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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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in Sachen Finanzkrise und Berater etlicher Regierungen und Parlamente. Umgekehrt würden jene Geschäfte kaum gestört, bei denen es, sagen wir, um den Kauf einer Aktie geht, die erstmal im Portfolio bleibt – und nicht aus spekulativen Erwägungen schnell wieder verkauft wird. Ähnliches gilt für Hedgegeschäfte (oder Hedgings), mit denen sich Unternehmen gegen Schwankungen von Wechselkursen oder Rohstoffpreisen absichern wollen, so Schulmeister. Solche Käufe werden nicht alle zwei Sekunden neu gemacht, und sie haben realwirtschaftlich einen guten Zweck (zumindest solange die Finanzwelt noch zu derartigen Kapriolen neigt).
    Der Vorteil so einer Besteuerung: Da alle Geschäfte mit demselben Satz besteuert werden, kann danach immer noch, wie es so schön heißt, der Markt frei entscheiden, was lohnenswert ist – und die besseren von den schlechteren Optionen trennen. Lohnenswert ist dann eben alles, was über ein Minimum an Gewinnerwartung hinaus geht. Ökonomisch ja kein schlechtes Anreizsystem – wenn dafür eine Menge Handel wegfällt, der im Zweifel nur prozyklisch Exzesse förderte.
    Richtig ist, wie Kritiker unken, dass so eine Steuer nicht gleichzeitig enormes Geld einbringen kann, was manche wünschen, um damit wahlweise Staatsschulden abzubauen oder Investitionen zu finanzieren – und ebenso eindrucksvoll den gefährlichen Handel reduzieren. Wenn die Steuer, wie ursprünglich gedacht, viele Geschäfte unrentabel macht, würde das manchen Exzess stoppen,dann lassen sich aber auf die somit nicht mehr existenten Geschäfte natürlich auch keine Steuern mehr einziehen. Bliebe umgekehrt der Abschreckungseffekt aus, winken zwar entsprechend schöne Steuereinnahmen auf unverändert hohe Umsätze, dann wird nur der Zweck verfehlt, exzessive Finanzströme zu stoppen. Beides geht in Reinform natürlich nicht zugleich.
    Ein Dilemma? Nein. Die Wahrheit wird wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen, was nicht schlimm ist, weil beide Ziele ja nicht verwerflich sind – weder die Abschreckung noch das Mittelgenerieren. Wenn die Lenkungswirkung im Vordergrund stehen soll, die Steuersätze aber nicht richtig dahingehend wirken, braucht es im Zweifel halt höhere Sätze. Bis das Ziel erreicht ist. Es kann sogar sein, dass ein höherer Steuersatz hohe Nettoerlöse mit sich bringt, selbst wenn das gleichzeitig einen großen Teil des Handels einbrechen lässt, so wie es Schulmeister in seinen Rechnungen veranschlagt.
    Nach seinen (groben) Annahmen würde eine Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent dazu führen, dass der Handel mit Derivaten um 60 bis 90 Prozent einbräche – und dank der Besteuerung der verbleibenden Umsätze in Deutschland zusätzliche Einnahmen in Höhe von 1,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zusammen kämen (was etwa 40 Milliarden Euro entspräche). Würde die Steuer nur bei 0,01 Prozent liegen, fiele der Rückgang der Volumen mit 10 bis 40 Prozent geringer aus; die Einnahmen lägen angesichts des niedrigeren Steuersatzes bei 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, macht fast 13 Milliarden Euro. Immerhin.
    Ein anderer Einwand der Steuerkritiker ist, dass die Finanzjongleure Wege finden würden, die Steuer zu umgehen. Was im bisherigen Finanzdschungel mit seinem Freiheitsdogma zugunsten jedweden Unsinns sicher auch nicht auszuschließen wäre. Nur muss das ja nicht so bleiben. Kurios an dem Zetern ist ohnehin, dass das Argument der möglichen Umgehung immer ganz aufgeregt von denen kommt, die gegen die Steuer sind – die könnten, dem eigenen Argument folgend, ja auch gelassen sein, wenn sich die Steuer so einfach umgehen lässt. Das spricht dafür, dass die Steuer durchaus eintreibbar ist.
    Der moderne Computerhandel biete beste Voraussetzungen, die Finanzströme zu erfassen und konsequent zu besteuern, sagt Sony Kapoor. Dies habe sich bei entsprechenden Gesetzen in Großbritannien, Indien und Lateinamerika gezeigt. Derivate und Devisenhandel ließen sich gut auf EU-Ebene erfassen. Eine solche Steuer biete sogar die Chance, als Nebenprodukt Informationen über das Treiben an den Märkten zu generieren. Dies könnte den Aufsichtbehörden anschließend ermöglichen, systemische Risiken besser und schneller zu erkennen. Die Informationsbeschaffung sei in Indien sogar der Hauptgrund gewesen, eine solche Finanzsteuer einzuführen.
    Eine andere Art der Umgehung könnte sein, dass Finanzströme an die Orte wechseln, wo es die Steuer nicht gibt. Was gut möglich ist, wenn ein einzelnes kleineres

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