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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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nicht, Peter. Ich bin erst dabei, es herauszufinden. Aber dazu brauche ich Zeit und ganz sicher nicht das Getuschel der Kollegen!»
    Baumann nickte, während er interessiert seine Schuhe betrachtete.
    «Dann bin ich wohl aus dem Rennen, oder?»
    «Mein Gott! Was ist eigentlich los mit euch Kerlen? So was ist doch kein Rennen, verdammt nochmal!»
    «Jetzt hast du einen Fehler gemacht, Laura. Du solltest nie verallgemeinern. Ich bin sehr empfindlich, wenn man mich mit allen anderen Kerlen in einen Topf wirft!»
    «Dann benimm dich nicht dauernd wie ein Idiot! Ich arbeite wirklich sehr gern mit dir, ich albere gern mit dir rum, es macht Spaß! Aber bitte kapier endlich, dass wir Kollegen sind!»
    «Jaja, schon gut!» Rückwärts ging er zur Tür hinaus, mit gestreckten Armen, als wollte er sie von sich fernhalten.
    Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte – auffallend leise   –, lehnte Laura sich in ihren Sessel zurück und schloss die Augen.
    «Ich Trottel!», flüsterte sie. «Ich hätte ihn nicht mitnehmen dürfen. Warum hab ich ihn bloß mitgenommen?»
    Sie hatte Kopfschmerzen, schluckte angewidert ein Aspirin und versuchte anschließend die Fakten zu ordnen. Es ging nicht.
    Was hatte sie während der Zugfahrt mit Baumann besprochen? Beide waren sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der Südtiroler Tiefenthaler aller Wahrscheinlichkeit nach die Frau nicht umgebracht hatte. Es gab in diesem Fall keine Beweise, nur Instinkt, aber der stimmte bei Laura und Baumann überein. Natürlich ließen die italienischen Kollegen den armen Kerl schmoren – so hatten sie wenigstens einen kleinen Fahndungserfolg, etwas, das man Vorgesetzten zeigen konnte. Laura kannte das – wurde überall auf der Welt so gehandhabt.
    Hochbrisant erschien ihr dagegen die Person oder die Personen, die den Bahntransfer der Frauen betreuten. Flavio behauptete, sie nicht zu kennen. Vermutlich stimmte es sogar. Allerdings fragte sie sich, wie weit die weltrettende Naivität des jungen Mannes ging. Falls eine Frau wie diese «Clara» ihm einen Quickie anbieten würde oder sogar eine ganz langeNacht, um ihre Dankbarkeit zu beweisen   … würde Flavio das zurückweisen? Würde Baumann es zurückweisen?
    Laura wusste es nicht. Was menschliche oder genauer gesagt männliche Verhaltensweisen anging, hielt sie inzwischen alles für möglich.
    Was würde Angelo Guerrini machen? Sie nahm sich vor, ihn zu fragen. Es gab eine Menge Dinge, die sie ihn in Venedig fragen wollte.
    Seufzend schlug sie die Gesprächsprotokolle der italienischen Bahnbeamten auf, las so aufmerksam, wie es mit Kopfschmerzen möglich war. Alle Befragten hatten die Ermordete wahrgenommen und sie eindeutig beurteilt. Ob von denen vielleicht auch einer ein günstiges Angebot genutzt hatte? Der Gerichtsmediziner hatte Geschlechtsverkehr kurz vor dem Tod ausgeschlossen. Was aber wäre, wenn sich die junge Frau geweigert hatte? Wenn sie eine von denen gewesen war, die wirklich aussteigen wollten? Nein, Clara hatte gesagt, dass diese Ana ebenfalls auf dem Weg in das Luxusbordell nach Schweden war.
    Ich brauche diese Münchner Verbindungsfrau, dachte Laura. Ohne die kommen wir nicht weiter. Sie weiß jetzt, dass ich mein Versprechen gehalten habe. Beinahe elf! Warum ruft sie nicht an?
     
    Die blasse Frau mit den langen Beinen und dem Kaninchenfellmantel rief erst um halb eins an, als Laura gerade mit ihren Kollegen in die Kantine gehen wollte. Sie rief nicht die Zentrale oder das Dezernat an, sondern Lauras Handy. Laura bedeutete den andern, dass sie vorausgehen sollten, und kehrte in ihr Büro zurück.
    «Woher haben Sie meine Handynummer?»
    Da war wieder dieses leise ironische Lachen, diese etwasbrüchige Stimme. «Ich habe meine Wege, so etwas herauszufinden.»
    «Verraten Sie mir diese Wege?»
    «Vielleicht. Wenn Sie mich in zwanzig Minuten an der Mariensäule treffen. Wir können ja einen Kaffee miteinander trinken. Aber bringen Sie Ihren kleinen Macho nicht mit und auch sonst niemanden.»
    «Ich komme!», erwiderte Laura.
    «Sehr schön. Macht richtig Spaß, mit Ihnen zu arbeiten. Ich wünschte, alle meine Leute wären so zuverlässig!» Mit einem tiefen Lachen beendete sie das Gespräch.
    Laura schlüpfte in ihren Mantel, bürstete schnell durchs Haar und zog die Lippen nach. An der Tür kehrte sie noch einmal um und nahm die Pistole aus dem Schrank, überprüfte sie und steckte sie dann ins Schulterhalfter, wusste selbst nicht genau, warum sie es tat. Kaum anzunehmen, dass die

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