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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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unschuldig verwirrtes Gesicht auf.
    «Das weißt du ganz genau, mein Lieber. Außerdem kann die Dame Männer nicht besonders leiden.»
    Claudia stieß ein leises Kichern aus.
    Großraumbüros, dachte Laura und dankte zum hundertsten Mal dem Himmel für ihr kleines Zimmer.
    «Na ja!», sagte Baumann langsam. «Dann sollte sie vielleicht andere Hosen anziehen und diese dezent laszive Haltung ablegen. Für mich war das eine Nutte, die so tat, als wäre sie keine.»
    Laura drehte sich schnell um. Für einen Augenblick erschien ihr der vertraute Kollege nicht länger wie ein freundlicher Waschbär nach dem Winterschlaf. Die Verachtung in seinen Worten hatte sich über sein Gesicht gelegt, wurde selbst durch das Grinsen nicht ausgelöscht, das er versuchte, als er Lauras Blick begegnete.
    «Es tut mir Leid», sagte er schnell. «Aber ich dachte nicht, dass du dich mit der Dame identifizieren würdest. Normalerweise liegen wir mit unserer Einschätzung von Leuten ziemlich nahe beieinander!»
    Zwischen den langen Blättern der Zimmerpalme kam Claudias Kopf immer näher.
    «Ich identifiziere mich mit niemandem!», sagte Laura sehr leise. «Aber ich hasse es, wenn irgendjemand anderen ihre Würde nimmt, ehe er überhaupt ein Wort mit ihnen gewechselt hat.»
    Peter Baumann hob die Augen zur Decke.
    «Entschuldige, es liegt mir nichts ferner, als dieser Dame ihre Würde zu nehmen   …»
    «Hör auf!» Laura atmete tief ein. «Ich werde nicht mit dir darüber diskutieren! Du hast meine Meinung gehört und kannst darüber nachdenken.»
    Claudias Kopf verschwand blitzschnell hinter den Palmblättern, als Laura sich umwandte und in ihre Richtung schaute.
    «Manchmal hast du etwas verdammt Strenges an dir, verehrte Hauptkommissarin!», murmelte Baumann. «Etwas Moralinsaures! Und das steht dir überhaupt nicht, Laura.»
    Hitze stieg in Laura auf. Nur mühsam gelang es ihr, sich zu beherrschen. Baumann hatte genau die richtige Wunde getroffen, um seinen Finger hineinzubohren. Wenn sie etwas nicht sein wollte, dann streng und moralinsauer.
    «Komm mal mit in mein Zimmer», sagte sie heiser.
    «Kann ich meine Dienstwaffe mitnehmen?»
    «Arschloch», flüsterte sie und lächelte Claudia freundlich zu, während sie möglichst würdevoll zur Tür ging.
     
    Mit erhobenen Armen erschien Peter Baumann zwei Minuten später in der Tür zu Lauras Büro. Die Pistole in seinem Schulterhalfter war gut sichtbar.
    «Nimm die Arme runter und lass den Quatsch.» Laura verzog das Gesicht.
    «Nur wenn du mir versprichst, dass du nicht noch einmal auf mich schießt. Verbal, meine ich!» Er schloss die Tür, indem er ihr einen leichten Fußtritt versetzte.
    «Gib zu, dass deine Bemerkung über diese Frau nicht besonders glorreich war.»
    «War sie nicht. Aber wieso soll ich immer glorreiche Bemerkungen machen? Du hast auch Aussetzer, Laura. Aber bei andern kennst du kein Erbarmen. Wetten, dass du genau dasselbe wie ich gedacht hast. Vielleicht nicht ‹Nutte›, aber zumindest in diese Richtung.»
    Laura ging hinter ihrem Schreibtisch auf und ab.
    «Du willst mich nicht verstehen. Natürlich habe ich in diese Richtung gedacht, aber deswegen verachte ich die Frau nicht. In deinen Sätzen und deiner Stimme habe ich verdammt viel Verachtung gehört. Das bringt mich so in Rage!»
    «Und du verachtest nie, was? Wenn du erlaubst, werde ich dich beim nächsten Mal darauf hinweisen.»
    Über Lauras Schreibtisch hinweg sahen sie sich an, und Laura dachte, dass sein Schnurrbart aussah, als würde er sich sträuben und dass er ja Recht hatte. Dass sie beide Recht hatten. Sie versuchte ein Lächeln, aber es misslang. Baumann verzog den Mund und ließ sich seufzend in den Stuhl fallen, in dem kurz zuvor noch die blasse Frau gesessen hatte.
    «Also!», sagte er. «Friedenspfeife! Was hat diese Dame dir erzählt?»
    Laura ließ sich auf der Schreibtischkante nieder und überlegte, was sie ihm sagen konnte   … wollte. Sie fühlte sich der blassen Frau in diesem Augenblick näher als ihrem Kollegen.
    «Nicht besonders viel», murmelte sie ausweichend. «Nur die Vermutung, dass die Tote im Eurocity etwas mit Menschenhandel zu tun haben könnte. Sie sagte, dass einige Frauen aus der Zwangsprostitution aussteigen wollen, und das sei mitunter lebensgefährlich.»
    «Naja, in diese Richtung haben wir ja auch schon gedacht, nicht wahr? Hat sie wirklich nichts Konkretes gesagt?»
    Laura schüttelte den Kopf und fragte sich, warum sie Peter Baumann anlog. Aber gleich darauf

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