Wie Sie Ihre Ehe retten ohne Ihren Mann umzubringen - Guter Rat in 13 Kapiteln
kann. Ich pack meine Sachen und gehe.
Zwar hat keiner von uns beiden den anderen je niedergemacht, aber die stumme Anklage haben wir gelegentlich schon zum Einsatz gebracht. Abgesehen davon, dass ich Mark damit eins auswischen und einen Liebesbeweis einfordern wollte, schwang immer auch die leise Angst mit, er könnte meine Einwände, sobald ich sie ausspreche, als unbedeutend abtun.
Ihre Angst darf Sie nicht mundtot machen. Wenn Sie stumm bleiben, wird sich nie etwas ändern. Und Sie wollen ja, dass sich etwas ändert. Sonst würden Sie dieses Buch nicht lesen. Ändern Sie etwas. Und machen Sie den Mund auf!
Was Mark mit seinen stummen Anklagen bezwecken wollte, weiß ich nicht so genau, aber auch er hat dieses Mittel eingesetzt. Er versicherte mir immer wieder, dass er nichts an mir auszusetzen hätte und unsere Ehe für ihn rundum perfekt sei. Das konnte er doch unmöglich ernsthaft meinen. Das nahm ich ihm nicht ab.
Unser größtes Kommunikationsproblem aber war das Schwarze-Peter-Spiel. Der eine gab dem anderen die Schuld, und der fühlte sich dann angegriffen und schoss prompt zurück. Es ging dabei meist um banale Dinge, etwa so:
» Du hast die letzte Portion Eis genommen.«
» Na und? Dafür hast du die ganzen Waffeln gegessen.«
» Wenigstens gehe ich ab und zu zum Supermarkt, um einzukaufen.«
» Ich auch.«
» Ich aber öfter.«
» …«
» …«
Im Rückblick hat dieses Schwarze-Peter-Spiel etwas geradezu Komisches. Doch im Eifer des Gefechts war es verletzend und bitterernst.
Um dieses Spiel zu durchbrechen, soll man sich selbst Fragen stellen wie: Was will ich eigentlich? Bin ich Teil des Problems? Versuche ich, die Schuld auf den anderen abzuwälzen? Sind es olle Kamellen, die ich ausgrabe, um den Streit anzufachen? Wie hat das Ganze angefangen? Geht es mir nur darum, den Streit zu gewinnen? Ich war nicht sicher, ob derlei Fragen uns weiterbringen würden. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich hätte liebend gerne einen Weg gefunden, mitten im Streit über diese Fragen nachzudenken. Aber da fiel mir meist nicht mehr ein als meine beiden Lieblingsschimpfwörter.
Die Kommunikationsregel der Ich-Botschaften und die Sprecher-Zuhörer-Methoden kamen mir dagegen sehr sinnvoll und in der Hitze des Gefechts auch schon eher praktikabel vor. Das waren auch genau die Kommunikationsregeln, die meine Eltern schon vor über zwanzig Jahren in ihrer Paartherapie erlernt hatten.
Es macht einen Unterschied, ob ich sage » Ich fühle mich verletzt« oder » Du verletzt mich«. Ebenso wie im Fall von » Ich hätte jetzt wirklich Lust gehabt auf ein Eis, aber es ist keins mehr da« oder » Du hast das letzte Eis aufgegessen. Wirklich rücksichtslos von dir«. Durch Ich-Botschaften würde der andere sich weniger angegriffen fühlen und nicht gleich zurückschießen. Das leuchtete mir ein.
Auch die Sprecher-Zuhörer-Methode hatte meiner Meinung nach einen praktischen Nutzen im Ehealltag: Der eine spricht über ein Problem, der andere hört zu. Wenn der Sprecher fertig ist, umschreibt der Zuhörer mit seinen eigenen Worten, was der Sprecher gesagt hat. Dann werden die Rollen getauscht. Mit dieser Methode hätten wir wohl den Streit um die Videokassette umgehen können. Wäre ich in der Lage gewesen, mich zurückzunehmen und meinem Mann zuzuhören, anstatt seine Worte zu ignorieren und nur darüber nachzudenken, was ich ihm als Nächstes an den Kopf werfen könnte, dann wäre die ganze Geschichte ruckzuck erledigt gewesen. Und ich hätte auch nicht das Besteck in die Schubladen knallen müssen.
Gut, wir konnten es ja mal versuchen.
Abends erklärte ich Mark, was es mit Ich-Botschaften und der Sprecher-Zuhörer-Methode auf sich hatte, und gab ihm ein Beispiel: » Also, anstatt zu sagen › Du hast die Videokassette geschrottet ‹ , sagt man › Ich bin sauer, weil… ‹ «
» …du die Videokassette geschrottet hast«, führte er den Satz zu Ende.
Wir lachten. » Nein, nicht so«, sagte ich mit einem Lächeln. » Du sagst › Ich bin sauer, weil ich die Kassette nicht mehr reparieren kann ‹ .«
Wir witzelten noch eine Weile, und ich fragte dann: » Hast du ein Problem, über das du reden möchtest? Dann könnten wir die Methode gleich mal ausprobieren.«
» Nein, ich glaube nicht«, sagte er.
Wenn Ihr erster Versuch schiefgeht, dann werfen Sie nicht gleich das Handtuch. Versuchen Sie es noch einmal. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Es braucht Übung. Je mehr Sie üben, desto besser wird es
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