Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
Regenmantel und meine Tasche und machte mich auf den Weg, in der Hoffnung, dass er in eine andere Richtung verschwunden war.
Doch da war er, genau vor unserem Haus. Flach auf dem Rücken. Die Sohlen seiner Converse-Sneakers schauten zwischen den Schuhen der fünf oder sechs Leute hervor, die ihn umringten.
»O Gott!« Ich drängte mich zu ihm durch, kniete mich hin und fasste ihn an den Schultern. »Tyler!«
Er stöhnte auf.
»Er hat sich einfach auf den Boden gesetzt und ist umgekippt«, sagte ein Typ mit blonden Dreadlocks, der neben mir kniete.
»Tyler! Wach auf!«
Er gehorchte mir, kam zu sich, blinzelte, verzog das Gesicht und rollte sich seitlich in die Embryonalstellung. »Scheiße, Grace!«
»Was ist denn los?«
»Es tut so verdammt weh!«
»Was tut weh?«
»Ich sterbe!«
»Bringen Sie ihn lieber in ein Krankenhaus«, sagte eine alte Dame, die einen Chihuahua und eine Fairway-Tüte trug.
»Sie haben recht.« Ich suchte in meiner Tasche nach dem Handy.
»Warten Sie nicht auf einen Krankenwagen«, riet der Mann mit den Dreadlocks und stand auf. »Nehmen Sie ein Taxi zum St. Luke’s Roosevelt .«
»Gute Idee«, stimmte ich zu, da stand der Mann schon an der Bordsteinkante und winkte ein Taxi heran.
»Ty!«, sagte ich und zog an seinen Armen. »Steh auf. Wir fahren ins Krankenhaus.«
Er stöhnte und blieb schlaff liegen. Ich konnte ihn nicht bewegen.
»Ty, bitte! Du musst aufstehen! Halt dich an mir fest.«
Der Typ mit den Dreadlocks, der Taxifahrer und Salvatore, der Händler mit den Louis Vuitton -Taschen und antiquarischen Büchern an der Ecke, halfen mir, Tyler auf den Rücksitz des Taxis zu bugsieren.
Er lehnte sich schwer an mich, die Augen geschlossen, das Gesicht schmerzverzerrt.
»Halte durch!« Ich hielt seine Hand und bemühte mich, zuversichtlich zu klingen. »Wir sind sofort da. Gleich geht es dir besser.«
Ich glaube, ich habe den falschen Beruf gewählt. Mir schien, als hätten die Mitarbeiter der Notaufnahme wesentlich mehr Spaß als ich. Jedes Mal, wenn jemand durch die Schwingtüren trat, die ins Allerheiligste der Ambulanz führten, hörte ich Leute lachen und rufen. Es war fast wie bei Starbucks. Währenddessen lag mein Freund zusammengerollt auf drei Plastikstühlen im Wartezimmer, blass, schwitzend und bei jedem Atemzug zusammenzuckend, bis uns nach einer halben Stunde endlich eine Schwester in die Erstaufnahme rief.
Ty erzählte ihr, dass die Schmerzen gegen ein Uhr nachts begonnen hatten und seitdem immer schlimmer geworden waren. Es fühlte sich an, als würde er mit Nadeln durchbohrt. Und ihm war übel, aber er konnte sich nicht übergeben.
Er hatte Fieber. »Wahrscheinlich eine Virusinfektion«, mutmaßte die Schwester. »Gehen Sie zurück in den Warteraum und füllen Sie die Anmeldungsformulare aus. Sie werden dann aufgerufen.«
»Was immer es sein mag, er ist vor Schmerzen ohnmächtig geworden!«, protestierte ich. »Bitte, wie lange dauert es noch, bis ein Arzt ihn untersucht?«
Sie lächelte, als hasste sie mich und alle meine Artgenossen. »So bald wie irgend möglich.«
So sanft es ging, half ich Tyler, sich wieder auf die improvisierte Chaiselongue zu legen.
»Ty«, sagte ich, »ich hole jetzt deinen Ausweis und deine Versichertenkarte aus deinem Portemonnaie, okay?«
Sein Gesicht lag in seiner Armbeuge vergraben, seine Antwort war unverständlich.
Ich zog sein Portemonnaie aus seiner rechten Gesäßtasche. Es war aus abgenutztem, braunem Glattleder, körperwarm und dauerhaft gebogen.
»Ich schaue jetzt in dein Portemonnaie, Ty.« Ich hatte keine Lust, in sein Portemonnaie zu schauen.
Ein Führerschein aus Pennsylvania. Eine abgestoßene Sozialversicherungskarte.
Fotos: ein Schulabschlussfoto von einem ernsten, rothaarigen Mädchen. Bogue, der in Football-Ausrüstung auf einem Spielfeld kniete.
Ein kleiner Stapel von Tys Visitenkarten, darauf ein aktuelleres Pressefoto von ihm mit melancholischem Blick sowie seine Kontaktdaten daneben.
Andere Karten, von einer Büroklammer zusammengehalten. Darunter die von Peg, die seines Managers Dave Silva sowie die einiger Clubbesitzer und Musiklabeltypen.
Siebzehn Dollar.
Drei Gitarrenplektren.
»Ty?«, fragte ich. »Wo ist deine Versichertenkarte?«
Er wand sich auf den Plastikstühlen und fand offenbar keine bequeme Position. Er murmelte etwas wie »keine Versicherung«.
»Wie bitte?«
Er bedeckte das Gesicht mit dem Arm. »Bitte, ich kann jetzt nicht sprechen.«
» Du bist nicht
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