Wie man sie zum Schweigen bringt
«
»Unsere Mutti kann selber fahren«, protestierte Tony. Da kam Suvi mit Diana zurück. Sie setzte das Mädchen auf den Beifahrersitz und sagte: »Wir wollen jetzt allein sein. Du kannst gehen . «
Ich stieg aus, ungewiss, ob ich richtig handelte. Als Suvi sich ans Steuer setzen wollte, hielt ich sie zurück.
»Dir ist sicher klar, dass wir spätestens in ein paar Tagen mit dir sprechen müssen. Wenn dir inzwischen etwas einfällt, ruf mich an. Hier, meine Karte, falls du die andere verlegt hast . « Ich sah ihr in die hellblauen Augen, die ohne den Kajalrand schutzlos wirkten. »Es ist mir wirklich nicht egal, was aus euch wird. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du mit jemandem reden willst . «
Sie murmelte etwas, dann brauste sie davon. Ich rief ein Taxi und fuhr zur Arbeit.
Die Kriminaltechniker hatten bereits einen Teil der Fotos entwickelt, und Puustjärvi war dabei, sie für die Besprechung im Konferenzzimmer aufzuhängen. Er schien nicht begeistert von der Aussicht, an der Obduktion teilnehmen zu müssen. Taskinen kam herein, ließ sich von mir Bericht erstatten und seufzte schwer, als ich fertig war.
»Geht es um eine Auseinandersetzung innerhalb der Unterwelt, oder gibt es eine Verbindung zu dem Mord an Petri Ilveskivi? «, fragte er.
»Wenn ich das wüsste! Das Begeka soll sämtliche Komplizen und Knastkumpel von Seppälä unter die Lupe nehmen. Wenn wir Glück haben, stoßen wir dabei auf Verdächtige. Die Leiche hat wahrscheinlich fast zwei Wochen auf der Müllkippe gelegen. Seit dem Abend, an dem Ilveskivi getötet wurde, ist Seppälä nicht mehr gesehen worden. Wir werden seine Frau noch einmal vernehmen, wenn sie den ersten Schock überwunden hat. Außerdem brauchen wir Seppäläs Verbindungsdaten, denn nach Auskunft seiner Frau hat er immer wieder versucht, jemanden anzurufen, nachdem er blutüberströmt nach Hause gekommen war . « Bevor die Besprechung begann, hatten wir bereits einiges an Informationen zusammengetragen. Die Streifenbeamten und die als Verstärkung angeforderten Soldaten suchten weiterhin die Mülldeponie ab, meine eigenen Mitarbeiter hatten inzwischen abgeklärt, wie der Abfall angeliefert wurde und wer in diesem Zusammenhang vernommen werden musste. Die Polizei der Nachbarstadt Vantaa hatte Amtshilfe zugesagt, bei einer gemeinsamen Befehlsausgabe am nächsten Tag sollten die Aufgaben verteilt werden. Da nicht auszuschließen war, dass die Leiche mit einer normalen Müllfuhre auf der Halde gelandet war, mussten die Müllwerker nach ungewöhnlich schweren Säcken befragt werden. Jeder, der sich seit dem Abend von Ilveskivis Tod in das Benutzerregister eingetragen hatte, musste überprüft werden. Bisher hatte Mela auf der Liste noch keinen Namen gefunden, der mit Seppälä oder Ilveskivi in Verbindung gebracht werden konnte.
Die restliche Zeit bis zur Besprechung verbrachte ich hauptsächlich am Telefon und am Computer. Koivu und Wang meldeten sich von der Mülldeponie zurück. Beide verströmten einen ekelhaften Geruch.
»Ich habe eine saubere Bluse in meinem Zimmer, ich kann mich wohl vor der Besprechung noch schnell umziehen, oder? Das ist für alle von Vorteil«, meinte Wang, und ich stimmte zu. Ich erwartete Puustjärvis vorläufigen Bericht über die Obduktion.
Als Wang zurückkam, begannen wir, die bisherigen Erkenntnisse zusammenzutragen. Die Mülldeponie war werktags von sieben Uhr morgens bis neun Uhr abends geöffnet, und jeder Besucher musste sich am Kontrollpunkt melden, sich ins Benutzerregister eintragen und angeben, welche Art von Abfall er deponieren wollte. Tagsüber kamen hauptsächlich die Wagen der Müllabfuhr, abends vor allem private Benutzer. Im Prinzip war es möglich, dass die Leiche mit dem normalen Hausmüll abgeladen worden war, doch eigentlich hätte den Müllarbeitern ein überschwerer Container auffallen müssen. Andererseits hätte ein privater Benutzer kaum unbemerkt einen schweren Müllsack über das Gelände tragen können.
»Außerhalb der Öffnungszeiten patrouilliert auf der Deponie ein Wächter«, berichtete Koivu. »An sich ist es möglich, über den Zaun zu klettern, es ist einfacher Maschendraht ohne Alarmanlage oder Stromkabel. Ein kräftiger Mann hätte es vielleicht geschafft, Seppäläs Leiche über den Zaun zu werfen und selbst hinterherzuklettern, aber wer würde das Risiko eingehen, eine Leiche fast einen Kilometer weit über bewachtes Gelände zu schleppen? Der Fundort liegt obendrein ziemlich hoch. Es
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