Wie vernascht man einen Millionär?
Schnell legte sie es beiseite. „Du weißt doch, dass ich damit meinen Lebensunterhalt verdiene. Er hat mich als Kochlehrerin engagiert.“
„Als Kochlehrerin. Wer’s glaubt, wird selig.“ Er schaute sie zugleich abschätzig, besorgt und wütend an. „Welcher von den Kings ist es?“
Das geht nicht gut aus, dachte sie.
Auch sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihren Bruder mit festem Blick an. „Lucas.“
Mit offenem Mund stand er da. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Lucas King? Verdammt noch mal, Rose. Warum ausgerechnet er?“
„Warum nicht er, Dave?“, fragte sie zurück. „Ihr wart doch mal Freunde. Und warum ihr euch dann plötzlich verkracht habt, weiß ich bis heute nicht.“
„Weil dich das nichts anging“, brummelte er, ging zum Fenster und starrte in die Finsternis hinaus.
Sein Gesicht spiegelte sich in der Scheibe wider, und als Rose seine gequälte Miene sah, tat er ihr fast leid. Aber das änderte nichts daran, dass er nun endlich mit der Geschichte herausrücken musste. Das war längst überfällig. Welches dunkle Geheimnis hatte die Freundschaft zwischen ihm und Lucas zerstört? Warum reagierte Dave so gereizt auf die bloße Erwähnung seines Namens?
„Ich muss es jetzt wissen, Dave“, sagte sie leise.
„Warum?“, fragte er. „Warum glaubst du mir nicht einfach, dass es besser für dich ist, dich von den Kings fernzuhalten? Vor allem von Lucas?“
„Dafür ist es ein bisschen zu spät“, erwiderte sie seufzend.
Er wandte sich um und sah ihr tief in die Augen. „Hat dieser widerliche Kerl mit dir geschlafen?“
„Er mit mir …? Ich habe mit ihm geschlafen, ja. Wenn du jetzt ausrastest …“
Plötzlich wirkte Dave wie ein gebrochener Mann. Er ließ die Schultern hängen und murmelte: „Verflixt, Rose, nicht mit Lucas.“
Mitfühlend legte sie ihm die Hand auf den Arm. „Erzähl mir, was damals passiert ist.“
Er tätschelte kurz ihre Hand. Dann wandte er sich wieder zum Fenster. Offenbar konnte er ihrem Blick nicht standhalten. „Du hast recht, du solltest es wissen. Ich hätte es dir schon längst sagen sollen. Dann hättest du dich wahrscheinlich von ihm ferngehalten.“
„Sag’s mir einfach.“
„Ich habe einen King-Mitarbeiter bestochen, damit er mir Firmeninterna verrät. Mit diesen Informationen konnte ich sie bei Ausschreibungen für große Bauprojekte unterbieten.“ Er wandte sich wieder um und sah sie an. „Man könnte sagen, ich habe die Kings bestohlen.“
Fassungslos blickte Rose ihn an. So etwas hätte sie Dave nie zugetraut! „Das … das kann ich einfach nicht glauben. Warum …?“
Seufzend ließ sich Dave auf einen Stuhl fallen. „Es … es gab Gründe, Entschuldigungen, wenn man so will. Dad war schwer krank, wir hatten kaum Aufträge und brauchten das Geld. Wir hatten in einige Projekte investiert und dabei viel verloren.“ Nervös fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. „Dads Krankenhausaufenthalte waren sehr teuer, wir mussten die Angestellten bezahlen und … Wie gesagt, es gibt Entschuldigungen für mein Verhalten, Rechtfertigungen. Aber im Endeffekt läuft es auf eins hinaus: Ich habe Lucas bestohlen. Meinen Freund.“
„Und er weiß das?“, fragte Rose und ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl sinken. Eigentlich eine dumme Frage. Warum sonst erstarrte Lucas’ Miene zu Eis, wenn man nur den Namen seines alten Freundes erwähnte?
„Er musste nur eins und eins zusammenzählen. Nachweisen konnte er es mir nicht, es gab keine handfesten Beweise. Aber, ja, er weiß es.“
Rose war so erschüttert, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Ihr Bruder war ein Dieb, und der Mann, den sie liebte, war sein Opfer. Oje. Und vor ein paar Stunden hatte sie noch geglaubt, ihr Leben könnte nicht komplizierter sein!
„Warum hat er nichts gesagt?“, fragte sie leise. „Ich meine, ich kann verstehen, warum du geschwiegen hast. Aber warum sollte Lucas …?“
„Wie gesagt: Es gibt keine handfesten Beweise. Und ohne die könnte er zwar Anschuldigungen in die Welt setzen, würde aber wie ein schlechter Verlierer aussehen.“ Dave atmete tief durch und ergriff ihre Hand. „Rose, vielleicht hat Lucas dich nur als Kochlehrerin engagiert und sich an dich rangemacht, weil er sich an mir rächen will. Und nicht, weil er dich begehrt. Ist dir das schon mal in den Sinn gekommen?“
„Nein.“ Sie sprang auf und ging unruhig in der Küche auf und ab. „So etwas würde er nie tun.“
„Bist du dir da ganz
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