Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
mit Löwen verziert. Eine verwitterte Fahne hing über der Stuhllehne, aus der
    im Kerzenlicht die goldenen Augen der Löwen funkelten. Neben dem Thron war

    noch etwas, etwas, das sie nicht so richtig erkennen konnte. Sie trat noch einen
    Schritt vor.
    »Ach, Mädchen.« Die tiefe Stimme direkt hinter ihrem Rücken klang bedauernd.
    »Ich wollte dich nicht umbringen.«
    Ihr Herzschlag stolperte, und sie schwankte, als ihr das Blut aus dem Kopf wich.
    Blut. Jetzt konnte sie den warmen, metallischen Geruch riechen. Das Blut des
    Kampfes klebte an ihm, seine Wildheit raste durch seinen Körper. Sie spürte die
    Wut, die stoßweise von ihm abstrahlte.
    Er würde sie umbringen. Sie spürte seine Absicht, den kalten Entschluss, mit
    dem er all die Jahre über den Schatz behütet hatte. Darunter jedoch verbarg sich
    eine kaum im Zaum gehaltene Wut gegen... ja, wogegen eigentlich? Ihren
    Verrat? Dass sie ihrem Ziel so nahe gekommen war? Es war die Wut, die sie am
    deutlichsten spürte. Sie war wie ein Feuer, das unter dem Eis brannte, und die
    wiederum ihre eigene Wut auslöste.
    Sie durfte nicht zulassen, dass er sie umbrachte. Wenn sie jetzt starb, dann
    hatte Parrish gewonnen. Sie hätte weder Ford noch Bryant gerächt, ihr Todesmut
    wäre vergeblich gewesen. Sie würde in dem Bewusstsein sterben, die beiden im
    Stich gelassen zu haben. Das wiederum war ihr das Allerunerträglichste
    überhaupt.
    Nialls Hand legte sich auf ihre Schultern und drehte sie zu sich um. Sein Griff war
    wie aus Eisen. Grace ließ die Kerze fallen, die etwas beiseite rollte. Ihr weniges
    Licht beleuchtete sein glitzerndes Schwert, dann wäre sie beinahe ausgegangen,
    ehe sie doch wieder aufloderte. Grace drehte sich in seinem Griff und kam näher
    an ihn heran. Aber als der Krieger hatte er bereits zu reagieren begonnen, noch
    ehe sie die Bewegung fertig ausgeführt hatte. Er drehte seine Hüfte zur Seite und
    federte damit ihren Kniestoß ab. Es war aber nicht das Knie, das sie benutzte,
    sondern ihr Ellenbogen. Sie zielte auf seine Magengegend und schlug zu. Seine
    Muskeln waren so fest, dass ihr der Arm bis zur Schulter hoch weh tat. Sie hatte
    zwar ihr Ziel verfehlt, aber der Stoß war zumindest heftig genug, dass er sich
    stöhnend ein bisschen nach vorn beugte und für den Bruchteil einer Sekunde
    seinen Griff um ihre Schulter lockerte.
    Das genügte. Sie riss sich nach hinten los. Seine Finger krallten sich in den Stoff
    ihres Unterkleides, dann hörte man fast überlaut das Reißen einer Naht. Durch
    das überraschende Nachgeben stolperte sie und wäre beinahe auf die Knie
    gefallen, rappelte sich jedoch von Panik getrieben wieder auf. Sie hob ihre Röcke

    an und rannte aus dem Kerzenschein hinaus in die Dunkelheit und instinktiv auf
    die Treppe zu.
    Ihre Chance, zu entkommen, war gering. Und aus der Burg zu entfliehen war
    ebenso aussichtslos. Dennoch musste sie es versuchen. Ihre Schuhe rutschten
    auf den Steinen aus, und sie prallte heftig gegen die Wand. Hinter ihr war der
    Kerzenschein nur noch ganz schwach zu erkennen und bot ihr keine Hilfe mehr.
    Jetzt aber hatte sie die Wand, an die sie sich halten konnte. Sie legte eine Hand
    darauf und lief los.
    Sie stolperte über die unterste Stufe und fiel hin. Sofort war sie wieder auf den
    Beinen. Sie wusste, dass er ihr unmittelbar auf den Fersen war, sie spürte
    geradezu seine Anwesenheit, obwohl sie ihn weder sehen noch hören konnte. Er
    war ganz nah, er hatte das Furcht erregende, blutverschmierte Schwert in der
    Hand, und er war rasend vor Wut.
    Grace hetzte in der tintigen Dunkelheit die Stufen hoch. Wenn sie auch nur eine
    Stufe verpasste, würde sie ins Nichts fallen und schwer verletzt oder auch gleich
    tot sein. Wenn sie jedoch nicht flüchtete, war ihr der sichere Tod gewiss. Er lag
    in jedem seiner Schritte. Sie konnte jetzt nur weiter rennen und hoffen, dass sie
    ihm genau den einen Schritt voraus sein würde, den sie brauchte, um den
    Treppenabsatz zu erreichen und die Tür vor seiner Nase zuzuschlagen.
    Nur ein Schritt. Sie hatte den Riegel zwar kaum bewegen können, aber sie würde
    es irgendwie schaffen. Wenn sie den Riegel überhaupt in die richtige Stellung
    bekommen könnte, dann würde sie es schaffen. Niall konnte sich irgendwie durch
    die Tür hacken, aber das würde ihn Zeit kosten. Genau die Zeit, die sie brauchte,
    um aus der Burg zu entkommen. Nur ein Schritt.
    Aber sie konnte nicht fliehen, nicht jetzt, wo sie ihrem Ziel so nahe war. Sie
    würde sich

Weitere Kostenlose Bücher