Wie Tau im Wuestensand
wandte den Blick ab. Er konnte
es nicht ertragen, seinen eigenen Schmerz in Hollys goldenen Augen gespiegelt
zu sehen.
Traurig lachte sie auf.
»Ich war wirklich sehr jung, nicht
wahr?« flüsterte sie. »Beinahe wäre es dir gelungen, meinen Haß zu wecken, bevor
du zu lieben gelernt hast. Aber so lange werde ich mich nicht mehr hier
herumtreiben, denn so ein Ergebnis würde mich zerstören. Dann wäre überhaupt
gar nichts mehr übrig.«
Donner dröhnte durch den Raum.
Holly horchte auf. Als sie Linc
schließlich ansah, verlangte ihr Blick nicht mehr nach Liebe.
»Ich dachte, daß ich dir beibringen
könnte, dich hinzugeben«, sagte sie. »Der Lehrer aber warst du. Zu guter Letzt
hast du mir nun alles über Haß beigebracht.«
»Nein«, entrang es sich ihm
schmerzverzerrt.
Seine Hände strichen über ihre
eiskalte Haut und versuchten, sie zu wärmen. Sie bewegte sich weder auf ihn
zu, noch wich sie ihm irgendwie aus.
Es war, als
ob er überhaupt nicht mehr existierte.
»Ich hasse dich nicht«, beschwor
Linc sie. »Und ich wollte dir niemals weh tun.«
Holly
machte Anstalten, vom Bett aufzustehen.
»Nein«,
wehrte er ab. »Laß mich dich umarmen.«
Wie ein Schatten entglitt sie ihm,
obwohl er sie immer noch festhielt.
»Du kannst mich ebensowenig trösten,
wie ich gegen deine Vergangenheit ankomme«, gab sie tonlos von sich.
Holly sah Linc lange an. Und obwohl
die Tränen in ihrem Inneren brannten, wußte sie doch, daß sie nicht weinen
würde.
Tränen entstanden aus der Hoffnung,
sie aber hatte keine Hoffnung mehr.
Langsam
öffnete er seine Hände und ließ sie los.
Sie wandte ihm den Rücken zu, ging
zum Fenster und beobachtete die regenschwangeren Wolken, die sich auch nicht
entschließen konnten zu weinen.
»Sag dir einfach, daß es sich um ein
absolutes Mißverständnis handelt«, faßte sie zusammen. »Du hast geglaubt, ich
wäre deine süße nina. Und ich habe geglaubt, du wärst der Linc, den ich schon
immer geliebt habe. Wir haben uns beide geirrt.«
Sie schloß
die Augen und wartete.
Nur die
Stille antwortete ihr.
»Adieu,
Linc.«
Nun, da sich die Tür hinter dem Mann
ihres Glücks fest geschlossen hatte, begann sie, ihre Koffer zu packen.
25
Holly lenkte den Jeep mit jener
ungebremsten Wut, die seit fast vier Monaten ihr Dasein bestimmte. Hinter ihr
folgte eine Schlange vierradangetriebener Wagen, die jede Menge Staub auf der
trockenen, löchrigen Straße nach Hidden Springs aufwirbelten.
Die Sommergewitter waren vorüber,
und man hätte meinen können, die Regengüsse in der Wüste seien nur ein Gerücht
gewesen. Der schnell erblühte Blumenrausch hatte sehr kurz angehalten. Es
herrschte der Geruch von Hitze und Staub und Trockenheit.
Die Erde war wieder kahl und wartete
in der brütenden Stille des Herbstes auf die länger anhaltenden winterlichen Regenfälle.
Holly schaute einmal flüchtig in
Richtung Berge, dann blickte sie nur noch geradeaus.
Kahl, verlassen und beeindruckend in
ihrer Majestät, unverrückbar und unverändert erinnerten die Gipfel sie
unablässig an den Mann, den sie geliebt und wieder verloren hatte.
Sie würde ihnen keine Antwort geben.
Nicht einmal in der Verschwiegenheit
ihrer Seele gestattete sie es sich, seinen Namen zu rufen.
Hinter Hollys Jeep vergrößerte sich
der Abstand zum Rest der Royce-Karawane mit jeder Minute. Sie merkte gar nicht,
daß sie die anderen abhängte.
Ohnehin wäre sie in keinem Fall
etwas langsamer gefahren.
Wie verrückt hatte sie Roger
beschimpft, daß er überhaupt nach Hidden Springs zurückwollte. Wenn es nach ihr
gegangen wäre, hätte sie diesen Ort für immer gemieden.
Die Werbekampagne »Royce heißt
Romantik« war bereits fertiggestellt. Und für die Wüstenkampagne mußte nicht
zwingend Hidden Springs den Hintergrund bilden.
Jeder wüstenähnliche Ort hätte
denselben Zweck erfüllt. Warum denn nicht Ägypten – eine jahrtausendealte Geschichte,
Pyramiden und rätselhafte Hieroglyphen unter glühender Tropensonne? hatte sie
Roger mehrmals gefragt. Der aber hatte auf dem unberührten, ursprünglichen
Charme von Hidden Springs bestanden.
Um ein Haar hätte Holly sogar ihren
Vertrag gekündigt, es sich dann aber doch anders überlegt. Denn nur noch die
Arbeit bot ihr jetzt Halt.
Und das
wußte Roger allzugut.
Er hatte gewonnen. Demzufolge war
das Topmodel der Royce Reflection auf dem Weg zu jenem Ort, wo sie auf der
ganzen Welt am allerwenigsten sein wollte.
Aber mit
diesem Sieg mußte er sich auch
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