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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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die Streifenpolizisten aus der Nachbarstadt dabeistanden. Stattdessen zog ich den Plastikschutz über die Schuhe.
    »Wann ist der Hund wieder einsatzfähig? «, fragte ich den Hundeführer, der sich gerade aus einer Thermoskanne Kaffee eingoss.
    »Bald, aber man darf ihn nicht überfordern. Wie lange sollen wir noch weitermachen? Die Stunden gehen ins Geld. Steht denn fest, dass der Mann hier an der Straße getötet wurde? «
    »Nein, aber wir machen trotzdem weiter«, bestimmte ich, wobei ich mir vorkam wie ein General, der den letzten Befehl vor dem Rückzug erteilt. Ich bildete mir keineswegs ein, einen Krieg gegen die Gewalt zu führen, vom Kriegführen verstand ich nicht viel, und es lag mir auch nichts daran. Mein Großvater war für sein Land gestorben, obwohl er nie danach gestrebt hatte, ein Held zu sein. Ich versuchte lieber zu leben, ohne allzu genau darüber nachzudenken, wofür. Meine Grübeleien endeten ohnehin meist in einer Sackgasse.
    Im Wald leuchteten die ersten Taschenlampen auf, der Himmel war dunkler geworden, eine dunkelgraue Regenwolke schob sich langsam näher. Ich überlegte, wie oft es seit Seppäläs Verschwinden geregnet hatte. Zu oft. Nach Reifenabdrücken zu suchen war sinnlos, und das Blut, so viel es auch gewesen sein musste, war zumindest teilweise weggespült worden.
    Die Lichtkegel zogen sich zusammen, bis sie einen Kreis bildeten. Aus dem Wald drangen aufgeregte Stimmen: »Hier liegt ein Motorrad! Koivu, sieh dir das an! «
    Wir brachen uns gleichzeitig einen Weg durch das Gebüsch, Wang folgte uns. Das Motorrad lag zwanzig Meter vom Weg unter überjährigem Langholz versteckt, etwa fünfhundert Meter vom Tor der Mülldeponie entfernt. Als Erstes überprüfte ich das Nummernschild. AV 623. Ich brauchte meine Notizen nicht zurate zu ziehen, die Nummer hatte ich im Kopf. Es war das Kennzeichen von Marko Seppäläs Motorrad.
    »Gut! Macht in diesem Sektor weiter. Wenn wir Schwein haben, finden wir auch die Tatwaffe .  «
    Wir hatten kein Glück, denn es begann heftig zu regnen, und als mich ein fingernagelgroßes Hagelkorn am Kopf traf, hielt ich es für geraten, die Suchaktion zu unterbrechen. Das Motorrad wurde in Plastik gewickelt und in den Kleintransporter der Spurensicherung gehievt, der auf der schmalen Straße kaum wenden konnte.
    »Derjenige, der das Ding in den Wald geschleppt hat, muss ziemlich kräftig sein. Fahren konnte er es auf dem unebenen Gelände jedenfalls nicht«, meinte Koivu, als wir in meinem Wagen Zuflucht vor dem Regen gesucht hatten. »Ob Puupponen und Puustjärvi inzwischen Jarkola ausfindig gemacht haben? Der wäre stark genug, das Motorrad in den Wald zu schleppen, und dumm genug, die Leiche auf der Müllhalde zu deponieren.
    Warum hat er sie nicht einfach im Wald liegen gelassen? Hier kommt doch keiner her .  «
    »Darüber können wir morgen reden. Für heute machen wir Schluss, wir haben schon wieder zehn Stunden geschuftet. Besprechung zur üblichen Zeit. Braucht jemand eine Fahrgelegenheit? «
    Da niemand mitgenommen werden wollte, fuhr ich geradewegs nach Hause. Der Regen zwang mich, das Tempo zu drosseln, er verwischte die Konturen und dämpfte die Farben. In dieser Beleuchtung wirkte das Zentrum von Espoo geradezu einladend. Plötzlich wechselte ein klappriger Kleintransporter auf die linke Spur und setzte zum Überholen an. Ich ging vom Gas, um ihn vorbeizulassen, aber er blieb auf gleicher Höhe.
    Ich warf einen Blick auf die verspiegelten Fenster und rechnete damit, einen Gewehrlauf oder eine abgesägte Schrotflinte zu sehen. Sekundenlang glaubte ich, der Fahrer wolle mich von der Straße abdrängen. Ich verringerte die Geschwindigkeit noch mehr, bis hinter mir ein Lkw aufschloss. Der Kleintransporter beschleunigte und verschwand, doch auf dem Rest des Weges murmelte ich sein Kennzeichen vor mich hin, und vor unserem Haus schrieb ich es auf. Wahrscheinlich war die Sache ganz harmlos gewesen, redete ich mir ein, vielleicht hatte der Fahrer mitten im Überholvorgang gemeint, sein Handy benutzen zu müssen. Jemand wie Drogenboss Salo würde bestimmt keinen derartigen Amateur auf mich ansetzen.
    Den Rest des Abends verbrachte ich damit, die Kleider auszusortieren, aus denen Iida herausgewachsen war. Meine Schwiegermutter war schon gegangen, Iida wühlte im Kleiderhaufen und erklärte, sie sei ein Igel, der aus dem Winterschlaf erwacht. Ich ging in den Keller, um nachzusehen, ob sich unter den alten Sachen der Kinder meiner Schwestern

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