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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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dachte schon, dass ich ein unausstehlicher Lehrmeister bin. Das muss ich nämlich auch manchmal hören.»
    «Von Ihrer Frau?»
    Libermann nickte.
    «Oh!», machte Laura. «Mein Ex-Mann bekam immer die Krise, wenn ich ihn längere Zeit ansah. Er war der Meinung, dass ich alles sehen könnte, was er mir verheimlichte.»
    «Haben Sie’s gesehen?»
    «Nicht alles, aber das meiste.»
    «Glaub ich sofort!», grinste Libermann. «Was halten Sie denn von dem jungen Mann?»
    «Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren. Aber was Sie mir über Verhalten bei Amnesie erzählt haben, macht mich nachdenklich. Ich habe ihn gesehen, kurz nachdem er das Bewusstsein wiedererlangte. Er hat nicht viel gesprochen, war noch benommen, doch er konnte sagen, dass er gar nichts weiß. Und er hat deutlich auf die unfreundlichen Worte des Stationsarztes reagiert, der mich rauswerfen wollte. Er drehte den Kopf weg und verzog das Gesicht, als bereite ihm diese negative Botschaft Schmerzen. Er drückt sich in einer Weise aus, dass ich annehme, er hat eine höhere Schule, vermutlich sogar eine Universität besucht. Sein Italienisch würde ich als Hochitalienisch einstufen, ganz sicher Toskanisch. Seine Kleidung weist auf nicht ganz arme Herkunft hin, falls Ihnen der Name Armani etwas sagt. Und   –» diesmal hob Laura die Stimme, wie der Arzt es zuvor getan hatte – «seine Fingerabdrücke sind auf einer Waffe, mit der eine Frau im Eurocity erschossen wurde.»
    «Das wusste ich nicht!», sagte Dr.   Libermann und richtete sich erstaunt auf.
    «Deshalb erzähle ich es Ihnen, und ich möchte wissen, ob Ihr Patient in der Lage ist zu fliehen?»
    «Ich weiß es nicht», murmelte der Arzt. «Ich halte es zwarfür unwahrscheinlich, denn er hat immerhin noch eine angebrochene Schulter und ziemlich starke Prellungen. Aber völlig ausschließen kann ich es natürlich nicht, denn er ist fähig, allein auf die Toilette zu gehen. Glauben Sie wirklich, dass er die Frau erschossen hat? Ich muss gestehen, dass ich eine gewisse Sympathie für ihn empfinde   …»
    «Noch habe ich nichts gegen ihn», entgegnete Laura. «Aber könnten Sie mir bitte genauer erklären, was eine psychogene Amnesie ist?»
    Libermann nickte.
    «Es ist vielleicht die schwierigste Form der Amnesie, denn sie bedeutet, dass der Patient sich nicht mehr an sein früheres Leben erinnern will, weil der Unfall oder der Angriff, der zu seiner Kopfverletzung führte, ein beängstigendes und traumatisches Erlebnis seiner Vergangenheit wieder belebt hat.»
    «Danke, Doktor. Ich werde einen Kollegen vor dem Zimmer 201 postieren. Zum Schutz des Patienten von außen und innen!»
    «Glauben Sie, dass das wirklich nötig ist?» Libermann stand auf und goss den Rest seines Kaffees in ein Waschbecken.
    «Ja!», sagte Laura. «Ich glaube, dass es nötig ist. Wir hatten in diesem Zusammenhang bereits einen Fall von Verfolgungswahn. Und ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher, ob es nicht wenigstens ein bisschen Berechtigung dafür gibt!»
     
    Eine halbe Stunde später stand Laura in der Küche des alten Gottberg und bereitete sich darauf vor, Spiegeleier mit Speck und Tomaten zu braten. Genau dieses Abendessen hatte ihr Vater sich in den Kopf gesetzt, obwohl Laura zu bedenken gab, dass die Cholesterinwerte eines solchen Mahls unverantwortlich hoch seien.
    «Kannst du dir vorstellen, welches Interesse ich an Cholesterinwertenhabe, meine Tochter?», rief Lauras Vater, während er Eier und Speck aus dem Kühlschrank kramte. «Null Interesse, absolut null. Um es deutlicher auszudrücken: Ich scheiß auf das Gequake der Ärzte. Ich esse genau das, was mir schmeckt! Wenn ich deshalb ein halbes Jahr früher sterbe, soll mir das nur recht sein!»
    «Macht dir das Leben denn überhaupt keinen Spaß mehr?», fragte Laura, die am Herd lehnte und zuschaute, wie ihr Vater Speck in hauchdünne Scheibchen schnitt.
    «Doch, durchaus – in Maßen. Wenn ich Speck schneide zum Beispiel oder wenn ich mit einer jungen Dame Lasagne esse, wie gestern Abend. Aber in Maßen, wie gesagt. Es würde mir auch nichts ausmachen, wenn es morgen vorbei wäre und ich deine Mutter wiedersehen könnte   … falls tatsächlich so eine freundliche Überraschung am Ende dieser Mühsal stehen sollte   …»
    Laura ging nicht auf diesen Satz ein. Sie wusste, dass ihr Vater nichts so sehr hasste wie zustimmende Worte zu wissenschaftlich nicht beweisbaren Thesen.
    «Vater», sagte sie langsam. «Hast du gestern wirklich mit einer jungen Dame

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