Wie Sand in meinen Händen
sei. Danach hatte Regis sich a) gewünscht, sie hätte den Mund gehalten, und b) das Bedürfnis verspürt, ihn am liebsten zu ohrfeigen.
Im Moment lief einfach alles schief. Ihr Magen tat weh, und sie hätte wetten mögen, dass sie mit zwanzig der jüngste Mensch war, der unter Magengeschwüren und entzündeten Fußballen litt; dazu hatte sie noch brennende Schmerzen im Brustkorb, wie Herzstechen. Sie verlagerte ihr Gewicht, in der Hoffnung, der Schmerz würde vergehen, aber er hielt unvermindert an. Zum Glück war es bereits Viertel vor acht, und um acht konnte sie Feierabend machen.
Die Schlange wurde rasch kleiner, Familien, Pärchen, Touristen und Strandbesucher wurden von Regis und ihren Kolleginnen zügig bedient. Eine Girlande aus bunten Laternen, die ihr Licht auf die Bäume warfen, schaukelte in der leichten Brise. Regis entdeckte Peter und seine Clique aus Hubbard’s Point. An den alten Firebird von Matt Donovans Vater gelehnt, warteten sie auf das Ende ihrer Schicht. Kris und Josh waren da, und Angela und Mick, aber keine Spur von Hayley oder Jimmy, und, wie Regis
hocherfreut
feststellte, keine Alicia weit und breit.
Sie winkte, bevor sie die nächste Bestellung entgegennahm, zwei Eisbecher mit Karamellsoße, einmal mit einer zusätzlichen Portion Schlagsahne, einmal ohne Nüsse, und Peter hob lässig die Hand. Er wirkte ausgesprochen
cool
und rang sich nur selten ein Lächeln ab, doch sein Blick folgte ihr auf Schritt und Tritt. Er wahrte stets eine gewisse innere
Distanz
– war zurückhaltend und reserviert, wenngleich äußerlich voll präsent. Diesen Wesenszug hatte sie immer an ihm geschätzt und ungeheuer anziehend gefunden. Warum störte er sie heute Abend?
Als sie ihn auf der anderen Seite des Parkplatzes im Kreis seiner Freunde stehen sah, wäre es ihr beinahe lieber gewesen, sie hätte bis elf arbeiten müssen. Es gab keinen ersichtlichen Grund für das Unbehagen, das sich ihrer bemächtigt hatte, nicht den geringsten. Ganz im Gegenteil, sie war reif für den Feierabend; jede Minute war wie ein Hammerschlag gegen ihre Wirbelsäule. Doch am Ende der Schicht würde Peter erwarten, dass sie zu ihm ins Auto stieg, und verwundert stellte sie fest, dass sie dazu nicht in der Stimmung war.
Genau um drei Minuten vor acht kam ein Auto in Hörweite, das dringend einen neuen Auspuff brauchte und jedermanns Aufmerksamkeit auf sich zog. Regis bemerkte, dass Peter als Erster den Kopf wandte, bevor sich seine Freunde neugierig umdrehten. Sie lachten, und Regis empfand Mitleid mit dem armen Tropf, der das Pech hatte, am Steuer dieser alten Schrottkiste erwischt zu werden. Doch als der Wagen in Sicht kam, hätte sie Peter und seinen Freunden am liebsten zugerufen, es sich zweimal zu überlegen, bevor sie jemanden nach solchen Äußerlichkeiten beurteilten.
Brendan und sein bunt bemalter, vorsintflutlicher Volvo hielten direkt vor dem Paradise. Brendan und Cece stiegen als Erste aus, gefolgt von Agnes – Brendan hielt ihr die Tür auf und achtete darauf, dass sie nicht mit dem Kopf gegen den Türrahmen stieß. Als Peter Agnes erkannte, hielt er die anderen zurück – aber Regis sah, dass Matt im Begriff gewesen war, Brendan zu verspotten.
»Kommen wir noch rechtzeitig?«, fragte Cece und stützte sich mit verschränkten Armen auf den Tresen.
»Für euch habe ich immer Zeit«, beteuerte Regis.
»Du musst aber nicht«, sagte Agnes. »Eigentlich wollten wir früher da sein, aber dann mussten wir anhalten und diesen drei wundervollen Schwalben zuschauen, die über Joshuatown Cove eine sensationelle Acht flogen und …«
»Vor allem wollten wir dich fragen, ob du Lust hast, heute Abend etwas mit uns zu unternehmen«, meinte Brendan.
»Wir wussten ja nicht, dass Peter dich abholt.« Agnes lächelte Peter höflich zu und winkte. »Mit ihm können wir natürlich nicht konkurrieren …«
»Hmmm.« Regis schlug ihren Bestellblock auf. Vielleicht konnten sie alle zusammen etwas unternehmen. Sie würde Peter gleich fragen. »Also, was darf es denn sein?«
»Regis, Feierabend!«, rief Angela Morelli, ein Mädchen aus der Hubbard’s-Point-Clique bei Peter, als die Glocke der Kapelle von Star of the Sea, die hell und klar von der anderen Seite der Marsch herüberdrang, acht Uhr schlug.
»Gleich!«, rief Regis.
»Buuuh!«, schrien Mick und Angela, die es eilig hatten, endlich loszufahren.
Agnes, Cece und Brendan bestellten alle drei Schokoladeneis in der Waffel, und Regis reichte ihnen extragroße
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