Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
einfacher!»
    «Ja, gut. Also, Natali. Woher haben Sie meine Nummer?»
    Natali lachte und schlug ihre langen Beine übereinander. Wieder trug sie Stiefel, die fast bis zum Knie reichten. Stiefel mit hohen Absätzen.
    «Es war ganz einfach. Ich habe Ihren Sohn angerufen und gesagt, dass ich Sie ganz dringend erreichen muss. Er hat mir die Nummer gegeben.»
    «So!», murmelte Laura. «Das war ja wirklich ganz einfach.»
    «Ja, nicht wahr!»
    «Wann haben Sie ihn denn angerufen?»
    «Heute Vormittag. Er schien noch ziemlich verschlafen – vielleicht ging es deshalb so einfach.»
    Heute Vormittag?, dachte Laura. Luca sollte in der Schule sein. Was zum Teufel erlaubt er sich, wenn ich nicht da bin!
    «Ist ja auch egal!», sagte sie laut und versuchte zu lächeln. «Jetzt sitzen wir jedenfalls hier und ich warte.»
    «Worauf denn?» Natali nahm ein Stück Brot aus dem Brotkorb und legte es neben ihren Teller.
    «Dass Sie mir ein bisschen mehr über Ihre Organisation und die Frauen erzählen, die Sie offensichtlich quer durch Europa schleusen.»
    «Erst mal könnten Sie mir etwas über Florenz erzählen!» Natali musterte prüfend den Vorspeisenteller, nahm dann von den gebratenen Auberginen und eingelegten Champignons.
    «Es war keine Urlaubsreise und ich bin nicht Ihre Privatdetektivin. Ich kann Ihnen nur sagen, dass meine Ergebnisse bisher etwas mager sind. Allerdings sind mir einige Dinge aufgefallen.»
    Aufreizend langsam schob die blasse Frau einen Champignonin den Mund, kaute lange, während sie Laura aus leicht verengten Augen ansah.
    «Welche Dinge?», fragte sie endlich, nachdem sie geschluckt hatte.
    «Zum Beispiel, dass durchaus nicht alle Frauen aussteigen wollen. Ich habe erfahren, dass die Ermordete, die wir in München gefunden haben, auf dem Weg in ein schwedisches Luxusbordell war – ein Ziel, das schon einige Ihrer Schützlinge heil erreicht haben sollen. Wie verträgt sich das mit den idealistischen Zielen Ihrer Organisation?»
    «Quatsch!» Natalie schob den Teller heftig zurück. «Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn erzählt? Die Person, die hinter dem Decknamen Uccellini steckt?»
    «Nein!» Laura schüttelte den Kopf. «Diese Person scheint ganz und gar in Ordnung zu sein. Ein reiner Idealist – könnte aus einer anderen Zeit stammen. Es war jemand, der die Situation sehr genau kennt und der auch die Ermordete kannte. Ich habe mir deshalb ein paar Gedanken gemacht, Natali   …»
    Die blasse Frau antwortete nicht, sondern hatte wieder damit begonnen, ihren Fellmantel zu streicheln.
    «Falls es Sie interessiert, dann möchte ich Sie daran teilhaben lassen. Sie können mich korrigieren, falls ich mich irre   …»
    Natali schaute Laura an, aber nicht in ihre Augen, sondern auf irgendeinen Punkt ihrer Stirn, und Laura dachte, dass der Deckname Natali nicht zu der Frau passte – dachte, dass es ein harter Name sein müsste, etwas wie Draga oder Svetla.
    «Na gut, dann fange ich mal an: Ich stelle mir vor, dass diese verschiedenen Organisationen ziemlich gut zusammenarbeiten und dass bisher alles geklappt hat. Es wurden Frauen aus schlechten Situationen herausgeholt und in bessere vermittelt. Vielleicht war die ganze Angelegenheit am Anfang wirklich rein idealistisch, aber dann stellte sich heraus,dass viele der Frauen zwar aus der jeweiligen schlechten Situation aussteigen wollten, aber durchaus nicht so, wie sich die Idealisten das dachten. Sie wollten aus billigen Bordellen in bessere Etablissements wechseln. Und die waren eher im Westen als im Osten zu finden. Deshalb wandelte sich ihre Organisation ganz allmählich – sozusagen unter dem Druck der Wirklichkeit   …»
    «Hören Sie auf! Ihre These ist vollkommen haltlos. Sehen Sie, das ist genau, was ich der Polizei vorwerfe. Man bietet Ihnen Zusammenarbeit an, und was passiert? Blitzschnell, ohne eine Ahnung von den Schwierigkeiten, mit denen wir Tag für Tag kämpfen, basteln Sie sich eine Theorie zusammen, mit der Sie vermutlich vor Ihren Vorgesetzten prima dastehen! Es ist einfach lächerlich!» Natali beugte sich ein wenig vor, ihr Mund verzog sich voll Verachtung.
    «Jetzt verrate ich Ihnen meine Theorie, Laura. Sie sind nur deshalb auf meinen Florenz-Tipp eingegangen, weil Sie diesen Commissario Guerrini treffen wollten. Wissen Ihre Vorgesetzten, dass Sie eine Affäre haben? Dass Sie illegal ermitteln, was eine Menge Ärger mit den italienischen Behörden bringen könnte?»
    «Ja!», erwiderte Laura und log dabei so überzeugend, dass

Weitere Kostenlose Bücher