Wie Sie Ihre Ehe retten ohne Ihren Mann umzubringen - Guter Rat in 13 Kapiteln
daheim hatte. Ich war der festen Überzeugung, dass die Betreuerinnen die Beißringe nicht richtig reinigten und auch ihre Hände nicht gründlich genug wuschen.
Ich sah mich nach einer neuen Tagesstätte um und schaute eine an, die mein Kinderarzt mir empfohlen hatte. Die Zimmer dort waren mehr als doppelt so groß. Es war ruhig. Und kein Kind schrie. Vielmehr lauschten sie Mozart-Klängen.
» Am liebsten würde ich meine Kleine sofort bringen«, sagte ich zur Leiterin.
Sie hätte im August einen freien Platz, sagte sie. Bis dahin waren es noch drei Monate.
Kurz darauf bekam Kaarina sehr hohes Fieber, das eine ganze Woche anhielt. Und kaum war das Fieber gesunken, bekam sie heftigen Durchfall. Meine Mutter schlug vor, Kaarina ganz aus der Tagesstätte zu nehmen, damit sie sich in einer bazillenfreien Umgebung erholen konnte.
» Aber ich muss arbeiten«, sagte ich, mit den Nerven am Ende.
» Dann zieht doch eine Weile zu uns. Wir kümmern uns um die Kleine, und du kannst arbeiten. Sie muss schließlich wieder gesund werden.«
» Das würdet ihr tun?«
» Klar«, sagte meine Mutter. » Liebend gerne.«
Ich fühlte mich unendlich erleichtert.
Von da an machte ich mich montags auf den Weg, fuhr die eineinhalb Stunden nach Delaware, blieb bis Freitag oder Samstag bei meinen Eltern und fuhr dann wieder nach Hause, damit auch Mark etwas von seiner Tochter hatte. Bei meinen Eltern fühlte ich mich entspannt und auch nicht mehr einsam. Ich fühlte mich glücklich und umsorgt. Mark fehlte mir kein bisschen.
Ich erwog, dauerhaft in Delaware zu bleiben.
Doch zwei Monate später zog ich erst einmal wieder zurück nach Emmaus. Meine Eltern wollten wieder mehr Zeit für sich. Mein Vater vermisste seine Radtouren und meine Mutter ihre Malerei. Die neue Tagesstätte hatte früher einen Platz für Kaarina als erwartet.
Ich könnte zahllose weitere Beispiele anführen, um ein eindrückliches Bild von dem völlig nachlässigen Ehemann und Vater zu zeichnen, der in meinem Alltag eigentlich überhaupt nicht vorkam. Aber ich bin ziemlich sicher, das ist auch so klar geworden. Ich hatte das Gefühl, ich müsste Mark jedes Mal erst einen Knüppel über den Kopf ziehen, damit er sich bewegte.
Was mich zusätzlich stresste, war, dass Mark Kaarina das Laufen beibringen wollte, kaum dass sie auf der Welt war. Diesen Plan verfolgte er eisern. Das mag Sie jetzt überraschen, wo Mark sich doch lieber auf sein Fahrrad setzt, mit Kumpeln einen heben geht oder bis in die Puppen in seinem Laden hängt. Mich überraschte das nicht. Ich kenne meinen Mann und weiß, dass er der wohl größte Wettkämpfer der Welt ist. Und wenn der größte Wettkämpfer der Welt einen Neffen hat, der mit sieben Monaten bereits laufen konnte, dann setzt dieser Wettkämpfer alles daran, dass sein Kind diesen Rekord bricht.
Damit sie auch ja schon mit sechs Monaten laufen würde, trainierte er regelmäßig mit Kaarina. Er hielt sie am Rücken oder an den Hüften, stellte sie aufrecht hin und versuchte, ihre kleinen Beinchen zu kräftigen, indem er das ganze Gewicht ihres wackeligen Babykörpers darauf stützte.
Monat sechs kam. Sie lief nicht. Monat sieben kam. Sie lief nicht. Mit acht Monaten begann Kaarina zu krabbeln. Und auch an ihrem ersten Geburtstag robbte sie noch auf dem Bauch. Seinen Plan, seine Tochter zur Babyweltrekordlerin im Laufenlernen zu machen, hatte Mark längst aufgegeben. Ende September erzählte mir Kaarinas Kindergärtnerin ganz freudig » Sie hat heute ihre ersten Schritte gemacht«. » Tatsächlich?«, fragte ich halb erfreut, halb traurig. Jetzt, wo sie ganztags in der Kita war, musste ich damit rechnen, dass sie natürlich dort zu laufen begann.
Ich trug Kaarina zum Auto, schnallte sie in ihren Sitz, küsste sie auf die Stirn und flüsterte leise: » Ich bin stolz auf dich.« Ich wollte mich freuen, war aber enttäuscht. Wie gerne hätte ich ihre ersten Schritte mit ihr zusammen erlebt. Ich fuhr zu Mark in den Laden, ging durch die Tür, sagte ein freundliches Hallo allerseits, kniete mich auf den Boden und stellte Kaarina vor mich hin. Ich ging ein paar Schritte zurück, streckte die Arme nach ihr aus und hoffte, dass sie mir entgegenlief. Sie hob einen Fuß, machte einen kleinen Schritt, purzelte dann hin und krabbelte das restliche Stück. » Hast du es gesehen? Hast du es gesehen?«, rief ich.
Mark, ganz damit beschäftigt, irgendwelche Waren in die Regale zu räumen, sagte nichts. Hatte er uns nicht bemerkt? » Unsere
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