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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Honor hatten sich getrennt – egal, ob sie es nun so nannten oder nicht. Das Leben hat sich verändert, dachte Bernie zum zweiten Mal an diesem Morgen. Doch wenn sie Tom Kelly betrachtete, wurde ihr bewusst, dass auch vieles gleich geblieben war …
    »Woran denkst du?«, fragte er.
    »An die Reparaturen, die erforderlich sind, wie du mir sicher gleich eröffnen wirst, und wie viel das alles kostet.«
    »Quatsch, das kannst du mir nicht erzählen. Na komm, sag schon.«
    »Ich habe gerade an die Festlichkeiten gedacht, die hier früher am vierten Juli stattfanden.«
    »Ach ja. Wir mussten alle die Erde des Landes küssen, das uns solchen Wohlstand beschert hat.«
    »Es war sehr großzügig von deiner Familie, so viele Leute zu bewirten. John und ich fanden es herrlich, den Tag am Meer zu verbringen. Wie alle Kinder und Jugendlichen. Wir hatten das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein, weil wir Gäste auf einem so hochherrschaftlichen Anwesen sein durften.«
    Er grinste. »Gäste einer Familie, die immerzu nach Höherem strebte. Meine Familie legte Wert darauf, die Angehörigen der WASP -Elite in den Schatten zu stellen. Sie wollten uns nicht in den Country-Club aufnehmen, also gründeten wir einen, der weit besser war. Star of the Sea war schöner als Miss Porter’s, worauf hinzuweisen mein Vater nie müde wurde – obwohl er Anne zu den höheren Töchtern ins Miss Porter’s schickte. 1847 vertrieb die Hungersnot unsere Familie aus Irland, und sie blickte kein einziges Mal zurück.«
    Bernie hörte die Bitterkeit in seiner Stimme. »Stimmt nicht«, sagte sie. »Nachdem John und du das Versteck in der Steinmauer gefunden hattet, habt ihr beide zurückgeblickt.«
    »Stimmt, Bernie, das kann man wohl sagen.«
    Sie erinnerte sich, wie aufgeregt sie waren, als sie die kleine Steinschatulle entdeckt hatten – die Zeitkapsel, wie Honor sie nannte. Der Fund hatte alles ins Rollen gebracht, war der Auslöser für die Irland-Reise gewesen, die alle vier unternommen hatten, jeweils zu zweit und zu unterschiedlichen Zeiten.
    »Charlotte Rose Whitney hat mich heute so seltsam angeschaut«, sagte er.
    »Schwester Ursula.«
    »Sie war mit Annie befreundet, verbrachte die Wochenenden oft bei uns. Ich fuhr freitagabends nach Farmington, um die beiden abzuholen. Hätte nie von ihr gedacht, dass sie eines Tages Nonne wird.«
    Bernies Magen verkrampfte sich. Sie wusste, was als Nächstes kam.
    »Von dir auch nicht.«
    »Jetzt reicht’s, ja?« Sie gingen am Rand der weitläufigen Grünflächen entlang, unter dem Blätterdach der hohen Ahornbäume, die den Weg säumten. Regen tropfte herab, und ihre schwarzen Schuhe waren patschnass.
    »Anne hat Charlotte Rose vermutlich das eine oder andere über uns erzählt.«
    »Nichts Wichtiges.« Bernies Herz klopfte. »Weil sie keine Ahnung hatte. Oder doch?« Sie schaute Tom an, der langsam den Kopf schüttelte. »Warum sagst du dann solche Dinge?«
    »Weil sie mir ständig durch den Kopf gehen.« Eine Weile ging er schweigend neben ihr her, allem Anschein nach wütend. »Glaubst du an die Vorsehung, Schwester Bernadette Ignatius? An das Schicksal?«, fragte er mit einem Mal.
    »Soll das jetzt eine theologische Diskussion werden?«
    »Ich sage dir etwas.« Seine Augen funkelten. »Ich glaube an die Liebe. Ich glaube daran, dass alles so kommen wird, wie es uns vom Schicksal bestimmt ist. Irgendwann, auch wenn es noch so lange dauert.«
    »Sechs Jahre«, erwiderte sie beherrscht. Um die Verärgerung zu verbergen, die sie in zunehmendem Maß verspürte, tat sie so, als ginge es um John und Honor. »So lange war John weg. So lange hat Honor gewartet, und es war nicht leicht.«
    »Wo steht geschrieben, dass Liebe leicht ist?«
    »John hat nie begriffen, wo seine Grenzen sind.« Bernie versteckte ihre Hände in den Ärmeln ihres Habits, denn Tom sollte nicht bemerken, dass sie zitterten. »Es ist eine Sache, fliegen zu lernen – um mit dem eigenen Flugzeug in Alaska mitten im Busch zu landen, oder sich auf brüchiges Eis zu wagen, um optimale Aufnahmen zu erhalten, oder nach Irland zu reisen, um die Geschichte unserer Familie auszugraben – und dabei gleichzeitig sensationelle Skulpturen zu schaffen. Aber Regis in Gefahr zu bringen … das ist der Punkt, der Honor um den Verstand gebracht hat.«
    »Er befürchtet, dass sie sich von ihm scheiden lassen will.«
    »Hast du Kontakt zu ihm seit seiner Entlassung?«
    »Bernie!« Seine Stimme klang geduldig, doch seine Augen wirkten dennoch

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