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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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einen viel zu schmalen Zeigefinger auf ihn. “Und zweitens, was wollen Sie dagegen tun?”
    Am Mittag brannte die Sonne unbarmherzig vom Himmel herab. Die meisten freiwilligen Helfer hatten die Arbeit eingestellt und sich in das kühle Innere des Leuchtturmwärter-Hauses zurückgezogen, um zu plaudern oder sich auszuruhen.
    Lacy nicht. Sie nahm sich einen Müllsack und machte sich auf den Weg zum äußersten Punkt der Landspitze. Lieber wollte sie in der Sonne braten, als Adam Kendall noch einmal zu begegnen. Vorhin hätte sie vor seinen Augen beinahe die Fassung verloren, so groß war ihre Angst um Tilly. Der Arzt hatte ihr erzählt, wie schwierig es inzwischen war, ihren Blutzuckerspiegel richtig einzustellen.
    Sie würde darauf achten müssen, was und wie oft Tilly aß. Und dass sie sich regelmäßig die vorgeschriebenen Insulinspritzen gab. Leider steckte sie mitten in der Spendenkampagne. Und sie musste Gwens fortgesetzte Feindseligkeit ertragen.
    Und außerdem war da noch Adam … Seufzend bückte sie sich nach einem mit einer gefiederten Spitze versehenen Angelköder und warf ihn in den Sack. Im Grunde war es völlig egal, wann Adam zurückgekehrt war. In jeder Woche, an jedem Tag, in jeder Minute in den letzten zehn Jahren wäre sein Auftritt wie eine Bombe in ihrem Leben eingeschlagen.
    Vorsichtig kletterte sie zwischen den Felsen umher und suchte nach dem Plastikmüll, den angetrunkene Segler so gern über Bord warfen und der dann hier angespült wurde. Langsam füllte sich der Sack, den sie hinter sich herzog.
    Als sie die Spitze des Vorsprungs erreichte, setzte sie sich hin und starrte auf das Meer hinaus. Moosgrün glitzerte das Wasser in der Sonne.
    Nach einer Weile fiel ihr Blick auf den zerfetzten Rest eines Fischernetzes, der sich zwischen den Felsen verfangen hatte. Sie kletterte hinunter und griff danach. Er saß fest. Verdammt. Sie legte sich auf den Bauch und versuchte es noch einmal.
    Sie streckte den Arm so weit aus, dass es schmerzte. Spitzes Gestein bohrte sich in ihre Rippen. Trotzdem schaffte sie es nicht.
    Als sie die Schritte hinter sich hörte, wusste sie sofort, wer es war. Auch das noch. Warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Sie sah an sich hinab. Sie sah schrecklich aus.
    Lacy richtete sich auf und warf einen Blick über die Schulter. Adam kam auf sie zu, auf den Felskanten balancierend wie ein Hochseilartist.
    Als er sie erreichte, lächelte er. “Hi. Du sahst aus, als könntest du Hilfe gebrauchen.”
    Fast hätte sie Nein gesagt, aber das wäre eine glatte Lüge gewesen – die er mühelos durchschaut hätte.
    “Danke”, erwiderte sie höflich. “Das Netz dort scheint unter Wasser festzuhängen, und ich bekomme es nicht los.”
    Er nahm es ihr aus den Händen und zog vorsichtig daran. “Hm, scheint etwas Schweres zu sein.” Er legte sich neben sie. “Mal sehen, ob ich es schaffe.”
    Seine Arme waren viel länger als ihre. Seine Hände verschwanden im Wasser. Sein gesamter Oberkörper ragte über die Felskante hinaus. Lacy hielt den Atem an. Es war nicht sehr hoch, aber wenn er mit dem Kopf aufschlug …
    Ohne zu überlegen, kniete sie sich hinter ihn und umfasste seine muskulösen Waden.
    Er hob den Kopf, lächelte ihr zu. “Danke.”
    Lacy antwortete nicht. Ihre Handflächen rieben sich an dem rauen Stoff seiner Jeans, während sie zusah, wie er sich immer länger machte und seine Arme immer weiter im Wasser verschwanden. Die Muskeln an seinem Rücken spannten sich bis hinab zur schmalen Taille.
    Er wirkte so kraftvoll, so unbesiegbar – und doch so verletzlich, in einer Lage, die ihr auf seltsame Weise intim erschien. Ihr Herz schlug schneller. Aber vielleicht lag das nur an der Hitze.
    Sie versuchte, über seine Schulter hinweg nach unten zu schauen. “Hast du etwas gefunden?”
    Er knurrte nur. Sie ließ sich zurückfallen und festigte den Griff um seine Waden.
    “Es sitzt fest …” Er schob sich noch weiter vor. “Verdammt”, murmelte er. “Was ist das?”
    Urplötzlich gab der schlammige Ufergrund seine Beute frei.
    “Okay”, sagte Adam und zog das Netz nach oben.
    Sie ließ seine Waden los und starrte neugierig nach vorn. Er hatte etwas gefunden – einen eigenartig geformten und von Schlamm bedeckten Gegenstand. Er spülte ihn kurz ab und setzte sich auf.
    Grinsend betrachtete er seinen Fund. “Ich glaube, das ist das Hässlichste, was ich je im Leben gesehen habe.”
    Sie musste ihm zustimmen. Das Netz barg etwas, das irgendwann einmal eine

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