Wie man die richtige Arbeit für sich findet
erfahren, wie man Freiheit mit Sinn und Flow kombinieren und wie daraus tiefe berufliche Zufriedenheit entstehen kann.
Die anarchistische Alternative oder: Wie man sich seine Arbeit selbst erfindet
»Diejenigen, die bereit sind, grundlegende Freiheiten aufzugeben, um ein wenig kurzfristige Sicherheit zu erlangen, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit«, schrieb Benjamin Franklin. Hat er recht? Bei der Entscheidung für einen Beruf, den wir anstreben, müssen wir einen Weg finden, beidem gerecht zu werden: dem Wunsch nach Sicherheit und dem nach Freiheit. Die meisten von uns streben nach Stabilität im Arbeitsleben, erst recht in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Wir brauchen ein regelmäßiges Einkommen, damit wir die Hypothek oder den happigen Studienkredit zurückzahlen, unsere Kinder ernähren und eine Altersvorsorge aufbauen können. In einem tieferen Sinne, auf der psychischen Ebene betrachtet, suchen wir emotionale und materielle Sicherheit und Verwurzelung bereits seit dem Moment, in dem die Nabelschnur durchtrennt ist und wir in die Einsamkeit unserer Individualität gestoßen sind. 46 In einer liebevollen Ehe oder durch die Zugehörigkeit zur Gemeinde an unserem Wohnort erleben wir zwar Geborgenheit, aber auch die Arbeitswelt vermittelt sie uns durch einen stabilen Job, der uns nicht nur ein geregeltes Einkommen garantiert, sondern auch ein Netzwerk von Freundschaften bietet, eine Identität und das Gefühl, wertgeschätzt zu werden. Es war dieser alles überragende Wunsch nach Sicherheit – die Folge einer in turbulenten Kriegszeiten verbrachten Kindheit –, der meinen Vater dazu bewog, ein halbes Jahrhundert lang bei IBM zu arbeiten.
Die Sicherheit bildet in der Hierarchie unserer Bedürfnisse zwar das Fundament, doch die Freiheit ist ein ebenso starker Antrieb des Menschen. Von den Sklavenaufständen unter den Römern bis zu den Kämpfen gegen die Apartheid in Südafrika bestimmten die Sehnsucht nach Überwindung von Unterdrückung und nach Erlangung individueller Freiheiten die sozialen und politischen Kämpfe. Diese Geschichte klingt in unserer Einstellung zur Arbeit nach. Seit Jahrzehnten beobachten Wirtschaftspsychologen, dass Zufriedenheit am Arbeitsplatz und das Maß an Autonomie – also die Anzahl der täglichen Arbeitsstunden, in denen die Beschäftigten frei sind, eigene Entscheidungen zu treffen – in direktem Zusammenhang stehen. 47 In fast jedem Kurs, den ich gebe, sitzen Teilnehmer, die sich mehr Autonomie versprechen, wenn sie ihre Anstellung in großen Unternehmen aufgeben und selbständig arbeiten, vielleicht ein kleines Café eröffnen oder als Freiberufler tätig sind.
Ihre Sehnsucht nach Freiheit ist vollkommen verständlich, sagt Colin Ward, einer der bedeutendsten anarchistischen Denker des zwanzigsten Jahrhunderts. In Anarchy in Action , seinem klassischen Leitfaden, stellt er die faszinierende Frage, warum jemand mit Freuden zur Schaufel greift und in seinem Garten arbeitet, kaum dass er nach einem schweren Tag in der Fabrik oder im Büro nach Hause gekommen ist:
Er geht gern nach Hause und gräbt seinen Garten um, weil er hier von Vorarbeitern, Managern und Bossen unabhängig ist. Er ist der Monotonie enthoben, der Sklaverei, tagein, tagaus dieselben Handgriffe zu tun, und bestimmt seine Arbeit von Anfang bis Ende selbst. Er selbst entscheidet, wie und wann er sie in Angriff nimmt. Er ist nur sich selbst Rechenschaft schuldig und keinem anderen. Er arbeitet, weil er es will, und nicht, weil er es muss. Er arbeitet für sich. Er ist sein eigener Herr.
Der Wunsch, »sein eigener Herr zu sein«, ist in der Tat weit verbreitet. Denken wir nun an die vielen Menschen, deren heimlicher Traum oder langgehegter Wunsch es ist, eine kleine Firma zu leiten oder einen kleinen Laden zu betreiben oder sich auf eigene Rechnung im Handel zu etablieren, auch wenn das bedeuten kann, dass man Tag und Nacht arbeiten muss, und das mit geringen Aussichten auf Überschüsse. Nur wenige sind so optimistisch zu glauben, dass sie auf diese Weise ein Vermögen anhäufen können. Was sie an erster Stelle wollen, sind Unabhängigkeit und die Macht, über ihr Schicksal selbst zu bestimmen. 48
Wards Vision von erfüllender Arbeit ist bestechend. Hätten nicht auch Sie lieber dieses Gefühl von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung anstatt acht Stunden pro Tag den Bedürfnissen Ihres Arbeitgebers zu dienen, dem es im Endeffekt vermutlich eher um seinen Quartalsgewinn gehen wird als um Ihr
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