Wie man die richtige Arbeit für sich findet

Garantie, dass das Leben ewig so weiterläuft, wie wir uns das wünschen, gibt es sowieso nicht.
    Vielleicht wird Fionas Erfahrung Sie davon überzeugen, dass eine selbständige Existenz – manche nennen es auch »Freestyle-Karriere« – eine verrückte Option ist. Unsicherheit, Stress und die Aussicht auf entgangene Wochenenden – wer braucht das? Vielleicht hat Fiona ja recht damit, dass letztlich niemand einen sicheren Arbeitsplatz hat: Die jüngste Finanzkrise hat gezeigt, dass wir alle überflüssig werden können, wenn dies den Anforderungen der Märkte entspricht. Trotzdem kann es ein zu großes Risiko sein, auf ein regelmäßiges Einkommen ausgerechnet während einer Rezession zu verzichten oder dann, wenn man besorgt ist, ob die neue Karriere als Selbständiger wirklich ein Erfolg wird.
    Andererseits zeigt Fionas Erfahrung eindrucksvoll, welchen Wert die Freiheit für die Lebenskunst hat. In fast allen Gesprächen mit Menschen, die im Laufe ihres Berufslebens in die Selbständigkeit gewechselt sind, bekam ich bestätigt, was auch Fionas Fazit ist: Allen Unsicherheiten, Frustrationen und der großen Verantwortung zum Trotz wollte niemand seine Unabhängigkeit wieder aufgeben und in einen 9-to-5-Angestelltenjob zurückkehren. Für denjenigen, der einmal die Freiheit geschmeckt hat, kommt ein Zurück kaum mehr in Frage. Das ist eine bemerkenswerte Tatsache, die uns allen eine Lehre sein sollte.
    Fionas Firma ist ein Beispiel für die radikalste Form der Selbständigkeit: die Erfindung des eigenen Arbeitsplatzes, der auf einen persönlich zugeschnittene Beruf. Solche Bestrebungen haben eine lange Tradition, ihre Ursprünge reichen bis zur Renaissance und ihrem Ideal vom Ausdruck der Persönlichkeit und der Individualität zurück, sie haben aber auch Zukunft. Erst kürzlich hat sich der Managementexperte Charles Handy für diese Form des Arbeitens ausgesprochen:
    Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte haben wir die Chance, unsere Arbeit so zu gestalten, dass sie zu unserer Lebensweise passt, statt unser Leben an unsere Arbeit anzupassen … Wir wären verrückt, wenn wir uns die Chance entgehen ließen.
    Die inhaltliche Ausgestaltung des »Jobs nach Maß«, wie der selbstgeschaffene Beruf auch genannt wird, hängt von den jeweiligen Interessen, Talenten und Prioritäten des Betreffenden ab. Aber insgesamt kann man feststellen, dass es immer üblicher wird, sich seinen Arbeitsplatz selbst zu schaffen. Das Internet hat hier einen großen Beitrag geleistet und bietet vor allem Menschen, die über eine gewisse unternehmerische Begabung verfügen, viele neue Möglichkeiten. So habe ich beispielsweise von einer Frau gehört, die irgendwo auf dem Land in Mexiko lebt und Schülern in Italien und Japan Englischunterricht erteilt. Wie sie das macht? Über Skype. Auf diese Weise kann sie, ohne dass Kosten entstehen, mit ihren Schülern vis-à-vis sprechen. Das sind außerordentliche technologische Fortschritte! Ich weiß noch, wie ich Mitte der Neunziger Englischkurse für spanische Ingenieure gab: Ich musste morgens um fünf Uhr aufstehen und anschließend mit dem Bus in ein abgelegenes Betriebsgelände nördlich von Madrid fahren. Heute können Sie ohne irgendwelche Kosten und an einem einzigen Tag eine Firma gründen: Sie eröffnen ein Konto bei ebay und bieten selbstgefertigte handwerkliche Erzeugnisse zum Verkauf an und sind vielleicht irgendwann einer der geschätzt halben Million Menschen, die ihr Haupteinkommen durch Verkäufe auf dieser Plattform erzielen. 49 Nischenprodukte treffen heute auf globale Märkte. Mit Ihrer online vertriebenen Zeitschrift für Freunde des Bogenschießens können Sie Leute von Peking bis Buenos Aires erreichen. Ein anderes neues Feld tut sich dadurch auf, dass große Unternehmen und Organisationen einen großen Teil ihrer Arbeit nach Jahren des Personalabbaus an freiberufliche Berater vergeben. Sie könnten also von zu Hause aus für mehrere Auftraggeber arbeiten, vielleicht sogar aus mehreren Ländern, und sich mittags in die Badewanne legen, ohne dass irgendjemand davon erfährt. Aus all diesen neuen Möglichkeiten ergibt sich für uns eine Frage:
    – Wenn Sie einen für sich maßgeschneiderten Beruf erfinden könnten, wie sähe der aus? Und mit welchen Nebentätigkeiten könnten Sie Ihre Idee verwirklichen?
    Der selbstgeschaffene Job mag zu riskant sein, wenn wir mit den Hypothekenzahlungen schon im Rückstand sind oder ein Kind allein aufziehen müssen. Aber wenn wir