühlte, siegessicher und knallte den Kofferraum zu.
    »Könnte passieren«, gab Mattes zu. »Weißt du, sie ist manchmal ziemlich anstrengend und verlangt viel.«
    »Geschieht dir recht. Hoffentlich zeigt sie dir, wo es langgeht! Du brauchst mal jemanden, der richtig Druck macht«, lachte Astrid zufrieden.
    »Mit Druck liegst du gar nicht so schlecht«, sagte Mattes, dem einfiel, dass er noch

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