Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
Lebens herumschlagen .  «
    Ich hatte oft genug mit Menschen zu tun gehabt, die ihre Angehörigen durch ein Gewaltverbrechen verloren hatten, um zu wissen, dass sie in einer Schattenwelt lebten. In der Zeit zwischen dem Tod und der Beerdigung schienen sie das Opfer ins Totenreich zu begleiten und zu erleben, wie es ihnen entglitt. War der Täter bekannt, mussten sie gegen ihre Rachsucht ankämpfen, manche überwanden sie nie. Am schlimmsten war jedoch Ungewissheit, vor allem dann, wenn man Menschen verdächtigen musste, die einem nahe standen.
    Mein Computer, den ich während des Gesprächs nicht abgeschaltet hatte, gab das Signal für eine ankommende E-Mail. Die Nachricht kam aus dem Labor, und ich öffnete sie ungeduldig. Die DNA der Haar und Blutprobe von Seppälä stimmte mit den Proben von Ilveskivis Leiche und von der Zigarettenkippe überein. Am Ärmel von Seppäläs Lederjacke war zudem Blut gefunden worden, das von Petri Ilveskivi stammte.
    Ich brach nicht in Jubel aus und führte auch keinen Freudentanz auf. Stattdessen setzte ich Tommi Laitinen nach. Als ich den Ausgang erreicht hatte, sah ich ihn in ein Taxi steigen. Nun gut, dann musste eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter fürs Erste genügen.
    »Ist dir wieder jemand davongelaufen? «, fragte der Beamte, der die Anzeigen aufnahm und bereits mein Wettrennen mit Jani Väinölä beobachtet hatte.
    »Die Männer schlüpfen mir immer durch die Finger«, gab ich lachend zurück und nahm die Treppe in unsere Etage im Laufschritt. Zum Glück konnte ich mir auf diese Weise ein bisschen Bewegung verschaffen, denn zum Joggen hatte ich seit Tagen keine Zeit gefunden.
    Nun stand endlich fest, wer Ilveskivi getötet hatte. Ein geschickter Verteidiger hätte allerdings Erklärungen für sämtliche Indizien finden können: Seppälä sei zufällig am Tatort vorbeigekommen, habe versucht, Ilveskivi zu helfen, sei dann aber in Panik geraten und weggelaufen. Wie konnte ich Suvi dazu bringen, alles über den Abend zu erzählen, an dem offensichtlich sowohl Ilveskivi als auch ihr Mann gestorben waren?
    Ich rief Koivu auf der Mülldeponie an, hinterließ Tommi Laitinen eine Nachricht und versuchte vergeblich, Taskinen zu erreichen. Als ich mich vor vielen Jahren auf der Polizeischule bewarb, hatte ich mir vorgestellt, die Arbeit sei dynamisch und glamourös und ich könnte anderen Menschen helfen. In Wahrheit bestand mein Alltag aus endlosem Herumsitzen, im Auto, am Telefon oder am Computer. Zwar bekam ich immer wieder neue Menschen zu Gesicht, doch die meisten waren entweder tot oder verdächtig. Unschuldigen konnte ich manchmal helfen, gewiss, aber die wenigsten bedankten sich dafür. Warum war ich nicht lieber Hebamme geworden, dann könnte ich helfen, neues Leben auf die Welt zu bringen, statt hinter dem Tod aufzuräumen.
    Kurz entschlossen machte ich mich auf den Weg zur Müllkippe, um nachzusehen, was sich dort tat. Mela hatte sich im Ausstellungs und Konferenzraum des Bürogebäudes ein Arbeitszimmer eingerichtet und ein Computerprogramm entwickelt, mit dem er eine Kreuzklassifizierung der Müllkippenbenutzer und der Bekannten von Ilveskivi und Seppälä durchführen konnte. Bisher hatten sich keine Übereinstimmungen ergeben, doch er gab nicht auf. Lahde hatte mit dem Müllwerker gesprochen, der am Mittwoch nach Ilveskivis Tod die erste Fuhre angeliefert hatte. Er hatte die Halde zerwühlt vorgefunden und angenommen, in der Nacht seien dort Füchse zugange gewesen.
    Ein Teil des Trupps stocherte noch in der Müllhalde, doch der Schwerpunkt der Suche war auf die westliche Zufahrt verlegt worden. Vor einer halben Stunde hatte der Hund am Rand der Mülldeponie eine Spur aufgenommen, sie jedoch wieder verloren, als er auf ein von einem Fuchs gerissenes Kaninchen stieß.
    »Hier ist praktisch nie was los. Die nächsten Häuser sind kilometerweit entfernt, und die Anwohner wissen, dass der Weg an der Deponie endet. Er ist auch als Sackgasse ausgeschildert. Der Täter konnte sich darauf verlassen, ungestört zu sein«, erklärte Koivu. »Ein paar Kollegen aus Vantaa befragen die Anrainer, aber wer erinnert sich noch an Ereignisse, die zwei Wochen zurückliegen? Wenn es überhaupt zwei Wochen sind. Genau können wir das schließlich nicht wissen .  « Er zuckte frustriert die Schultern. Die Bartstoppeln an seinem Kinn sahen aus wie trockenes, gelbliches Moos. Ich hätte ihm gern darüber gestrichen, um durch die Berührung Kraft zu gewinnen, unterließ es aber, weil

Weitere Kostenlose Bücher