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Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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abgespeichert als neutrale Sachverhalte. Eine negative gefühlsmäßige Einstellung gegenüber dem Lernstoff dagegen behindert die Abspeicherung: etwa die Ablehnung eines Lehrers, Mobbing in der Klasse oder die Abneigung gegen ein bestimmtes Schulfach.

    Abbildung 9 : Stirnlappen
    Die Steuerungszentrale im Gehirn ist der präfrontale Kortex. Wie wir Gefühle anderer wahrnehmen und eigene Gefühle regulieren, steuern große Hirngebiete im Stirnlappen, die Bestandteil des präfrontalen Kortex’ (PFK) sind. Der PFK ist wiederum in viele Areale unterteilt: orbitofrontaler, ventromedialer und dorsolateraler PFK.

Wahrnehmung der eigenen Gefühlswelt
    Die Aufgabe der Amygdala besteht also vor allem darin, Gefühle zu erzeugen und zu verarbeiten sowie die Hormonsignale in den Körper hinein zu kontrollieren. Wahrgenommen werden die Gefühle jedoch in der Großhirnrinde. Hier erst erleben und empfinden wir Glück, Leid, Trauer, Ekel, Rachlust oder Liebe. Insbesondere der präfrontale Kortex ( Abb. 9 ), ein Bestandteil des Stirnlappens, und der Gyrus cinguli, der ganz tief innen in der Großhirnrinde in der Mitte der Hirnhälften verborgen liegt, sind dafür verantwortlich, die emotionalen Informationen aus der Amygdala und anderen Gefühle verarbeitenden Zentren zu interpretieren und zu bewerten. Schädigungen in diesen Bereichen wirken sich maßgeblich auf die emotionale Grundstimmung aus. So führt ein Defekt im orbitofrontalen PFK etwa zu einem eingeschränkten sozialen Urteilsvermögen ( Abb. 9 ). Die betroffenen Personen werden impulsiv und verlieren jede Hemmung. Ein Funktionsverlust im Gyrus cinguli dagegen verursacht einen Verlust der Antriebskraft. Selbst Menschen, die eigentlich ehrgeizig sind, werden dann unmotiviert und körperlich inaktiv. Diese Beispiele sollen zeigen, wie komplex der uns so natürlich erscheinende Vorgang in Wahrheit ist: Ein Schüler geht morgens in die Schule, hört sechs Stunden lang Menschen zu und versucht das zu verstehen und zu behalten, was gesagt wird. Die in der Schule stattfindenden Lernprozesse werden natürlich von einer ganzen Reihe von Faktoren beeinflusst: Ernährung, körperliches Wohlbefinden, Erinnerungsfähigkeit und Intelligenz. Aber vor allem die emotionale Grundstimmung ist eine maßgebliche Säule für
den Schulerfolg: Sie kann die Leistungsfähigkeit jeder kognitiven Kompetenz entscheidend beflügeln oder behindern.
    Für diese Gefühle und Stimmungen, in der Kinder sich befinden, sind also neben der Amygdala auch Strukturen in der Großhirnrinde verantwortlich, vor allem solche die die Amygdala kontrollieren. Die emotionale Kontrolle übernimmt in erster Linie ein mächtiger Faserstrang, der den Stirnlappen mit der Amygdala verbindet. Er ist dafür verantwortlich, die Stärke der emotionalen Reaktion der Amygdala zu modulieren, die uns sonst ständig zu schnellen Affekten bewegen würde. Die Faserverbindung ist eine der letzten, die sich im Laufe der natürlichen Reifung des kindlichen Gehirns entwickeln. Das macht es Dreijährigen auch so schwer, ihre jähzornigen Ausbrüche trotz vielfachen Ermahnens zu kontrollieren: Ihnen fehlt schlichtweg die Kontrollinstanz von der Großhirnrinde zur Amygdala. Genau diese Verbindung war es auch, die in dem Marshmallow-Test dafür verantwortlich war, dass einige der vierjährigen Kinder mit früh entwickeltem Stirnlappen die Süßigkeit nicht sofort gegessen haben. Diese Kontrollinstanz im Stirnlappen lässt sich jedoch trainieren - etwa damit ein Kind sein vor allem genetisch bedingtes Temperament zu beherrschen lernt. Dies ist eine äußerst wichtige Erkenntnis für Eltern. Im Folgenden werden Sie sehen, welche Möglichkeiten es gibt, diese Kontrollinstanz positiv zu beeinflussen und zu stärken.
    Ähnlich wie dies für eine Reihe von kognitiven Fähigkeiten gilt, werden auch Gefühle nicht auf gleiche Art und Weise von der linken und rechten Hirnhemisphäre prozessiert. So wird der emotionale Gehalt von Sprache sowohl bei der Sprachproduktion als auch beim Hören von Sprache in der rechten Hemisphäre verarbeitet. Für eine ganze Reihe von emotionalen Fähigkeiten besteht eine rechtsseitige Hemisphärendominanz; so ist z. B. die von der rechten Gehirnhälfte kontrollierte linke Gesichtshälfte ausdrucksstärker. Im Gehirn ist alles über Kreuz verschaltet: Die linke Hemisphäre fühlt und agiert in der rechten Seite der Welt,
für die rechte Hirnhälfte gilt das Umgekehrte. Entsprechend kann das linke Ohr auch besser

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