Wie man sie zum Schweigen bringt
Autodiebstählen vom letzten Wochenende noch alle Hände voll zu tun, und am nächsten Wochenende ist der Erste Mai . «
»Der Maifeiertag wird uns auch einiges an Arbeit bescheren, selbst bei kühlem Wetter. Dann prügeln sich die Leute in ihren Wohnungen statt auf der Straße. Warten wir ab, wie es nächsten Montag aussieht. Wie geht es Siljas Nacken? «
»Die Halskrause ist gestern abgenommen worden, aber mit den Sprüngen muss sie noch vorsichtig sein. Nächste Woche fliegt sie wieder nach Kanada. Wir werden sie vermissen, obwohl wir uns ja inzwischen daran gewöhnt haben, sie nur noch selten bei uns zu haben. Sie selbst hat natürlich schon Sehnsucht nach ihrem kanadischen Freund, und… Oho! «
In letzter Sekunde konnte er einem Volvo ausweichen, dessen Fahrer es nicht für nötig gehalten hatte, vor dem Spurwechsel zu blinken. Wir waren in Taskinens Dienstwagen unterwegs, einem unmarkierten Saab. Ich notierte routinemäßig das Kennzeichen des Volvo, um von der Verkehrspolizei überprüfen zu lassen, ob gegen den Fahrer bereits etwas vorlag.
Koivu hatte sich beeilt und mir bereits den Durchsuchungsbericht auf den Schreibtisch gelegt. Marko Seppäläs Zahnbürste sowie Haare von seinem Hemdkragen waren ins kriminaltechnische Labor geschickt worden. Drogen hatten sich in der Wohnung nicht befunden, doch in einem verschlossenen Werkzeugkasten hatte man einen Ring und ein Collier entdeckt, beide mit Diamanten besetzt. Der Schmuck war beschlagnahmt worden, und ein Anruf beim Zentralregister hatte ergeben, dass er offenbar aus einem Einbruch in ein Privathaus in Louhela stammte.
Ob Marko den Schmuck aufbewahrt hatte, um Suvi damit zu überraschen? Im Werkzeugkasten hatten außerdem Gewehrmunition und ein Messer gelegen, die Koivu ebenfalls beschlagnahmt hatte. Mit bloßem Auge waren an dem Messer keine Blutspuren zu erkennen, doch es war zur genaueren Untersuchung ins Labor geschickt worden. Das Untersuchungsteam hatte zudem zwei ungewaschene Oberhemden mitgebracht, an denen die Spürhunde, falls sie eingesetzt werden sollten, Seppäläs Geruch aufnehmen konnten. Markos Adressbuch lag in der Asservatenkammer. Zwar hatte Suvi behauptet, Markos Freunde angerufen zu haben, doch wir würden es noch einmal tun müssen.
Dem Bericht waren einige Kopien von Fotos beigefügt. Das erste zeigte Seppälä in Motorradkluft, auf dem nächsten reparierte er sein Motorrad, gemeinsam mit einem Glatzkopf, der selbst auf der verwischten Kopie unschwer als einer der Skinheads zu erkennen war, die Ilveskivi und Laitinen zusammengeschlagen hatten. Hannu Tarkola, einer von Väinöläs Spezis.
Da war sie also, die Verbindung zwischen Seppälä und Väinölä! Wir würden Jarkola noch einmal ernsthaft in die Mangel nehmen müssen.
Unter den Kopien lag ein kleiner Plastikbeutel mit einem Briefumschlag, auf dem mein Name stand. Es war nicht Koivus Handschrift. Die Buchstaben waren spitz und klein, nur der Längsstrich des p in dem Wort Hauptkommissarin (mit einem s geschrieben), reichte bis fast an den unteren Rand des Umschlags. Koivu hatte einen gelben Notizzettel an den Beutel geheftet: »Zieh Handschuhe über, wenn du dir das ansiehst, vielleicht liegt in dem Umschlag das, was du erwartet hast . «
Ich nahm Wegwerfhandschuhe aus der Schublade und öffnete den Beutel. Dann überlegte ich kurz, rief unsere Dezernatssekretärin Eija Hirvonen an und bat sie, als Zeugin dabei zu sein, wenn ich den Umschlag öffnete. Eija sah mich verwundert an, als sie hereinkam, sagte aber nichts. Sie war seit etwa zwanzig Jahren im Haus, und obwohl sie kaum über vierzig war, behandelte sie alle, die nach ihr gekommen waren, wie eine gütige ältere Tante.
Vorsichtig schlitzte ich den Umschlag auf. Darin lag ein ganz normaler Hundertmarkschein. Ich knipste die Schreibtischlampe an und hielt die Banknote gegen das Licht. Sie schien echt zu sein. Außer dem Geldschein lag noch ein Zettel in dem Umschlag, ein Kassenbon, auf dessen Rückseite Suvi offenbar in aller Eile geschrieben hatte: »Den hat Marko mir als Haushaltsgeld dagelassen. Hoffentlich hilft er euch weiter. Suvi . «
Erleichtert lehnte ich mich zurück. Manchmal lohnte es sich doch, die Vorschriften flexibel zu handhaben. Ich bat Eija, den Zettel und die Seriennummer zu kopieren und die Banknote auf Fingerabdrücke untersuchen zu lassen.
»Ich weiß, dass du alle Hände voll zu tun hast, aber würdest du auch abchecken, ob die Seriennummer im Zusammenhang mit einem Banküberfall
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