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Wie Jakob die Zeit verlor

Wie Jakob die Zeit verlor

Titel: Wie Jakob die Zeit verlor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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umgepflanzt und ausgepreist, zusammen mit den Gurken und Zucchinistauden. Selbstgezogenes Gemüse geht seit Jahren gut, insbesondere in der Großstadt. Jeder will auf seinem Balkon zumindest einen Tomatenstrauch haben, jeder will ein bisschen an dem Bio-Feeling teilhaben, das den Zeitgeist bestimmt.
    Anfangs hat er versucht, Arne zu erreichen, aber es sieht so aus, als hätte er sein Handy abgeschaltet. Erst nachdem seine Therapeutin ihn darauf aufmerksam gemacht hat, dass Arne sein Telefon möglicherweise aus einem bestimmten Grund deaktiviert hat und dieser Grund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der sei, dass er nicht mit Jakob sprechen möchte, hat Jakob seine Versuche eingestellt – unter Protest natürlich. Er hat Silky Legs gefragt, wie sie sich das vorstelle, immerhin sei noch nichts mit der Wohnung geklärt und Arnes Sachen seien noch da. Irgendwann müsse das doch geregelt werden! Doch wenn er ehrlich ist, ist er froh, dass er Arne nicht sprechen konnte. So kann er sich länger der Fantasie hingeben, dass er zurückkommt. Dass noch nicht alles vorbei ist zwischen ihnen.
    Auf dem Weg zum Supermarkt kommt Jakob an einigen vertrockneten Maibäumen vorbei, festgezurrt an den Regenrinnen neben Kneipen und Hauseingängen. Die bunten Bänder in den Zweigen rascheln im Wind, den welken Blättern fehlt dazu schon die Kraft. In der Hosentasche hat Jakob einen Einkaufszettel. Seit Arne weg ist, hat er von Junkfood gelebt, hat sich abends einen Döner oder Hamburger geholt und Cola getrunken, literweise Cola. Natürlich hat sich dieser Lebensstil auf sein Gewicht ausgewirkt – er ist keine zwanzig mehr, als er bedenkenlos Kalorien und Kohlehydrate in sich hineinstopfen konnte, ohne ein Gramm Fett anzusetzen. Trotzdem hat ihn die Gewichtszunahme überrascht – und nachdem er am Morgen von der Waage gestiegen ist, hat er sich geschworen, nach Feierabend einzukaufen: Gemüse, Obst, Saft, Joghurt – und ein Steak. Es ist Wochen her, dass er ein richtiges Steak gegessen hat, und schon während er mit dem Einkaufswagen durch die Regale fährt, läuft ihm bei dem Gedanken an ein gebratenes Stück Fleisch das Wasser im Mund zusammen.
    An den Kassen warten lange Schlangen, und natürlich stellt er sich an der an, wo es besonders langsam vorangeht. Vor einigen Wochen hat er im Radio einen Bericht gehört, dass es dieses Phänomen eigentlich gar nicht gibt, wissenschaftlich oder mathematisch oder wie auch immer wäre erwiesen, dass das wiederholte Anstehen an der langsamsten Schlange nur ein subjektiver Eindruck ist. Tatsächlich gehe es statistisch betrachtet an allen Kassenschlangen gleich schnell oder langsam voran. Jakob hätte den Berichterstatter zu gerne gerade neben sich stehen. Dann würde er auf die Rentnerin zwei Leute vor ihm deuten, die mit einer beachtenswerten Trägheit das Kleingeld aus ihrem Portemonnaie abzählt, oder auf die Frau hinter ihr, die mit einem verblüfften Gesichtsausdruck feststellt, dass sie weder genug Bargeld noch eine Scheckkarte für ihre Einkäufe dabei hat, sodass die Kassiererin einen Stornobon machen muss, was noch einmal mindestens fünf Minuten Warten bedeutet. In der Zwischenzeit sind an der nächsten Kasse vier Kunden durchgeschleust worden. Jakob hätte zu gerne gewusst, wie dieser Radiomensch sich da herausgeredet hätte.
    Genervt will Jakob gerade laut fragen, ob es nicht möglich ist, eine weitere Kasse zu öffnen, als es am Ausgang des Supermarkts einen Zwischenfall gibt. Ein junger Mann will mit raschen Schritten gerade durch die Tür verschwinden, als der Alarm ausgelöst wird. Ein Wachmann taucht auf und versperrt ihm den Weg. Es kommt zu einer Rangelei. Im ersten Moment will sich Jakob schulterzuckend und peinlich berührt abwenden, aber als er genauer hinsieht, kommt ihm etwas an dem Dieb bekannt vor. Die strohfarbenen, lockigen Haare, die blaue Strickmütze … wie von selbst setzen sich seine Füße in Bewegung.
    „Gibt’s hier ein Problem?“, wendet er sich an den Angestellten der Sicherheitsfirma.
    Der Uniformierte sieht ihn unwillig an, als wollte er fragen, warum Jakob sich einmische. „Er wollte Zigaretten klauen.“
    „Wollte ich gar nicht. Ich hab nur vergessen, sie zu bezahlen.“ Der Stricher aus dem Pornokino schüttelt die Hand des Mannes ab. „Fass mich nicht an, Alter!“
    „Vergessen zu bezahlen? Das sagen alle.“ Zu Jakob sagt der Mann: „Ich hab ihn gerade noch erwischt. Gehört der etwa zu Ihnen?“
    Und dann hört sich Jakob

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