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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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gut.
    “Ein bemerkenswerter alter Knabe, nicht wahr?” Adam lächelte. “Er hält große Stücke auf dich und mag es gar nicht, wenn sich fremde Männer auf deinem Grundstück herumtreiben.”
    Jetzt musste auch Lacy lächeln. Vielleicht lag es nur am vielen Champagner, aber die Vorstellung, dass Adam in die Mündung von Silas Jareds uralter Flinte gestarrt hatte, war einfach zu komisch.
    “Nimm es nicht persönlich”, sagte sie und hoffte inständig, dass er ihr den Alkohol nicht anhörte. Adam durfte auf keinen Fall wissen, dass sie einen Schwips hatte. “Es ist nur … Na ja, seit Malcolms Tod ist Silas so etwas wie mein selbst ernannter Beschützer. Manchmal übertreibt er es ein wenig. Aber keine Angst, das Gewehr ist seit dem Bürgerkrieg nicht mehr geladen worden.”
    “Das hat er erwähnt.” Adam schmunzelte. “Aber offenbar hat er noch ein Bowiemesser, das er liebend gern benutzen würde.” Er stellte einen Fuß auf die erste Stufe und legte die Arme auf das Geländer. “Und wer ist denn nun dieser Hamlet?”
    “Wer ist …” Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie Hamlet noch immer nicht gefunden hatte. “Mein Kater. Ich glaubte, er steckte oben im Baum fest. Er ist erst vier Monate alt und schafft es nicht allein runter.”
    “Ist er einer dieser flachnasigen, reinrassigen und hoffnungslos verwöhnten Perser? Mit einem Fell, das aussieht wie Silas Jareds Haar?”
    Die Beschreibung gefiel Lacy nicht – Hamlets Eleganz und Charme kamen darin nicht vor. Aber sie musste zugeben, dass sie im Großen und Ganzen auf ihren abtrünnigen Kater zutraf. “Ja, das ist er”, erwiderte sie, zu müde und besorgt, um ihn zurechtzuweisen. “Warum fragst du? Hast du ihn gesehen? Wann? Wo?”
    “Gerade eben. Durch dein Küchenfenster. Er hatte die Schnauze in einem Cognacglas.”
    “Hamlet!”, rief sie erleichtert und eilte ins Haus. Wie Adam gesagt hatte, stand Hamlet auf dem Küchentresen, bis zu den Schnurrhaaren in einem halb leeren Cognacschwenker. “Hamlet, nein!”
    Schuldbewusst hob der Kater seine triefende Schnauze aus dem Glas, als er Lacys Stimme hörte. Er war zwar noch jung, wusste jedoch, wann er etwas Verbotenes getan hatte. Er wollte davon flitzen, aber auf der Marmorplatte fanden seine Pfoten keinen Halt. Also geriet er ins Schleudern und landete zusammen mit dem Schwenker auf dem Küchenboden. Das Glas zersplitterte, der Kater miaute, und Lacy schrie auf.
    Sie eilte hinüber, aber der völlig verängstigte und nach Cognac riechende Kater wich ihren ausgestreckten Händen aus und raste zur offenen Tür.
    “Adam!”
    Zum Glück war er ihr gefolgt. Er schloss die Tür, bückte sich blitzschnell und fing den vierbeinigen Sünder scheinbar mühelos ein.
    Hamlet leistete keinen Widerstand, sondern hing schlapp und unschuldig blinzelnd in seiner Hand. Cognac rann zwischen Adams Fingern hindurch, als er Lacy ihr plötzlich lammfrommes Haustier reichte.
    “Hamlet, du Rabauke”, sagte Lacy streng, obwohl ihr eher zum Lachen zumute war. Ihr Kater sah aus wie ein klitschnasses Toupet – und er roch entsetzlich. Dennoch drückte sie ihn voller Erleichterung an sich und suchte in seinem Fell nach gefährlichen Glassplittern. Zum Glück fand sie keine.
    “Danke, Adam”, sagte sie und hob den Blick. Verblüfft stellte sie fest, dass er sie aufmerksam und mit mildem Erstaunen betrachtete. “Vielen Dank.”
    Er nickte, ohne sie aus den Augen zu lassen, als wäre er irgendwie … fasziniert. Dann lächelte er.
    “Was ist?”, fragte sie verunsichert. Hatte sie etwa nasse Katzenhaare am Kinn? “Was ist denn?”
    Vielleicht war es kein Katzenhaar. Vielleicht war es etwas viel Schlimmeres. Jetzt, da ihre Sorge um Hamlet sich legte, wurde ihr bewusst, dass sie sich gerade ziemlich lächerlich gemacht hatte. Sie war den Tränen nahe, vollkommen durcheinander und außer Fassung gewesen. Wegen eines Katers!
    Fast hätte sie einen nicht sehr feinen Fluch ausgestoßen. Genau deshalb hätte sie den kleinen Kater ins Tierheim bringen sollen, anstatt ihn bei sich aufzunehmen, als er abgemagert und mit bettelnden Augen an ihrer Hintertür aufgetaucht war. Jemanden zu sehr zu lieben brachte einen dazu, verrückte Sachen zu machen. Es machte einen schwach – selbst wenn es nur ein Tier war.
    Außerdem würde sie ab sofort zum Abendessen nie mehr als ein Glas Champagner trinken. Nie mehr!
    Sie setzte eine ernste Miene auf und straffte die Schultern, obwohl sie ahnte, dass es vermutlich sinnlos war. Denn das

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