Wie Liebe Heilt

Nein, nimmt das Gehirn diese Situation als »Stress« wahr, und die Angstreaktion wird ausgelöst, erhöht den Blutdruck, beschleunigt die Atmung und pumpt Kortisol und Adrenalin in den Organismus, um den Körper darauf vorzubereiten, der Herausforderung zu begegnen.

Die Angstreaktion ist unser Warnsystem
    Unser Körper ist mit einer Reihe von automatischen und unbewussten Kontrollsystemen ausgestattet, die ohne Nachdenken oder Analyse funktionieren.
    Wenn wir zum Beispiel aufstehen, vermindert sich der Blutdruck im Gehirn infolge der veränderten Körperhaltung und Schwerkraft. Damit wir nicht ohnmächtig werden, reagiert der Körper automatisch mit einer Beschleunigung des Herzschlags und erhöht somit den Blutfluss zum Gehirn. Oder wenn wir zu dünn angezogen in die Kälte gehen, dann beginnen wir zu frieren, wir zittern und bekommen eine Gänsehaut. Dies passiert automatisch und unbewusst und signalisiert dem Bewusstsein, dass es zu kalt ist und dass wir einen Mantel anziehen sollten.
    Ob Atmung, Augenzwinkern, Tränenproduktion, Verdauung oder das Wachsen der Haare – die Mehrzahl der alltäglichen körperlichen Vorgänge wird automatisch gesteuert. Für uns ist es selbstverständlich, eine Treppe hinaufzusteigen, doch in Wahrheit ist das ein äußerst komplizierter Vorgang, bei dem verschiedene Körpersysteme – Muskeln, Gleichgewichtssinn, Beweglichkeit und einige Sinnesorgane – exakt zusammenarbeiten müssen. Wir denken nicht darüber nach, was unser Körper hier alles tun muss – sonst würden wir für zehn Stufen wahrscheinlich fünf Minuten brauchen statt fünf Sekunden. Doch wenn Sie nach einem Unfall an Krücken gehen müssen, dann wird das Treppensteigen eine Herausforderung für Sie. Ihr Gehirn durchforstet die zur Verfügung stehenden Mittel und fragt sich: »Kann ich das? Habe ich die Mittel dazu?« Es stellt fest, dass die Antwort darauf Nein lautet – und ruft die Angstreaktion zu Hilfe.
    Natürlich können die Krücken Ihnen helfen, die Treppen hochzusteigen. Und vielleicht gibt es ja einen Aufzug. Doch diese Überlegungen sind eine Funktion des logischen Denkens. Und die rationale Hirnfunktion setzt erst nach einer gewissen Zeit ein, nachdem der Instinkt bereits die Angstreaktion ausgelöst hat.

Ihr Erfahrungsschatz
    In den meisten Fällen begegnen wir einer Herausforderung mit Mut und Zuversicht statt mit Besorgnis, weil wir überzeugt sind, über die notwendigen Ressourcen zu deren Bewältigung zu verfügen. Diese Ressourcen haben Sie seit dem Tag, als Sie gezeugt wurden, angesammelt. Dazu gehören Ihre Erbinformationen, das Immunsystem, die Muskulatur, die Erziehung, die Erfahrungen, alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten etc. – alles, was Sie zu dem Menschen gemacht hat, der Sie heute sind. Die Vergangenheit ist das Fundament, auf dem sich jeder Ihrer Gedanken bildet. All diese gesammelten Erfahrungen werden in der Datenbank Ihres Gehirns gespeichert, und dieser Fundus ermöglicht es Ihnen, in der jeweiligen Situation angemessen zu reagieren.
    Sie müssen nur die richtige Datei in Ihrer Datenbank anklicken, und schon erhalten Sie alle Informationen, die Sie brauchen, um eine vertraute Aufgabe auszuführen. Um sich anzuziehen, klicken Sie auf die Datei, die Ihnen sagt, welche Kleidung für einen bestimmten Anlass oder für eine bestimmte Wetterlage angemessen ist. Die Informationen in Ihrer Datenbank sind einzigartig, denn sie sind auf Sie und Ihre Erfahrungen zugeschnitten und sie verändern sich ständig, in jedem Augenblick Ihres Lebens.

Konditionierung und Vorhersagen
    Wenn wir auf die Welt kommen, ist unsere Datenbank noch fast leer. Doch die Angstreaktion funktioniert bereits. All unsere Sinne sind aufs Äußerste aktiv und zur Reaktion bereit, sobald wir das Licht der Welt erblickt haben. [6]   Wir hören ein lautes Geräusch und wir weinen. Es kommt jemand, um uns zu helfen, und er tut etwas, das für uns angenehm ist. Diese Erfahrung ist die erste Datei auf unserer Festplatte. Mit der Zeit lernen wir, dass unser Hunger weggeht, wenn wir etwas zu essen bekommen, dass Kleidung uns warm hält. Wir lernen, wie man kommuniziert, krabbelt, läuft und rennt. Unsere Erziehung und Bildung wird bestimmt von den Menschen, die uns umgeben, von der Kultur, der Religion und den Medien. Wir erfahren, was Liebe, Unterstützung und Trost ist, und lernen zu unterscheiden, was bedrohlich ist und was nicht. Unser Gehirn erstellt eine Liste von positiven und negativen Erfahrungen