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Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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scheint geradezu erfreut, helfen zu können.
    »Dann gehen wir noch ein Stück und nutzen den tollen Therapeuten«, schlage ich vor und zeige auf den Braunen. »Ich will etwas ausprobieren. Beate, nimmst du jetzt Luise?«
    Die Frau sieht überrascht auf. »Okay. …« Sie zögert.
    »Und Sie könnten so freundlich sein und mit Ihrem Hund neben dem Rolli laufen«, bitte ich den Nachbarn.
    Beate greift nach der Leine wie nach einer brennenden Zündschnur. »Und wenn ich sie nicht halten kann?«, fragt sie ängstlich.
    »Dann helfen wir. Du wirst sie aber halten können«, sage ich. »Seit wann haben Sie denn einen Hund?«, fragt der Herr Beate, als wir losgehen.
    »Schon länger, aber sie war bis gestern so verstört, dass wir mit ihr nicht hinauskonnten«, erklärt Beate verlegen.
    »Bis gestern?« Der Nachbar sieht verwundert auf Luise, die schwanzwedelnd neben seinem Hund läuft und diesem die Lefzen leckt. Der große Braune lässt es sich gutmütig gefallen.
    In diesem Moment kommen uns die drei Kinder von eben aus der entgegengesetzten Richtung wieder entgegen. Luise duckt sich panisch zusammen und will fliehen.
    »Gib Gas, Beate, los«, rufe ich, einem Instinkt folgend.
    Beate reagiert automatisch auf den zackigen Zuruf und legt an Tempo zu. Der Nachbar, Helmut und ich müssen bereits traben.
    »Geht noch was?«, frage ich sie. Mit bleichem Gesicht nickt Beate und erhöht das Tempo.
    Hinter ihrem Rücken bedeute ich Helmut und dem Nachbarn, mit mir gemeinsam zu stoppen. Während wir stehen bleiben, halte ich beschwörend den Finger vor den Mund. Beate bedient mit der einen Hand ihren Rolli und hält mit der anderen Luise, die im schnellen Trab neben ihr läuft. Ihr Schwanz ist bei diesem Tempo nicht abgesenkt, sondern in der Waagerechten. Sie sind nun unmittelbar vor den Kindern angekommen.
    Es ist auch aus der Distanz zu sehen, dass Beate die Leine noch fester greift. Ein Kind ruft: »Wie lustig, der Hund rennt.« Dann ist Beate mit Luise unbeschadet vorbei. Auch hier musste sich die Hündin wieder so auf das Laufen konzentrieren, dass sie weniger Gelegenheit hatte, Angst zu empfinden. Auch kann ein Hund durch Bewegung Körperdruck abbauen, der durch die Anspannung entsteht. Nach ein paar Metern hält Beate an und dreht sich um. Als sie sieht, dass sie ganz allein ist und wir viele Meter zurückgefallen sind, lacht sie erstaunt.
    Ein paar Wochen später ruft mich Beate an und sagt: »Weißt du was, ich komme mir vor wie eine Schatzsucherin. Erst konnte ich die Schätze von Luise entdecken, die jetzt schon wunderbar neben meinem Rollstuhl läuft und sehr verschmust geworden ist. Und dann habe ich auch noch einen Schatz in mir selbst gefunden. Ich kann mich zwar körperlich nicht mehr so gut bewegen, aber dafür habe ich entdeckt, dass ich es innerlich umso besser kann.«

Das Kleid
    Auch in dieser Geschichte birgt ein Hund ein Geschenk für einen Menschen. Obwohl es hier weder um Hundetraining noch um Therapie geht, trage ich die Erinnerung daran so gern im Herzen, dass ich ihr den letzten Platz in diesem Buch schenken möchte.
    Die alte Frau trägt ein grünes Kleid. Es hat einen Spitzeneinsatz und verschiedene Glanzeffekte. Der Anlass, weswegen sie das Kleid vor langer Zeit einmal erworben hat, könnte ein Ball gewesen sein oder ein Opernbesuch. Im Herbst kommt eine dunkelgrüne Strickjacke dazu. Diese hat Haarzotteln wie ein Schlittenhund und bedeckt das Kleid bis über die Hüften. Im Winter verschwindet das Kleid unter einem weinroten Anorak mit ausgeblichenen Stellen und breiten Schmutzrändern.
    Jetzt ist die beste Zeit für das Kleid. Wir haben Sommer, und es erstrahlt unbedeckt in altem Glanz. Die alte Frau sitzt auf dem Arnimplatz im Prenzlauer Berg. Inmitten von Kinderspielplätzen, Säuferinseln und einem Ballspiel-Gehege. Auf einer Parkbank. Nach vorn gebeugt, den rechten Ellenbogen auf das Knie gestützt, eine Zigarette in der Hand. Die Frau raucht immer. Die Zigarette scheint mit ihr verwachsen. »Bhhhhhhhhh«, saugt sie den Rauch ein wie eine Ertrinkende die Luft. Dann hält sie ihn für einen Moment zurück, als könne sie die scheinbare Erfüllung in sich behalten. Kurz darauf jedoch fährt der Rauch wieder aus ihr heraus – durch Mund und Nase. In langen Stößen löst er sich auf und verschwindet. In ihrem Schoß liegt Zigarettenasche. Auf dem Kleid sind Brandflecken zu sehen.
    Morgens um 6.30 Uhr, wenn ich mit Viktor auf die Straße gehe, treffe ich sie das erste Mal. Sie steht vor dem

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