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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Hügel hinab und durch das Stechginsterdickicht, das auf der Böschung wuchs.
    Das Cottage war hoch oben am Strand errichtet worden, so hoch wie möglich über der Gezeitenlinie. Früher hatten die Kellys dort im Sommer Strandpartys veranstaltet oder sich für Tanzabende umgezogen. Bei Flut mit normalem Wasserstand überspülten die Wellen den Sandstrand und kamen bis auf fünfundzwanzig Meter an das Haus heran. Wenn im Sommer Unwetter hereinbrachen, was keine Seltenheit war, waren die stärksten Wellen nicht mehr als fünfzehn Meter von der Treppe entfernt. Hurrikane und Winterstürme standen auf einem anderen Blatt: Sie hatten dem kleinen Cottage zugesetzt, das Fundament ausgehöhlt und Risse im Mauerwerk hinterlassen.
    Honor entdeckte John am Strand, genau hinter dem Haus. Die Beine gespreizt, rückte er mit einem Vorschlaghammer einem Felsen zuleibe. Sie begann zu laufen, der Sand unter ihren Füßen gab nach. Als sie zu der Stelle kam, an der er Agnes wiederbelebt hatte, raste ihr Herz – sie sah wieder den Abdruck ihres Körpers, die dunklen Blutflecken im Sand vor sich.
    »Was tust du da?«, schrie sie.
    Er hörte sie nicht, sondern hämmerte mit voller Wucht auf den Findling ein.
    »John!«
    Er hielt inne, sah zu ihr herüber. Überrascht ließ er den Vorschlaghammer fallen, wischte sich die Hände an den Jeans ab. Sein Körper war schweißgebadet, und sein Gesicht war mit kleinen Schnittwunden von den herumfliegenden Steinsplittern übersät.
    »Großer Gott«, hauchte sie. »Hört das denn niemals auf.«
    Dann holte sie tief Luft. »Sie ist wieder daheim. Ich wollte dir nur Bescheid sagen. Agnes ist aus dem Krankenhaus entlassen worden.«
    »Ich weiß.« Er holte Atem. »Ich war vorhin drüben, aber sie schlief auf der Glasveranda.«
    »Warum bist du nicht hereingekommen? Sie hätte sich gefreut.«
    »Ich mich auch. Ich hätte die Mädchen gerne gesehen. Und dich. Ich habe euch so vermisst.« Er sah sie an, aber sie musste ihre Augen abwenden. Sie hatte versucht, seinen durchdringenden Blick in dem Bild einzufangen, das sie von ihm gemalt hatte. Nun war sie ihm ausgesetzt.
    »Ich bin nicht hineingegangen, weil ich sie nicht stören wollte«, fuhr John fort. »Ich hätte geklopft, aber ich habe gesehen, dass du im Atelier warst.«
    Sie nickte stumm. Sie hatte keine Lust, ihm zu erzählen, woran sie gerade arbeitete. Das ging ihn nichts an, gehörte allein
ihr
. »Warum wohnst du hier?«, fragte sie stattdessen.
    »Wäre es dir lieber, wenn ich nach Irland zurückkehre?«
    »Ich meine hier, in diesem Haus am Strand. Bernie würde doch gewiss auf dem Campus eine Unterkunft für dich finden. Oder Tom …«
    »Das Cottage ist völlig ausreichend.«
    »Diese verschimmelte Bruchbude? In der man Angst haben muss, dass man bei Nordostwind mitten im Schlaf ins Meer gespült wird?«
    »Hast du Angst um mich, Honor?« In seinen blauen Augen glomm ein düsteres Feuer. »Schon gut, vergiss es. Ich möchte dich nicht in die Enge treiben.«
    »Das tust du aber.« Ihr Herz klopfte. »Ich weiß nicht, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll. Was ich sagen, was ich empfinden soll. Als ich Agnes am Strand liegen sah, musste ich sofort an Regis denken, im Schock und völlig verstört; ich war sicher, dass sie sich nie wieder davon erholen, nie wieder wie früher werden würde …«
    »Ich weiß.«
    »Beim Anblick von Agnes’ Blut im Sand dachte ich sofort wieder an jenen Tag zurück, sah
sein
Blut vor mir.« Honor blickte zu der Stelle hinüber. Wind und Wellen hatten alle Spuren verwischt und sie wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt, doch das Bild verfolgte sie.
    »Ich denke jeden Tag daran«, sagte John.
    »Du hast uns im Stich gelassen.«
    »Im Stich gelassen? Das wollte ich nicht – ich wurde verhaftet.«
    »Du hättest den Sachverhalt schildern und vor Gericht Einspruch erheben können!«, schrie Honor aufgebracht. »Warum hast du dir nicht mehr Mühe gegeben, um deine Freiheit zu kämpfen, wenn dir deine Familie so viel bedeutet? Es war Notwehr, du hast Regis verteidigt! Deine Tochter! Was hättest du denn sonst tun sollen?«
    »Nichts.« Seine Augen funkelten.
    »Warum hast du nicht den Mund aufgemacht? Warum hast du dich nicht gegen die Anschuldigungen zur Wehr gesetzt?«
    »Das verstehst du nicht.«
    »Richtig, John. Und in Irland habe ich es genauso wenig verstanden. Weder bei meinem ersten Besuch im Gefängnis noch in der Zeit danach. Nicht einmal beim letzten Mal. Es will mir einfach nicht in

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