Wie Tau im Wuestensand
Wangen herunter,
aber sie tat keinen Schritt auf Linc zu. Sie sagte kein Wort, bewegte sich
nicht. Sie hörte ihm nur mit einem Schmerz in der Brust zu, der dem seinen in
nichts nachstand.
Er hatte die Worte und den Haß viel
zu viele Jahre in sich aufgestaut. Und dieser Haß auf die falschen Frauen
seines Vaters hatte seine eigene Liebesfähigkeit erstickt.
Schöne Frauen.
»Ich habe meine Mutter nie mehr
gesehen«, nahm er den Faden wieder auf. »Sie ist mit einem ihrer Männer durchgebrannt. Ich weiß nicht einmal, ob
sie noch lebt. Aber das ist auch vollkommen gleichgültig. Sie hat mich nie
haben wollen, und ich habe gelernt, ohne sie zurechtzukommen.«
Er zuckte mit den Schultern, aber
sein Blick war immer noch auf seine Vergangenheit gerichtet. »Paps hat leider
gar nichts daraus gelernt. Drei Jahre später heiratete er Jan. Von Beth' Mutter
habe ich kein Foto, wäre ohnehin überflüssig ... Honigblond, schlank und doch
kurvenreich, türkisfarbene Augen. Sie war achtzehn bei der Hochzeit. Schön?
Okay, zugegeben.«
Holly zwang sich trotz des
stechenden Schmerzes in ihrer Brust, Luft zu holen. Linc sprach das Wort
»schön« so aus, als ob es gleichbedeutend wäre mit kaltherzig, selbstsüchtig
und unmoralisch.
Gemein.
»Ich war fünfzehn Jahre alt, als
Beth auf die Welt kam«, fuhr er fort. »Jan hatte in ein paar der besseren Läden
in Palm Springs als Model gearbeitet, bevor sie schwanger wurde. Zwei Monate
nach Beth' Geburt hat sie ihre Arbeit wiederaufgenommen.«
Holly wartete stumm und geduldig.
»Jan hatte Gefallen an dem Geld, das
die Ranch nun endlich einbrachte«, sagte er. »Aber die Ranch selber mochte sie
nicht. Sie kümmerte sich auch nicht um Beth. Andererseits konnte sie es nicht
ertragen, wenn Paps seine Tochter auf den Arm nahm. Höchstwahrscheinlich war
Jan auf ihr eigenes Kind eifersüchtig.«
Holly blickte auf ihre Hände herab.
Sie schmerzten, weil sie sie fest ineinandergekrallt hatte, damit sie nicht
Linc um den Hals fiel. Sie wollte ihn umarmen, ihn trösten und ihm ihre Liebe
zeigen. Wie gerne hätte sie die ganze häßliche Vergangenheit weggezaubert,
damit sie ihre grotesken Schatten nicht mehr auf seine Zukunft werfen konnte.
Hollys Zukunft.
Ihre gemeinsame Zukunft.
Aber dazu war es zu spät. Es war
bereits zu spät gewesen, bevor Holly überhaupt existierte.
»Beth habe mehr oder weniger ich
aufgezogen«, sagte Linc. »Jan war zu beschäftigt mit ihrem Äußeren, um
überhaupt irgendwen oder irgendwas außerhalb ihres eigenen Dunstkreises
wahrzunehmen. Und Paps ...«
Linc hielt abrupt inne. Dann hob er
wieder die Achseln. Es sah aus, als ob er eine Last verlagern wollte, damit sie
nicht mehr so drückte.
»Paps hat zu dem Zeitpunkt schon
ziemlich viel getrunken«, ging es weiter. »Die Ranch habe nach und nach ich
übernommen. Jan verbrachte mehr und mehr Zeit vor dem Spiegel und hielt nach
ihren ersten Falten Ausschau, während Paps jede Menge Flaschen leerte.«
Holly schluckte und kämpfte gegen
die Tränen an, die ihr die Kehle zuschnürten.
Und gegen die Angst.
»So um diese Zeit herum bandelte Jan
mit anderen Männern an. Paps hat sie wohl nicht häufig genug bewundert. Und
ganz sicher habe ich sie nicht ausreichend bewundert, auch dann nicht, als sie
eines Nachts splitternackt in meinem Schlafzimmer erschien.«
Holly machte ein ersticktes
Geräusch, aber er hörte es nicht. Sein Gesichtsausdruck war eiskalt und in
Verachtung erstarrt.
»Sie trieb es wirklich auf die
Spitze«, stellte er kühl fest. »Als es ihr nicht gelungen war, Paps und mich
gegeneinander um ihre Gunst aufzuhetzen, fing sie an, vor uns mit ihren Männern
zu prahlen. Alles erzählte sie uns, bis ins letzte Detail. Das ist wörtlich zu
nehmen!«
Holly murmelte Lincs Namen.
Er hörte sie aber nicht, da er mit seinen
Gedanken ganz und gar in der Vergangenheit weilte.
»Eines Abends hat sich Jan dann mit
dem Falschen eingelassen.« Linc näherte sich dem Ende. »Der hat sie
geschlagen. Dann hat sie Paps angerufen, und er ist zu ihr gefahren, um sie
zurückzuholen. Auf dem Nachhauseweg verlor Paps in einer scharfen Kurve die
Kontrolle über den Wagen.«
Zum ersten Mal blickte er Holly an.
»Deine Eltern starben, weil meine
Stiefmutter bis in den letzten Winkel ihrer korrupten Seele eine Hure war. Wenn
sie bei dem Unfall nicht ums Leben gekommen wäre, dann hätte ich sie mit meinen
eigenen Händen umgebracht. Sie ist nicht eine einzige Träne von dir wert, nina. Weder damals noch
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