Wie Sand in meinen Händen
ihm, genauso stark wie damals. Der Klang von Honors Stimme, die von der Küche zu ihnen herüberdrang, brachte sein Blut in Wallung. Er musste sich zusammenreißen, um nicht zu ihr zu gehen, nur um ihr nahe zu sein.
»Erzähl mir von der weißen Katze«, bat Regis, und es schien, als bemühte sie sich um ein unverfängliches Thema.
»Nun, sie kam häufig in meine Zelle, und ich habe sie gefüttert.«
»Und sie hat dich an Sisela erinnert?«
»Ja. Sehr sogar. Manchmal hockte sie auf dem Tisch, und wenn nur im Gang des Zellenblocks Licht brannte, konnte ich mir einbilden, es sei tatsächlich Sisela, die über das Meer zu mir gekommen war, mit einer Nachricht von dir, deinen Schwestern und deiner Mutter.«
»Ich bin froh, dass du sie hattest«, flüsterte Regis.
»Ich auch. Und ich war noch glücklicher, als ich die echte Sisela wiedersah. Ich war nicht sicher, ob sie bei meiner Rückkehr noch am Leben sein würde.«
»Wir haben alle auf dich gewartet. Und jetzt bist du bei uns. Wir sind wieder eine Familie.«
John lächelte, hätte ihr gerne zugestimmt. Aber er konnte nicht vergessen, wie Honor ihn angesehen hatte, als sie ihn an der Tür begrüßte, wie sie gezögert hatte, bevor sie die Blumen entgegennahm, bevor sie ihn ins Haus bat. An jenem verhängnisvollen Tag in Ballincastle hatte er etwas zerstört – etwas, das unverbrüchlicher und beständiger war als der Felsen, den er am Strand zertrümmert hatte.
Ungeachtet dessen, was Regis in ihrer jugendlichen Unerfahrenheit wünschen oder hoffen mochte, John wusste, dass noch ein langer Weg vor ihnen lag, bevor die Familie wirklich wieder zusammen war. Doch in diesem Moment trat Cece aus der Küche und winkte; das Essen war fertig, und er ging mit Regis hinein.
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18. Kapitel
E s war das erste Mal seit sechs Jahren, dass sie alle gemeinsam an einem Tisch saßen. Honor hatte an einem Ende Platz genommen, John am anderen. Ihre Blicke trafen sich; Honor versuchte wegzuschauen, doch sie war wie gebannt. Cece sprach das Dankgebet, und sie begannen, die Speisen herumzureichen. Sobald sich alle aufgetan hatten, erhob Regis ihr Glas.
»Auf deine Heimkehr, Dad.«
»Auf deine Heimkehr«, stimmten alle ein.
»Ich wünschte, Peter wäre schon hier«, sagte Regis munter. »Endlich lernt er dich kennen, Dad, und sieht euch zusammen, das wunderbarste Paar der Welt – meine Eltern!«
Honor zuckte zusammen. Regis ging zu weit, aber das war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihr die Leviten zu lesen. Nichts sollte die Stimmung an diesem Abend trüben, dem die Mädchen so entgegengefiebert hatten. Ihre eigenen Gefühle waren gemischt; sie war aufgewühlt und benommen, und John auf seinem Platz am Tisch zu sehen machte es nur noch schlimmer.
»Ich freue mich, ihn kennenzulernen«, sagte John, den Blick unverwandt auf Honor gerichtet.
»Ich bin froh, dass er euch zusammen sieht. Dann kann er sich ein Bild davon machen, wie es sein wird, wenn wir erst verheiratet sind … genauso wie bei euch beiden. So wie ihr wart, bevor …«
»Sag mir eines«, unterbrach John das unbehagliche Schweigen, das eingetreten war. »Was macht dich so sicher, dass Peter der Richtige ist? Wie habt ihr euch kennen und lieben gelernt?«
»Er ist aus Hubbard’s Point«, warf Cece ein.
»Ist das nicht romantisch?«, fragte Regis. »Genau wie bei Mom und dir, nur anders herum – ein Junge von Hubbard’s Point und ein Mädchen von Star of the Sea.«
»Aber wo seid ihr euch das erste Mal begegnet?«, hakte John nach. »Und woher
weißt
du, dass er der Richtige ist?«
»Wir haben uns im Paradise kennengelernt. Letztes Jahr, als ich dort gearbeitet habe. Er kam öfter mit seinen Freunden zum Eisessen vorbei, nach dem Segelkurs in Hawthorne. Einmal hatte ich schlechte Laune, weil ich zwei Schichten hintereinander machen musste, und er meinte, ich solle doch lächeln …«
»Er
sagte
, wenn du weiterhin so ein verdrießliches Gesicht machst, würde das Eis noch sauer«, berichtigte Agnes sie ruhig.
»Ich wusste, dir kann man nichts erzählen. Das war doch nur ein Scherz.«
»Aha, scheint ja ein echter Komiker zu sein.« John sah Honor an. Am liebsten hätte sie mit den Augen gerollt, um ihm zu zeigen, was sie von Peter hielt, unterließ es aber, weil sie fürchtete, Regis könne es mitbekommen.
Im Moment traute sie ihrem Urteil nicht, was Gefühle betraf, die mit der Liebe zusammenhingen – seien es Regis’ oder ihre eigenen.
»Typisch Peter, das musst du zugeben«, sagte
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