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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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noch die Augen verdrehen oder die Stirn runzeln. Es war deutlich zu erkennen – an ihrer ganzen Art, den gekrümmten Schultern, an der Aura, die sie umgab. Agnes fand es seltsam, mit einem jungen Mann vorne zu sitzen, während sich ihre beiden Schwestern den Rücksitz teilten. Normalerweise war der Beifahrersitz Regis vorbehalten, wenn sie mit Peter oder einem seiner Vorgänger unterwegs gewesen waren, Cece und sie hatten dann auf der Rückbank gesessen. Doch Regis war wortlos hinten eingestiegen, und erst als sie die Shore Road erreichten, begann Agnes, sich zu entspannen und die Sitzordnung ganz natürlich zu finden.
    Vor allem, weil Brendan Späße machte und so nett war, Cece die Musik auswählen zu lassen, ein Genuss, in den sie bei ihren Schwestern selten kam. Cece nutzte die Situation schamlos aus und bat ihn jedes Mal, den Sender zu wechseln, wenn ihr ein Lied nicht gefiel, aber Brendan grinste nur und schien sich nicht im Geringsten zu ärgern.
    »Bist du sicher, dass es kein Problem gibt, wenn wir ebenfalls im Strandkino auftauchen?«, fragte Brendan mit einem raschen Blick in den Rückspiegel.
    »Absolut sicher«, erwiderte Regis mit einem knurrenden Unterton in der Stimme, aus dem Agnes schließen konnte, dass es alles andere als sicher war.
    Sie ratterten die Route 156 entlang; Brendan hatte erwähnt, dass er unbedingt einen neuen Auspuff benötigte, aber kein Geld dafür übrig hatte und das Auto eben so lange fahren musste, bis es auseinanderfiel. Er hatte eine völlig andere Einstellung als Peter, der einfach seine Eltern gebeten hätte, ihm ein neues Auto zu kaufen. Als sie unter dem Eisenbahnviadukt hindurchfuhren und nach Hubbard’s Point gelangten, beugte sich Regis vor, um den Wachmann zu begrüßen, der sie kannte.
    »Schöne Gegend«, meinte Brendan, als sie die von Bäumen beschattete Straße entlangfuhren. »Hier war ich noch nie.«
    »Wie wäre es, wenn wir ihm das Cottage zeigen, in dem Mom früher gewohnt hat?«, schlug Cece vor.
    »Gute Idee«, sagte Agnes. »Ich kann mir aber nie den Weg merken. Du, Regis?«
    »Ich schon. Wir nehmen die längere Strecke, dann siehst du etwas von der Gegend. Fahr geradeaus … da ist der Friedhof, und das da ist Foley’s Store, wo sich die Jugendlichen hier gegenseitig Nachrichten hinterlassen … beim Stoppschild biegst du links ab … und gleich wieder links, hinter den Tennisplätzen entlang …«
    Auf der Hälfte des Weges zum Point bat Agnes Brendan darum, anzuhalten.
    Sie fuhren an den Straßenrand und beugten sich aus den Fenstern und blickten den Hügel hinauf. Da war es, das Cottage, in dem Honor aufgewachsen war: verwittert, in die Felsbank geschmiegt und von Kiefern gesäumt.
    »Von hier sieht man es nicht, aber von dort oben hat man einen herrlichen Blick auf das Meer«, meinte Agnes.
    »Unsere Mutter saß oft auf der Veranda und hielt nach unserem Vater Ausschau. Er kam zu Fuß durch den Wald oder mit dem Dingi durch den Sund … irgendwie gelangte er immer hierher, und sie erwartete ihn.«
    »Erinnert ihr euch an die Nachbarskinder, von denen sie uns erzählt hat? Die immer aufs Dach geklettert sind? Der Junge wurde später Astronaut …«
    »Zeb«, meinte Regis. »Und Rumer. Sie ist Siselas Tierärztin.«
    »Wirklich?«, fragte Cece.
    »Ja«, erwiderte Agnes. »Mom beobachtete oft, wie die beiden auf den Dachfirst stiegen, um von dort oben die Sterne zu betrachten. Einmal beschloss sie, das Gleiche zu tun – mit dem Unterschied, dass sie nach Dad statt nach den Sternen Ausschau hielt. Ihr wisst ja, was dann passiert ist …«
    »Sie ist runtergefallen und hat sich das Schlüsselbein gebrochen«, antwortete Cece.
    »Seither rastet sie aus, wenn jemand in schwindelnder Höhe herumturnt«, erklärte Regis. »Als Dad beispielsweise öfter auf die Klippen am Devil’s Hole geklettert ist, war sie jedes Mal völlig außer sich, weil sie befürchtete, er könnte abstürzen.«
    Agnes spürte, wie Brendan nach ihrer Hand tastete. Dachte er daran, wie schlimm sie ausgesehen hatte, als sie nach dem Aufprall auf den Felsen in die Notaufnahme gebracht wurde? Und an die Reaktion ihrer Mutter, die schrecklich gewesen sein musste, auch wenn Agnes sich nicht mehr genau daran erinnern konnte?
    »Wenn ihr das wisst, warum lasst ihr beide euch dann dauernd auf so halsbrecherische Abenteuer ein, bei denen man im Krankenhaus landet?«, meinte Cece.
    »Weil sie uns das Gefühl geben, lebendig zu sein«, antwortete Regis.
    Agnes war baff. Regis hatte

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