Wie Sie Ihre Ehe retten ohne Ihren Mann umzubringen - Guter Rat in 13 Kapiteln
mich in den Schaukelstuhl und legte Kaarina an meine Brust. Tränen rollten mir über die Wangen und tropften auf ihren Kopf. Ich schniefte. Sie nuckelte. Ich erschrak vor mir selbst. Vor meiner Wut. Vor der Person, zu der ich langsam wurde und die mir zuwider war. Ich kannte mich selbst nicht mehr, war mir völlig fremd.
Am folgenden Tag erschien mir die Nacht wie ein böser Traum. Ich erinnerte mich zwar noch haarklein an alles, was ich getan hatte, doch das war nicht Ich gewesen. Ich, ich war eine ruhige Person. Glücklich. Nett und freundlich. Wohlwollend. Intelligent.
Mein Baby geschüttelt? Ich? Nein, niemals.
Doch mir war klar, dass ich das Mark erzählen musste. Mit zitternder Stimme erklärte ich ihm, dass ich kurz davor gewesen war, dem Baby etwas anzutun. Dass ich Kaarina am liebsten geschüttelt hätte und das möglicherweise sogar getan hatte, ein bisschen vielleicht, bevor ich dann zur Besinnung kam.
Ich solle ihn aufwecken, wann immer ich ihn brauchte, sagte er.
Das versuchte ich danach auch ein paar Mal. Eines Nachts beispielsweise spuckte Kaarina die Milch, die sie mir gerade abgezapft hatte, in hohem Bogen über den Afghan-Teppich und den Schaukelstuhl. Ich konnte sie unmöglich gleichzeitig halten und die ganze Sauerei wegwischen. Mir war kalt, ich war klatschnass und stank nach saurer Muttermilch. Ich versuchte, Mark zu wecken, sagte ihm, ich bräuchte ihn dringend.
» In einer Minute«, brummte er und schlief weiter. Ich zog mich um, stopfte alles in die Waschmaschine und wischte den Schaukelstuhl ab, während ich die ganze Zeit Kaarina auf dem Arm hielt.
Solche oder ähnliche Nächte gab es leider noch öfter. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich es auch anders machen können. Ich hätte öfter um Hilfe bitten können, lauter und nachdrücklicher. Das habe ich aber nicht getan. War ich zu müde dazu? Vielleicht. Oder habe ich mich nicht getraut? Vielleicht. Oder wollte ich die perfekte Mutter sein, die alles alleine schafft? Wahrscheinlich. Oder übte ich bereits für die Scheidung und meine Rolle als alleinerziehende Mutter? Gut möglich.
» Ich brauche deine Hilfe«– diese Worte deutlich zu formulieren, zeugt nicht von Schwäche. Es zeugt vielmehr von Mut und großer Stärke.
Eines Morgens legte ich Kaarina auf eine Decke auf den Boden. Jasmine kauerte sich daneben und schlief. Da ich dem Hund nicht traute, legte ich mich zwischen Hund und Baby.
Plötzlich spürte ich etwas Hartes gegen meine Wange schlagen. Ich schlug die Augen auf. Jasmine war aufgestanden. Meine Wange pochte. Ich starrte sie an.
» Das darf nicht wahr sein? Hast du mich gebissen?«
Ich nahm Kaarina hoch und ging ins Bad. Im Spiegel sah ich die Zahnspuren quer über meinem Jochbein. Die Haut war nicht aufgerissen, aber blutig gequetscht.
Ich sperrte Jasmine in ihren Verschlag und rief Mark an.
» Jasmine hat mich gebissen«, sagte ich völlig fertig. » Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie das Baby beißt. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
» Ich rufe Jim an«, sagte er.
Jim war ein Überlebenskünstler, besaß eine riesige Waffensammlung und drei leicht beißwütige Hunde. Wenig später kam er in seinem Kleintransporter vorbei, lud Jasmine in einen Käfig und fuhr davon. Ich habe sie kein Stück vermisst.
Jeder sollte einen Jim kennen!
Nur fünf Wochen nach der Geburt ging uns langsam das Geld aus. Ich hatte keine andere Wahl, als wieder zu arbeiten. Gleich zu Beginn der Schwangerschaft hatte ich uns bei einer der besten Kindertagesstätten im Ort auf die Warteliste setzen lassen. Doch wie sich herausstellte, war diese für mindestens weitere drei Monate noch ausgebucht. Ohne Eltern oder Verwandte in der Nähe und mit einem Mann, der sieben Tage die Woche von morgens bis abends arbeitete, versuchte ich mich um das Baby herum zu organisieren. Ich arbeitete, während sie schlief, was selten genug war, und wenn, dann meist nicht länger als eine halbe Stunde. Oder ich nutzte die Zeit, wenn sie friedlich in ihrer Wippe oder im Laufstall lag. Und ich arbeitete, während sie an meiner Brust hing oder ich sie auf dem Arm hatte.
Ich arbeitete und hatte Schuldgefühle. Mein Gewissen plagte mich, weil ich meine ganze Aufmerksamkeit auf Kaarina konzentrieren wollte, nicht auf die Computertastatur, weil ich fand, dass sie eine Mutter verdient hatte, die voll und ganz für sie da war und keine, von der sie ewig nur » Psst« zu hören kriegte. Meine geistige Energie war gleich null.
Ich hatte einmal
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