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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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rief mich an, damit ich mich verabschieden konnte. Ich hatte dir ein Eis gekauft, und ehe du es halb gegessen hattest, fuhr euer Zug ab. Daran kannst du dich nicht erinnern.«
    Als mein Teller leer ist, führt meine Großmutter mich an weiteren verschlossenen Türen vorbei in ein Zimmer im ersten Stock.
    »Die Toilette ist am Ende des Flurs. Hier auf der Insel beginnt der Tag früh, am besten, du gehst jetzt schlafen.«
    Ich höre sie die Treppe hinuntergehen. Langsam, Stufe für Stufe.
    Das Badezimmer ist eiskalt. Auf dem Fensterbrett liegen vier tote Fliegen. Ich drehe den Wasserhahn auf, er spuckt ein paar Mal, bevor das Wasser läuft, zuerst rostrot, dann allmählich klar. Ich wasche mich, putze die Zähne und gehe zurück in mein Zimmer. Es ist nicht groß. Draußen ist es so dunkel, dass die Fenster ebenso gut schwarz angemalt sein könnten.
    Ich setze mich auf das Bett, die Matratze ist hart und knirscht. An der Wand hängt ein hölzernes Kruzifix, und über dem Schreibtisch Zeichnungen eines Fahrrads. In der Ecke liegt ein Lederfußball. Mit einem Mal wird mir klar, dass dies das Zimmer meines Vaters gewesen sein muss. Nichts wurde verändert in dem großen Haus, wo seit ihm und seiner Schwester keine Kinder mehr gewohnt haben. Ich öffne die Schreibtischschublade und finde alte Kladden mit Gleichungen, Dänischaufgaben und mehr Zeichnungen. Das Motiv ist immer gleich, ein Rennrad, dasselbe wie an der Wand. Es ist nicht in Bewegung, sondern so genau wie möglich gezeichnet. Auf jeder Seite werden die Reifen runder und die Proportionen getreuer. Als ich die Schublade wieder schließen will, spüre ich einen Widerstand. Ich ziehe sie ganz heraus und entdecke einen vergilbten Versandhauskatalog. Die letzten Seiten sind aufgeblättert und zeigen Frauen in Satinunterwäsche, die von der Hüfte bis zu den Oberschenkeln reicht. Hüfthalter und BH s, die alles an Ort und Stelle halten. Die Fotomodelle lächeln freundlich, aber nicht verführerisch, sie schauen den Betrachter nicht direkt an. Ich lege den Katalog zurück unter die Schublade und gehe zum Kleiderschrank. Er ist alt und massiv, das Edelholz ist wurmstichig. Die Türen klemmen, gehen aber schließlich knarrend auf. Der Schrank ist leer, mein Vater muss seine Sachen mitgenommen haben. Hier auf der Insel gab es kein Gymnasium. Am Boden des Schranks liegt ein vergessener Pullover. Ich hebe ihn auf, betaste die Wolle. Er riecht tranig, ein bisschen wie Hammelfleisch.
    Ich kicke die Schuhe von den Füßen, mache das Licht aus und lege mich ins Bett. Noch immer umklammere ich den Pullover, vergrabe den Kopf in der groben Wolle. Jetzt rieche ich auch Schweiß und Tabak, der Geruch meines Vaters, als er so alt wie ich war. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zum letzten Mal geweint habe.

D ie Kälte weckt mich, die Scheiben sind reifbedeckt. Das Wasser in der Dusche wird nicht richtig warm. Meine Hände zittern, als ich die Jeans zuknöpfe.
    Ich gehe die Treppe hinunter und versuche, mich an den Weg zu erinnern. Bevor ich die Küche finde, öffne ich die Türen zu einem Nähzimmer und zu einem großen Schrank.
    Meine Großmutter nimmt die Kanne vom Herd und schenkt mir Kaffee ein. Ich streiche mir eine Scheibe geröstetes Brot.
    »Ich hoffe, der Wind hat dich nicht wach gehalten«, sagt sie, und auf ihren Lippen liegt die Andeutung eines Lächelns.
    Wir fahren hinunter zum Hafen. Auch bei Tag sind die einzigen Farben der Insel verschiedene Grautöne und blasses Grün, wie auf einem Militärfahrzeug. »Hier wächst nichts«, sagt meine Großmutter. »Die Inselbewohner haben schon immer von der Fischerei gelebt. Oder sie …«
    Meine Großmutter hat ihr eigenes Tempo, sie fährt so langsam, dass wir von einem Mofa überholt werden. Der Fahrer ist so alt wie ich, er hat eine Zigarette zwischen den Lippen und duckt sich gegen den Wind. Wir treffen ihn auf der Fähre wieder.
    Meine Großmutter bezahlt nicht für die Überfahrt. Ich denke mir nichts dabei, bis wir an Deck sitzen und alle ihr zunicken oder ihre Hand drücken. Dabei mustern sie mich verstohlen.
    Das Fenster ist weiß von Salzablagerungen, Möwen umkreisen das Schiff. Meine Großmutter steht auf, und ehe sie den Kaffeeautomaten erreicht, hat ein Mann in einer Thermojacke ein paar Münzen hineingeworfen. Er bringt zwei Plastikbecher an unseren Tisch.
    Wir verlassen die Fähre, und ich sehe die Kleinstadt von gestern Abend bei Tageslicht, eine Mischung aus alten und neuen Gebäuden und über

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