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Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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einschätzen zu können, was andere Menschen fühlen (Menschenkenntnis)
    › Umgang mit den Emotionen anderer Menschen (Familie, Freunde, im Beruf Chefs, Kollegen oder Angestellte) und das Lösen von Konflikten.
    In der Terminologie Howard Gardners beinhaltet emotionale Intelligenz sowohl interpersonale Intelligenz, also die Fähigkeit, Emotionen anderer zu deuten und entsprechend zu reagieren bzw. die Emotionen anderer richtig einschätzen zu können, als auch intrapersonale Intelligenz, also die Begabung, eigene Gefühle gut ausdrücken, aber auch gut regulieren und kontrollieren zu können (Affektbeherrschung).
    Bei dem oben erwähnten Marshmallow-Experiment an vierjährigen Kindern wurde ein wichtiger Aspekt der intrapersonalen Intelligenz ermittelt: die Impulskontrolle.
Gefühle und ihre Bedeutung
    Howard Gardner beschrieb die Bedeutung von inter- und intrapersonalen Intelligenz folgendermaßen: »Viele, die einen IQ von 160 haben, arbeiten für Leute mit einem IQ unter 100, weil sie selber über eine geringe, der Vorgesetzte jedoch über eine hohe
interpersonale Intelligenz verfügt. Wer kein gutes Einfühlungsvermögen hat, trifft in seinem Leben immer wieder die falsche Wahl - sei es nun beim Lebenspartner oder im Beruf.«
    Dies gilt auch für Schulkinder. Ein hoher IQ und ein gutes Gedächtnis allein führen nicht automatisch zu guten Noten. Streit mit den Mitschülern, Furcht vor dem Lehrer, Ablenkenlassen durch Unwichtigkeiten oder mangelnde Motivation lassen die Früchte der Klugheit gewissermaßen am Baum verderben. Schlau sein ist also noch lange nicht alles. Wer ein gutes Gedächtnis hat und perfekt Mathematikaufgaben lösen kann, ist zwar ein helles Köpfchen, aber das bedeutet weder, dass er auch seine kognitiven Ressourcen effektiv nutzt, noch, dass er sich gut durchsetzen kann oder ein besonders respektierter Mitschüler ist: z. B. wenn er meint, wenig lernen zu müssen, sich in seiner Leistungsfähigkeit unterschätzt (wie dies gerade oft bei Mädchen der Fall ist) oder sich zu sehr als altkluger Besserwisser gibt.
    Welche Bedeutung Gefühle für das menschliche Leben haben, wird durch das folgende Beispiel des amerikanischen Philosophen Daniel Dennett deutlich: Ein Roboter erhält die Information, dass in der Flugzeughalle, in der er sich befindet, eine Bombe explodieren wird. Als die Bombe explodiert, ist der Roboter noch mitten in seinen Überlegungen; er kommt gerade zu der Schlussfolgerung, dass das Sichentfernen mit dem Fahrzeug aus der Flugzeughalle die Teepreise in China nicht verändern würde. Wie das Beispiel zeigt, sind rationale Vorgänge wie das Abwägen einer und Entscheiden über eine Situation ohne die Beteiligung von Gefühlen ineffektiv, und schlimmer noch, sie verfehlen sogar das Ziel des Nachdenkens (nämlich eine Entscheidung zu treffen, die das Überleben sichert). Hätte der Roboter angesichts des bevorstehenden Ereignisses Angst, also eine Emotion, empfunden, er hätte sich umgehend in Sicherheit gebracht. Das Beispiel zeigt aber auch, dass Denken, Abwägen und Entscheiden kein rein rechnerischer Vorgang sind. Entgegen der oft vertretenen
Meinung, dass Gefühle beim Nachdenken stören, ist das Gegenteil richtig: Gefühle behindern uns nicht im Denken, sie sind im Laufe der Evolution überhaupt erst entstanden, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen. Emotionen besitzen also eine »eigene Intelligenz«, wie der berühmte Neurologe und Buchautor Antonio Damasio es ausgedrückt hat.
    Wie oft stellt uns die Welt vor eine kaum überschaubare Anzahl von Wahlmöglichkeiten. In diesen Fällen vereinfachen Emotionen Entscheidungen, indem sie viele Optionen einfach ausschließen und andere hervorheben. Emotionen lenken also maßgeblich unser Handeln, auch das, welches wir für rational halten. Schon im Wortstamm des Wortes »Emotion« wird dies deutlich: Es leitet sich von dem lateinischen Verb ab, was für »bewegen« steht, und mit dem Präfix »e« zu »hinwegbewegen« wird. Damit wohnt jeder Emotion eine Tendenz zum Handeln inne.
    Anders als die Wörter einer Sprache, die sich von Kultur zu Kultur ändern, sind Emotionen eher mit dem Atmen zu vergleichen: Die meisten sind universell in allen menschlichen Kulturen vorhanden. Zu diesen elementaren Gefühlen, die sich in spezifischen menschlichen Gesichtsausdrücken niederschlagen, gehören Freude, Trauer, Ekel, Kummer und Überraschung, aber auch Liebe, Eifersucht, Zorn, Rachsucht, Scham, Neid, Angst und eine Vielzahl von

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