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Wie Jakob die Zeit verlor

Wie Jakob die Zeit verlor

Titel: Wie Jakob die Zeit verlor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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lässt sich genervt zurück aufs Sofa fallen und zieht seine Strickmütze übers Gesicht. „Das hat mir gerade noch gefehlt“, ertönt seine Stimme dumpf unter dem blauen Stoff. „Jemand, der mich resozialisieren will.“
    Jakob rollt ihm die Mütze wieder über die Stirn. „Wenigstens als Versuch. Probeweise. So, wie du im Moment aussiehst, kannst du sowieso keine Verabredung mit Kunden machen.“
    „Du bist so krass, Alter“, stöhnt Philip. Er vergräbt seinen Kopf in Clintons Fell. Der Kater hat es sich neben ihm auf dem Sofa gemütlich gemacht. „Und wann? Ab nächste Woche?“
    „Morgen“, erwidert Jakob. „Und ich bin nicht ‚Alter‘“, wiederholt er.
    Aber es hat keinen Sinn. Philip ist schon das frühe Aufstehen nicht gewöhnt. Als der Wecker um halb sieben klingelt, muss Jakob sämtliche seiner Überredungskünste aufbringen, um ihn aus dem Bett zu holen, und im Geschäft hat er den Eindruck, dass Philip sich bewusst dumm anstellt. Er lässt einen Terrakottatopf auf den Boden fallen, zertrampelt einige Setzlinge und rennt alle zehn Minuten vor die Tür, um eine Zigarettenpause zu machen. Zu den Kunden ist er unwirsch und maulfaul, und Jakob bemerkt, dass weder Karsten noch Ahmed einen Zugang zu dem Jungen kriegen. Je mehr Stunden vergehen, desto schlechter wird ihre Laune, genau wie die von Philip. Gegen Mittag hat der Junge die Nase voll.
    „Ich hau ab“, sagt er. „Das ist Kacke hier.“
    „Du musst dir eine Chance geben“, versucht Jakob ihn zum Bleiben zu überreden. „Ich verstehe ja, dass eine reguläre Arbeit etwas ganz Neues für dich ist, aber …“
    „Gar nichts verstehst du, Mann!“, raunzt Philip ihn an. „Ich hab keinen Bock darauf, dein neues Sozialprojekt zu werden. Ich brauch den Scheiß hier nicht! Mir geht’s auch ohne deine Hilfe gut.“
    „Ja“, erwidert Jakob und kann den Spott in seiner Stimme nicht unterdrücken. „Deshalb hast du mich ja auch angerufen, als du nicht weiterwusstest.“
    „Arschloch!“, sagt der Junge und stürmt aus der Gärtnerei.
    Jakob rennt hinter ihm her. „He!“, ruft er. „Tut mir leid.“ Es scheint zur Gewohnheit zu werden, dass er sich bei Philip entschuldigt. „Wo willst du denn hin?“
    Philip macht eine Handbewegung, die alles und nichts bedeuten kann, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Gleich darauf ist er um die nächste Ecke verschwunden.
    „Wo hast du den denn aufgegabelt?“, fragt Karsten, als Jakob zurückkommt.
    „Auf der Straße“, murmelt er verärgert. Aber als er daran denkt, dass er am Abend in eine leere Wohnung zurückkehren wird, zieht sich sein Magen zusammen.
    Wolken hüllen den Tag in ein graues und klammes Kleid. Arne klopft sich den Sprühregen von seiner Jacke, als er die kleine Wohnung betritt, und stampft die Feuchtigkeit von seinen Schuhen. Am Morgen hat er sich von Katrin verabschiedet, die ihn zum Bahnhof gebracht hat. Plötzlich vermisst er das Klima des Voralpenlandes.
    Obwohl es erst früher Nachmittag ist, muss er schon das Licht einschalten. Kein Wunder, dass er das Apartment nicht vermieten kann. Wer möchte schon im ständigen Halbdunkel wohnen, in einem Schattenreich? Er stellt seine Tasche ab und schaut sich um.
    Nach dem Tod seines Vaters hatte Arne die Wohnung verkaufen wollen, aber Jakob hatte ihm abgeraten. Er war der Auffassung, dass sie als Studentenbude ideal wäre und ihnen sichere Mieteinkünfte bescheren würde. Also hat Arne die Wohnung komplett renovieren lassen, im Bad die Fliesen, die Dusche und das Waschbecken erneuert und eine neue Küche einbauen lassen. Bei einem seiner seltenen Einblicke in seine Vergangenheit hat Jakob erzählt, dass er als Student froh über die Möblierung seines ersten eigenen Zimmers war. Also hat Arne auch noch ein Bett, einen Schrank und für die Küche einen Tisch und vier Stühle gekauft. Mieter für die Wohnung hat er jedoch nie gefunden. Jeder Interessent hat die Nase gerümpft über die schlechten Lichtverhältnisse und den fehlenden Balkon. Studenten haben sich auch nie für das Objekt begeistern können, weil es zu weit entfernt ist von der Universität und zu teuer. Vielleicht haben sich die Ansprüche seit der Zeit, als Jakob studiert hat, geändert.
    Vor einem halben Jahr hat sich Arne dann doch entschieden, es zu verkaufen, hat einen Makler engagiert, Zeitungsanzeigen geschaltet, im Internet annonciert. Bisher jedoch vergebens; niemand will das Geld bezahlen, das er für die Wohnung haben möchte. Immerhin, jetzt ist sie fürs

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