Wie man sie zum Schweigen bringt
erwies sich als Irrtum. Vor den Kassen hatten sich lange Schlangen gebildet. In der Nebenreihe erblickte ich Kim Kajanus. Ich vergewisserte mich, dass Eriikka Rahnasto nicht bei ihm war, bevor ich ihn ansprach.
»Hallo, Kim! «
Bei meinem Anblick hätte er beinahe seine Kognakflasche fallen gelassen.
Gerade in dem Moment rückte meine Schlange weiter, und er rief: »Kannst du draußen auf mich warten? Ich muss mit dir reden . «
Antti holte Iida ab, daher hatte ich es nicht eilig. Dank des Schneeregens waren die Bänke auf dem Platz vor dem Alkoholgeschäft ausnahmsweise leer. Sonst hockten hier Penner und Teenager, die Volljährige beschwatzten, ihnen Schnaps zu kaufen. Nach zehn Minuten kam Kim heraus. Seine düstere Miene passte nicht zum fröhlichen Klirren der Flaschen in seinem Einkaufsbeutel.
»Danke, dass du gestern mitgespielt hast«, sagte er. »Was hast du damit gemeint, dass ihr Eriikka nicht mehr belästigen werdet? «
Als ich es ihm erzählte, löste sich seine Spannung. Offenbar hatte er seine Freundin stärker verdächtigt, als mir klar geworden war.
»Vielleicht komme ich jetzt doch noch in Feststimmung«, sagte er und versuchte zu lächeln. »Ich hab Angst, mich zu betrinken und mich womöglich zu verplappern, aber andererseits mag ich auch nicht nüchtern bleiben, denn dann kommt der ganze Jammer erst recht hoch . «
Ich verkniff mir die Bemerkung, dass ich das Gefühl kannte. Kim hatte seinen Wagen im selben Parkhaus abgestellt wie ich, also gingen wir zusammen hin und unterhielten uns unterwegs über unsere jeweiligen Pläne für den Abend. Auf halber Strecke kam uns Eila Honkavuori entgegen. Ich spürte, wie Kim sich verkrampfte. Offenbar wusste er, dass Eila und Petri eng befreundet gewesen waren, doch sie grüßte nur mich. Allerdings musterte sie Kim neugierig, wie jeder, der Sinn für männliche Schönheit hatte.
»Weißt du etwas über Petris Beerdigung? «, fragte er, als wir zum Parkdeck hinaufgingen.
»Die Leiche ist freigegeben. Soweit ich weiß, soll das Begräbnis nächsten Samstag stattfinden . «
Das wäre eine passende Frist für die Aufklärung des Falles. Wenn das DNA-Ergebnis Seppälä eindeutig als Täter identifizierte, fehlte nur noch sein Geständnis.
»Vielleicht halte ich ganz allein eine Gedenkfeier für Petri«, meinte Kim und verabschiedete sich. Mitten auf der Pohjantie torkelten ein paar Jugendliche mit Tüten voller Bierflaschen. Der vor mir fahrende Saab konnte nur durch Vollbremsung einen Unfall vermeiden. Das wütende Hupen des Fahrers wurde mit hochgerecktem Mittelfinger quittiert. Man konnte bloß hoffen, dass die betrunkenen Kids im Schneeregen nicht erfrieren würden.
Zu der Party wurden etwa dreißig Gäste erwartet, Erwachsene und Kinder, von denen ich nur einige kannte. Ich steckte einen Button mit der Aufschrift ˃Anarchy in the UK˂, der noch aus meiner Schulzeit stammte, neben die Lyra an meiner Studentenmütze und zwängte mich in meinen alten Minilederrock. Laine vom Begeka hatte Bereitschaftsdienst, ich konnte mein Handy zu Hause lassen und die Arbeit endlich einmal vergessen. Ich mischte mir einen steifen Drink aus Ouzo und Wasser. Iida trug ihr neues Blümchenkleid und bunte Haarspangen in den dunklen Locken.
Wir hatten vorgehabt, mit dem Rad zu den Jensens zu fahren, aber Lauri rief an und sagte, er werde uns mit dem Auto abholen.
»Wenn ihr kein Taxi für den Rückweg bekommt, bleibt ihr eben über Nacht«, meinte er fröhlich. Wir beschlossen, das Risiko auf uns zu nehmen und die Zahnbürsten zu Hause zu lassen.
»Ich frag dich jetzt, und dann rede ich den ganzen Abend nicht mehr davon, das verspreche ich dir«, sagte Lauri kurz vor dem Ziel. »Gibt es etwas Neues über Petri? «
Ich erklärte, der Täter stehe mit achtzigprozentiger Sicherheit fest. Lauri wusste zu berichten, dass Petris Mutter Tommi gebeten hatte, einer der Sargträger zu sein und die anderen auszuwählen. Auch Lauri würde den Sarg tragen. Petris Vater hatte sich also doch erweichen lassen.
Die vier Kinder der Jensens hatten die Veranda mit Luftballons und Girlanden geschmückt, die im Schneeregen ein wenig deplatziert wirkten.
Die Veranda war zur Raucherecke erklärt worden, und Antti warnte mich vor, ich würde die Nacht vermutlich mit einem nach Zigarren riechenden Mann verbringen. Er rauchte sehr selten, aber Kirsti Jensen mit ihrer Vorliebe für Luxuszigarren hatte ihn auf den Geschmack gebracht.
Für die Kinder war Lauris und Jukkas
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