Wie Tau im Wuestensand
stellte die Lautsprechertaste ein. Rogers Stimme würde
gleich durch den Raum schallen.
»Hallo, Roger«, begrüßte Holly ihn.
»Du bist aber schon früh auf den Beinen.«
»In Manhattan ist es bereits zehn.
Deshalb hänge ich seit sechs Uhr am Draht mit Sandra«, antwortete Roger.
»Wie war dein Campingausflug?«
»Na,
stürmisch und wunderbar.«
Eine Pause
folgte.
»Kenne ich
den Namen Lincoln McKenzie?« fragte Roger. »Er betreut Hidden Springs«, erklärte
sie gähnend. »Erinnerst du dich?«
»Neulich hieß es, zwischen dir und
diesem kaltschnäuzigen Cowboy sei nichts.«
Beth lachte hinter vorgehaltener
Hand, weil sie vollkommen richtig mutmaßte, wer mit dem kaltschnäuzigen Cowboy
gemeint war.
Holly
zwinkerte ihr zu.
»Da ahnte ich das auch noch nicht«,
äußerte sie freimütig.
»Und
jetzt?«
»Jetzt ja.«
Eine
ausgedehnte Pause folgte.
Dann fragte
Roger leise: »Tut er dir gut?«
Plötzlich zogen aufsteigende Tränen
Hollys Kehle zusammen. Roger machte sich Sorgen um sie, anstatt ihr böse zu
sein. Er wäre vielleicht gerne ihr Liebhaber gewesen, aber er war auch ihr
Freund.
»Ich liebe Linc seit meinem neunten
Lebensjahr«, bekannte Holly geradeheraus. »Wir wurden nach dem Tod meiner
Eltern auseinandergerissen, als Sandra mich nach New York mitgenommen hat.«
»Erste Liebe. Alle Achtung.« Roger
lachte kurz auf. »Wer kann damit schon konkurrieren?«
»Es ist keine Frage der Konkurrenz«,
berichtigte sie. »Und das ist es auch niemals gewesen. Nie.«
»Bist du dir da wirklich so sicher?
Um ganz ehrlich zu sein, auf mich hat er einen ziemlich ungehobelten Eindruck
gemacht.«
»Das mag
stimmen.«
»Nun«, fuhr
Roger etwas deprimiert fort. »Solange du weiter für mich arbeitest, werde ich
mich bemühen, die Sache mit Humor zu nehmen.«
»Roger, für dich würde ich sogar
dann noch arbeiten, wenn ich keinen Vertrag mehr hätte. Nicht nur mag ich dich
sehr gerne, du entwirfst auch die wunderbarsten Kleider auf der ganzen Welt. Es
ist einfach aufregend, da mitzumachen.«
»Gott sei es gedankt! Es ist nämlich
zu spät, um dich jetzt noch zu ersetzen, Shan ... äh, Holly.«
»Wehe der
Person, die es versuchen würde!«
Roger
lachte zufrieden und erleichtert.
»Wenn du das Zusammenleben mit dem
Satan leid bist, dann gibt es immer noch einen blonden Erzengel, der deine
Wunden pflegen wird«, sagte er.
»Linc ist
kein Satan.«
»Das sah aber neulich ganz anders
aus«, bemerkte er trocken.
»Roger«,
begann sie.
»Ich habe
nicht angerufen, um mich mit dir über McKenzies höllisches Aussehen zu
streiten«, unterbrach ihr Chef sie. Holly seufzte leise.
»Also gut«,
sagte sie. »Was steht denn an?«
»Der
Fototermin in Hidden Springs wird vorerst vertagt.«
»Warum denn?«
»Wegen des
Wetters!«
Holly
runzelte die Stirn.
»Statt dessen werden wir nach Cabo
San Lucas gehen«, sagte Roger. »Sowohl die Wettervorhersage als auch die
Satellitenbilder versprechen, daß es dort heiß, trocken und sandig ist.«
»Im Gegensatz zu heiß, naß und
sandig hier?« fragte sie beiläufig.
»Genau.«
Holly knetete den Zipfel ihrer Bluse
zwischen ihren Fingern und überlegte, was sie jetzt machen sollte. Sie liebte
ihre Arbeit, aber sie wollte Linc in diesem Stadium nicht verlassen.
Vor allem deshalb, weil so vieles
zwischen ihnen noch nicht bereinigt war ...
»Um welchen Termin geht es, und wie
lange bleiben wir?« fragte sie schließlich.
»Irgendwann innerhalb der nächsten
Woche fahren wir ab«, meinte Roger. »Genaueres kann ich jetzt noch nicht sagen,
da ich etwas Schwierigkeiten habe, ein männliches Model zu finden.«
»Was ist denn mit dem letzten
Schönling passiert? Er hatte hübsche graue Augen.«
»Er hat sich die Handgelenke
gebrochen, als er für eine Zigarettenmarke agierte.«
Holly schüttelte nur den Kopf.
»Ich werde mir heute mehrere Leute
ansehen«, fuhr Roger fort. »Wenn ich niemanden finde, dann probieren wir jemand
ganz neuen.«
Sie verzog das Gesicht. Allzu gut
erinnerte sie sich an das letzte Mal, als er »jemand ganz Neuen« ausprobiert
hatte.
»Nicht wieder so einen Idioten«, bat
Holly. »Diesmal, wenn's geht, etwas Intelligenteres.«
»Du bist doch sonst so souverän!
Dieser Idiot, wie du ihn nennst, hat jede Menge Joggingkleidung an den Mann gebracht.«
»Und mich hat er ständig angemacht«,
maulte sie.
»Dann ist seine Sehkraft
ausgeprägter als sein Verstand.«
»Hast du schon mal an meinen Freund Linc
gedacht?« fragte Holly nur halb im
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